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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 26.01.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 81

 

der letzte Harmonisierer! –, dann stellen wir fest, dass es bis hin zur FPÖ einige Punkte gibt, in denen wir uns eigentlich alle ziemlich einig sind: Wenn jemand die Schule abgeschlossen hat, dann soll er oder sie gut lesen können. Wenn die Schule abgeschlossen ist, sollen möglichst wenig junge Leute funktionale Analphabeten sein. Das gibt es jetzt nämlich leider! Diesbezüglich haben wir ein Problem in Wien und in anderen Ländern.

 

Bei der nächsten Umfrage werden hoffentlich nicht 60 Prozent der Buben – das ist eine Zahl aus Österreich – sagen: Freiwillig lese ich nicht gerne!

 

Vom Ziel her – wenn beispielsweise Dr Aigner sagt, man soll gerne in die Schule gehen – sind wir uns also relativ einig. Wir sollten jetzt also einmal die Frage Abschaffung Gymnasium zur Seite stellen. Rot-Grün wird in den nächsten fünf Jahren das Gymnasium in Wien nicht abschaffen. Wir können uns also einmal diesen Krieg beziehungsweise diese Scheindiskussionen sparen.

 

Es ist aber völlig klar, dass diese Regierung in diesem Bereich Veränderungen setzen will, muss und setzen wird, denn es gibt tatsächlich einiges zu verändern und zu reformieren. Wenn österreichweit und auch in Wien – ich wiederhole das, weil das wirklich brennt, empören muss und Fragen aufwerfen muss – ein beträchtlicher, signifikant höherer Anteil von Jugendlichen mit 15 Jahren anders als in anderen Ländern nicht sinnerfassend lesen und schreiben kann, dann sind das – ich weiß nicht, wer das gesagt hat – die Bildungsverlierer und die Arbeitsmarktverlierer der Zukunft. Daran muss sich etwas ändern!

 

Und jetzt kommt eine Haltung beziehungsweise Ideologie ins Spiel: Sag mir, welchen Beruf und welches Einkommen deine Eltern haben, und ich sage dir, welchen Weg du gehst. – Das ist das heutige Schulsystem. Und diesbezüglich gibt es eine klare Haltung dieser Regierung: Unser besonderes Augenmerk gilt denjenigen, die von ihrem Elternhaus her Startnachteile haben, wo zum Beispiel zu Hause nicht vorgelesen wird. Wir können das nicht verordnen, wir können kein diesbezügliches Gesetz erlassen. Ich würde das gerne ethisch hinausschreien: He Leute, werft den Fernseher aus den Kinderzimmern hinaus und setzt euch am Abend hin und lest den Kindern vor! Ich kann das nur hinausschreien. Ein Landesgesetz ist da, glaube ich, nicht sehr hilfreich. Es ist aber wirklich so, dass viele aus gesellschaftlichen Gründen, damit die Kinder eine Ruhe geben, am Abend den Fernseher aufdrehen.

 

Wenn Sie sich die Ergebnisse genau anschauen, dann stellen Sie fest, dass es nicht ausschließlich Menschen mit Migrationshintergrund sind, die mit 15 Jahren nicht lesen und schreiben können, sondern dass auch der Anteil an – wie nenne ich das jetzt? – autochthonen ÖsterreicherInnen, also Eingeborenen wie ich, beträchtlich ist.

 

Wir sollen also nachdenken, wie wir diesen Menschen besonders helfen können. Es muss frühzeitige Angebote geben. Herr Aigner! Sie wissen es, glaube ich: Selbstverständlich soll die Neue Mittelschule differenzieren und soll denjenigen, die schon weit sind, weitere Hilfestellungen geben und soll jenen, die es besonders brauchen, individuelle Förderung geben.

 

Das ist aus meiner Sicht die Hauptrichtung. Sparen wir es uns, als Politiker dazu beizutragen, dass Lehrerinnen und Lehrer hier – im schrecklichen Unterschied zu Finnland – bei weiten Teilen der Bevölkerung einen schlechten Ruf haben. In Finnland haben die Lehrer einen Top-Ruf, und wenn wir alle erfolgreich gewesen sein werden, haben auch die Lehrerinnen und Lehrer bei uns einen guten Ruf! Geben wir ihnen Kompetenz, dass den Lehrerinnen und Lehrern einiges einfällt! Geben wir ihnen die Freiheit – und das ist für mich auch die Schule der Zukunft –, die Schule zu einer lernenden Organisation zu machen, dass sie selbst auf die geänderten, teilweise schwierigen Rahmenbedingungen reagieren kann!

 

Ich sage Ihnen nur – und überschreite weit meine letzten zwölf Sekunden –: Es gibt eine Veränderung der Familienstruktur, und viele Lehrer sind überfordert, wenn sie Familienersatz sein sollen. Dazu gibt es eine lange Diskussion. Wir sind in einer schwierigen Situation. Wenn es einen Bereich gibt, in dem sich aus meiner Sicht Rot-Grün bewähren muss – und nach fünf Jahren wird Bilanz gelegt werden müssen –, dann ist das ganz eindeutig die deutliche Verbesserung unseres Bildungssystems, weil dieses die Grundlage einer besseren, gerechteren und faireren Gesellschaft ist. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Nepp zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

10.48.48

GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kollegen!

 

Das Bildungskonzept, das uns die SPÖ heute hier präsentiert hat, ist sicherlich nicht die Schule der Zukunft. Dieses SPÖ-Modell steht für Ideenlosigkeit, Kurzsichtigkeit und Konzeptlosigkeit der SPÖ. Dieses SPÖ-Modell verhindert, dass die Leistungen der Starken angehoben und die Schwächeren gefördert werden. Es kommt zu einer Nivellierung nach unten. Wir werden weiter im PISA-Test abrutschen und gänzlich zum Bildungsschlusslicht werden. Ihr SPÖ-Modell, meine sehr geehrten Damen und Herren, katapultiert uns direkt in die intellektuelle Steinzeit! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sie wollen einmal mehr das Grundprinzip, nämlich die Abschaffung der 10-Prozent-Grenze für Schulversuche. Gratuliere! Sie machen den nächsten Versuch: Sie wollen wieder einmal ganz Wien zu Ihrem eigenen Schulversuchslabor machen. Schüler sind aber, bitte, keine Laborhasen, mit denen man tun kann, was man will, was die SPÖ und was die GRÜNEN wollen. Es hat aber oft diesen Anschein, denn sonst würden Sie Schüler nicht wie Labortiere in Containerklassen stecken!

 

Dabei ist klar, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie auf diese Weise sicherlich nicht zum Wohl der Jugend handeln. Nein! Sie werden angetrieben von purer links-linker Ideologie! Sie wollen keinen Unterschied mehr zwischen Schülern, Sie wollen keine individuelle Förderung, sondern eine Zwangskollektivierung im Schulsystem. Sie wollen alle wie Roboter gleichschalten! Das ist der wahre und grausige Hintergrund, meine sehr

 

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