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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 115 von 125

 

Ideologie beiseiteschieben und sagen, dass ein Schulsystem gewisse Dinge so oder so leisten muss. Man darf nicht glauben, dass man mit einer rein organisatorischen Umänderung per se schon eine Verbesserung herbeiführt.

 

Natürlich ist auch das Schuleschwänzen wirklich ein großes Problem. Das haben wir beziehungsweise das habe ich schon vor längerer Zeit einmal angezogen, und das ist dann über Staatsekretär Kurz in den Mittelpunkt der Debatte gerutscht. – Ich glaube, auch da gilt es, den Schulen Hilfestellungen zu geben, und es muss auch irgendwelche Sanktionsmöglichkeiten geben, und zwar vor allem dann, wenn Kinder ganz bewusst dem Schulbetrieb entzogen werden. Strafverfahren sind aber immer aufwändig und kostspielig, daher sollte man sich durchaus auch überlegen, ob man nicht einfach familienbezogene Leistungen entsprechend kürzt oder einstellt. Diese Leistungen werden eh vom Staat gegeben, ich meine daher, man muss da nicht noch extra ein Verfahren machen. Meiner Meinung nach sollte man das nicht so sehen, dass all das auf Freiwilligkeit beruht und man eben in die Schule geht oder nicht. Vielmehr muss man den Menschen klar machen, dass jemand, der sich dem Bildungswesen entzieht, auch sich selbst Chancen nimmt und letztlich die anderen und auch die Allgemeinheit belastet.

 

Ich komme jetzt zum Schluss: Ein ganz wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Schulkarriere ist natürlich, dass man sich in der Unterrichtssprache verständigen kann. Ohne das funktioniert es einfach nicht! Und je schneller man die Unterrichtssprache, und diese ist bei uns Deutsch, beherrscht, desto leichter kann man dem Unterricht folgen. Ich glaube, jeder Cent beziehungsweise Euro, der in die möglichst rasche Erlernung unserer Umgangs- und Unterrichtssprache gesteckt wird, ist ein doppelt und dreifach gut investierter Euro. Die Beherrschung der Sprache ist die wichtigste Voraussetzung, und Kinder, die die Sprache nicht beherrschen, können keinen Erfolg haben. Das kann einfach nicht funktionieren, und darunter leidet auch das Klima in der Klasse. Es wäre gut, wenn es in diesem Zusammenhang wie auf der Autobahn einen Beschleunigungsstreifen gäbe. Und dieser Beschleunigungsstreifen wird auch teilweise gebaut. Die Sprachstandsfeststellung ist ganz wichtig. Wenn man nämlich die Sprache kann, dann tut man sich ganz einfach viel leichter.

 

Jetzt noch ein Letztes: Man kann das eigene Elternhaus vom jeweiligen Schulerfolg nicht ganz ausblenden. Natürlich kann für eine Bildungskarriere nicht nur die Institution verantwortlich sein, das würde jede Institution auch überfordern. Vielmehr muss auch das Elternhaus einbezogen werden. Selbstverständlich kann man versuchen, gewisse Unterschiede auszugleichen oder einzuebnen. Ich glaube aber, es wäre auch gar nicht gut, die Eltern bei der Bildungskarriere ihrer Kinder völlig außen vor zu lassen. Es ist das einfach ein Geben und Nehmen, und je besser das Umfeld ist, desto erfolgreicher sind die jungen Menschen.

 

Ich meine, der eigene Erfolg im schulischen, im beruflichen und im privaten Bereich ist auch ein ganz wesentlicher Baustein für eigenes Glück und eigene Zufriedenheit. Der schulische Erfolg ist ein wichtiger Aspekt im Leben der Kinder, und würde man ihnen diesen nicht ermöglichen, dann würde man den Kindern sehr viel nehmen. Zu diesem Zweck muss man meiner Meinung nach auch die Eltern in die Pflicht nehmen und ihnen Hilfestellung geben. Ansonsten ist jede Schule, egal, mit wie viel Personal Sie sie ausstatten, schlichtweg überfordert. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Wutzlhofer. Ich erteile es ihm.

 

21.14.00

GR Mag Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Alle meine Vorredner haben sich auf Bildung spezialisiert. Das freut mich! Daher kann ich das auch tun, es wird insgesamt kürzer, und wir können früher nach Hause gehen und über wichtige Dinge nachdenken, zum Beispiel über Bildung. (Ironische Heiterkeit und Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.)

 

Es ist ohnehin eine der wichtigsten Fragen oder überhaupt die wichtigste Frage, die sich eine Gesellschaft stellen kann, in der Wissen und Information zur relevanten Ressource geworden sind. Wie kann man, wie kann ein Kind, wie kann ein Mensch sich dieses Wissen aneignen? Ich sage jetzt bewusst, sich aneignen, weil ich der Meinung bin, dass es uns allen gut tut, wenn wir Bildung von der Person aus betrachten, die sich Wissen verschafft. Die ganze Frage geht also vom Kind aus und nicht vom Lehrerdienstrecht, nicht von Standesdünkeln, nicht von Besitzstandswahrung, nicht von Unternehmensförderung, nicht von verqueren Männer- und Frauenrollenbildern, wie es Kollege Nepp jetzt gerade wieder zum Besten gegeben hat.

 

All das geht von Kindern aus: Kinder wollen lernen, Lernen ist die Arbeit von Kindern, und Kinder arbeiten ziemlich viel, Kinder stellen Fragen, und zwar von Anfang an, sie suchen nach Antworten. Dafür brauchen sie nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Umfeld, das sie genau darin unterstützt. Es müssen ihnen Antworten auf die Fragen gegeben werden, die sie stellen, man muss sich mit den Fragen, die sie stellen, individuell auseinandersetzen und sie auch als Individuen fördern und nicht irgendwelche Antworten geben, die man selber halt im Kopf hat.

 

Ein Bildungssystem, das Kinder individuell abholt und fördert, sie nicht als Großgruppe behandelt, sondern ihre Interessen und Stärken forciert und ihnen dort hilft, wo sie Schwächen haben, macht einen großen Traum möglich. Ein solches System ermöglicht nämlich, dass man durch Bildung letztlich frei, stark und emanzipiert wird. Man kann den Traum haben, dass man mit seinem Kopf eine Welt erschafft und mit seinem Kopf alles schaffen kann, und das Bildungssystem soll dabei helfen.

 

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