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Gemeinderat, 62. Sitzung vom 30.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 108

 

E-Card. Damit wurde ein Beitrag zur Entstigmatisierung geleistet, und das ist ebenfalls ein sozialpolitischer Meilenstein. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Meine Damen und Herren, wir haben auch höhere Leistungen für Einzelpersonen und für Ehepaare mehr Leistungen pro Monat in der Mindestsicherung. Je nach Anzahl der Kinder gibt es unterschiedliche Dazugewinne. Alle Fallkonstellationen erhalten mehr. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann sehr wohl als sozialpolitischer Meilenstein bezeichnet werden, da es gelungen ist, eine stärkere Anbindung an das erste Sicherheitsnetz, an die Arbeitslosenversicherung, zu erreichen. Im Übrigen profitieren von der Anhebung der Nettoersatzrate bei der Notstandshilfe nicht nur Sozialhilfe- beziehungsweise Mindestsicherungsbezieher. Ein weiterer Meilenstein ist die Einbeziehung in die Krankenversicherung, und nicht zu vernachlässigen ist, dass Mindestsicherungsbezieher künftig, jedenfalls in Wien, mehr Geld erhalten. Die Mindestsicherung ist aber auch ein erster Schritt und bedarf natürlich nach Implementierung noch einer engeren Anpassung bei der Weiterentwicklung angesichts unserer strukturellen Veränderungen, unserer Gesellschaft und des Arbeitsmarktes.

 

Meine Damen und Herren, es ist aber ein erster Schritt in die richtige Richtung gesetzt worden, und sie dürfen sich darauf verlassen, dass in Wien in der Sozialpolitik auch künftig die richtigen Schritte in die richtige Richtung gesetzt werden. Danke schön! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Für alle weiteren Wortmeldungen erinnere ich daran, dass sich jede Kollegin und jeder Kollege nur einmal melden dürfen und die Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.

 

Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger. Ich erteile es ihm.

 

10.44.37

GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Meine Damen und Herren!

 

Kollege Wagner hat hier eine sehr bemüht abgelesene Rede dargebracht. Wie er gesagt hat, das alles sei ein sozialpolitischer Meilenstein, aber ganz offensichtlich wird er von der eigenen Fraktion gar nicht als solcher wahrgenommen, weil sich erst langsam die Reihen füllen, und noch immer die Hälfte nicht da ist. Bei meiner Rede verstehe ich es ja, aber auch bei seiner Rede war die Hälfte des Klubs nicht hier. (Heiterkeit.) Dass ihr nicht da seid, das ist allerhand. (GR Siegi Lindenmayr: Sollen wir hinausgehen?) Es ist ja auch klar, dass man, wenn man so etwas abliest und das einzige Instrument ... (Heiterkeit bei GR Siegi Lindenmayr.) Nicht lachen, Herr Lindenmayr, es ist ja Ihre Schwäche, dass die nicht da sind, Ihre eigenen Leute.

 

Wenn man dann abliest und das einzig gute Instrument des AMS, nämlich das „Step to job“ vorliest, dann weiß man, dass man von den guten Instrumenten in Wirklichkeit ja keine Ahnung hat. Unsere Kritikpunkte und den Grund, warum wir für diese Art der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht sind, werde ich im Wesentlichen darlegen:

 

Erstens: Es gibt keine seriösen aktuellen statistischen Zahlen. Das heißt, es ist in Wirklichkeit ein Abenteuer.

 

Zweitens: Die Mindestsicherung ist unter der Armutsgefährdungsgrenze, weit unter der Armutsgefährdungsgrenze. Das heißt, der wachsenden Armut wird das überhaupt keinen Abbruch tun.

 

Drittens: Sie ist deutlich unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz, damit deutlich schlechter als ursprünglich geplant, meine Damen und Herren.

 

Viertens: Das AMS ist jetzt schon überfordert durch die ständig steigenden Arbeitslosenzahlen, und das wird völlig überfordert werden durch die Administration.

 

Fünftens: Die Kinder sind bei der Mindestsicherung mit 134 EUR unserer Meinung nach viel zu niedrig bewertet. Kein Mensch kann ein Kind mit diesem Geld erhalten. Damit ist die Konsequenz verbunden, dass die Kinderarmut weiter steigen wird, meine Damen und Herren, und das ist eine Schande für einen Sozialstaat.

 

Sechstens: Es ist keine Valorisierung vorgesehen, wie gerne bei Transferzahlungen, bei Gebühren, wo der Staat massive Gewinne auf Kosten der Bürger macht. Bei Müll-, bei Kanal-, bei Wassergebühren, da wird selbstverständlich jährlich valorisert, aber beim Pflegegeld ist zum Beispiel, wenn ich daran erinnern darf, 15 Jahre keine Valorisierung erfolgt.

 

Siebentens: Arbeit lohnt sich nicht. Die IHS-Studie hat gesagt, es gebe keinen Beschäftigungsanreiz. Damit geht das ja genau in die falsche Richtung, meine Damen und Herren, ohne eine entsprechende Anhebung einer Mindestlohnregelung geht das in die falsche Richtung.

 

Achtens: Es ist alleinerzieherInnenfeindlich, und damit letztendlich frauenfeindlich, weil es ja keine ausreichenden wohn- und arbeitsplatznahen Kindergarten- und Schulplätze gibt. Was sollen die Frauen dann machen, wenn sie die Kinder in die Schule bringen sollen. Müssen sie dann auf den Job verzichten, der ihnen angeboten wird? Dann wird ihnen aber sofort die Mindestsicherung runtergesetzt. McJobs werden fröhliche Urstände feiern, weil man ja sagt, wenn man weniger verdient, dann kann man sich den Rest aus der Mindestsicherung holen.

 

Also, es löst dieses Armutsfallenproblem in keinster Weise. Und die oberste Priorität muss unserer Meinung nach sein, dass die Menschen zurück in den Arbeitsprozess geführt werden, auch zur Stärkung des Selbstwertgefühls.

 

Schließlich die Arbeitsmarktöffnung für unsere restlichen Nachbarn in der EU mit 1. Mai. Da muss man sich fragen, wem kommt die Mindestsicherung wirklich zu Gute? Es gibt durchaus Länder, wo man mit diesen 744 EUR sehr wohl leben kann.

 

Und schließlich die Transparenzdatenbank, eine Transparenzdatenbank, die nicht in allen Bundesländern jetzt eingeführt wird. Alle Gebietskörperschaften sind hier einzuschließen, das ist ein wesentlicher Faktor, damit man eine Verteilungsgerechtigkeit herbeiführen kann und eine Umverteilung von Leistungen, die jemand vielleicht zu Unrecht bekommt, missbräuchlich bekommt, hin zu jenen, die sie benötigen, aber nicht bekommen.

 

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