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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 29.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 110

 

hat. Das wenige, das ich höre, ist, dass diese alle nicht wahnsinnig expansiv sind. Ich sage einmal zurückhaltend: Es wäre schön, das zu diskutieren.

 

Ich mache ein paar Vorschläge. Ich mache ein paar Vorschläge, das gerade in diesem Ressort zu diskutieren: Ich bin schon ziemlich lange in dem Haus, ich kann mich noch erinnern, wie wir heftig und auch kontrovers, auch grünintern kontrovers über die U2-Verlängerung diskutiert haben. Ich habe mich damals sehr für die Sache ins Zeug geworfen. Dort gibt es keinen Grund mehr, dass einer jammert, er staut, wenn er in die Stadt muss. Jetzt beginnt der aufrechte Gang, jetzt beginnt die Courage auch vor der Wählerschaft bezüglich der diversen Ausbauprojekte. Ich sage jetzt nur Stichwort Lobautunnel. Ich weiß schon, das ist Bundesgeschichte, aber mittelfristig. Warum kann man nicht einmal sagen: Schauen wir uns das an! Statten wir jetzt den 22. Bezirk üppig mit großzügigen Radfahrmöglichkeiten aus!

 

Das sage ich jetzt, weil ich vor ein paar Wochen in Kopenhagen war. Ich bin extra hingefahren, denn das muss man einmal spüren. Täglich spüre ich den 5 Prozent Verkehrsradanteil in Wien, ich wollte einmal 38 Prozent spüren. Du stehst in Kopenhagen mit dem Rad an einer Kreuzung und glaubst, da ist eine permanente Radeldemo! Dann schaust du herum: Das ist keine Radeldemo! Du fährst zur nächsten Kreuzung, da kommt die nächste Radeldemo daher. Das ist auf allen Seiten so. Das ist entspannt, das funktioniert, das ist eine Stadt, wo mehr mit dem Rad zurückgelegt wird als mit dem Auto. Wir haben 5 Prozent, Kopenhagen hat 38 Prozent. Dann habe ich mir die Leute angeschaut: Sind sie irgendwie genetisch anders? Ich bin kein Gentechniker und kann das nicht untersuchen. Ich schaue die Leute an. Die sprechen übrigens perfekt Englisch, obwohl das nicht ihre Muttersprache ist, überall. Das ist dort einfach üblich, entspannt, jung und alt, Politiker und Kellner und Kellnerinnen.

 

Da würde ich mir zum Beispiel Folgendes wünsche, rein nur so: Wie wäre das, wenn StR Schicker den Herrn Bürgermeister, den Herrn Sozialstadtrat überredet und sagt – ich bin durchaus dafür, nehmt euch ein bisschen PR-Propagandamittel mit –: Einen Tag lang fährt die ganze Stadtregierung alle Wege mit dem Rad!, und einen Schritt weiter geht und sagt: Alle öffentlich Bediensteten machen das auch! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das einfach als Symbol zu sagen, zum Beispiel am Tag nach der U2-Verlängerung, wäre doch etwas. Da würde sich auch ein bisschen die Perspektive ändern, wie man dann Parkplätze sucht. (GR Godwin Schuster: Haben Sie noch den alten Volvo?) Was habe ich? Ich habe keinen Volvo! Nein! (Zwischenruf bei der SPÖ: Das ist der Maresch!) Ich habe weder einen alten Volvo noch einen neuen Volvo. Ich borge mir gelegentlich Autos aus, manchmal sind Autos praktisch. Aber ich fahre mit meinem hübschen Brompton – und ich habe das da nicht irgendwie hergestellt – und genieße das extrem.

 

Von Kopenhagen springe ich jetzt sozusagen auf ein Wiener Projekt. Kopenhagen mit 38 Prozent, da kann man sozusagen verkehrspolitisch nur auf die Knie sinken, ganz säkular. (GR Heinz Hufnagl: Wie ist das mit der Topographie?) Warte ein bisschen mit der Topographie! Ich habe gerade über den 22. und 21. Bezirk gesprochen! Außer dem Rinterzelt gibt es dort nicht rasend viele Erhöhungen. Am Rinterzelt wohnen auch nicht rasend viele Leute. Der 22. Bezirk wäre jetzt mit der U2 dafür prädestiniert, Kopenhagen zu werden. Sagen wir, als ersten Schritt 38 Prozent Anteil nur einmal in der Donaustadt. Dann muss sozusagen auch der Herr Mahdalik letztlich nicht mehr stauen.

 

Es gibt ein Projekt, das heuer zehn Jahre alt geworden ist, das ist der autofreie Stadtteil. Über alles wird Propaganda gemacht; das kommt ziemlich wenig vor. Aus der ganzen Welt kommen Leute, Architekten, StadtplanerInnen, Politiker und schauen sich das an. Jede Woche kommen welche. Es gibt schon einen eigenen Führungsdienst, weil Fernsehteams sich das dauernd anschauen.

 

Ich sage Ihnen den aus einer Studie des VBgm Ludwig gemessenen Wert – noch einmal zur Erinnerung, wenig Zahlen. Wien: Radverkehrsanteil 5 Prozent, Kopenhagen: Radverkehrsanteil 38 Prozent. Soll ich Ihnen den gemessenen Wert der autofreien Siedlung sagen? Ich sage es Ihnen: 56 Prozent. Also, das geht. Das ist übrigens kein 1A-Standort, Sie wissen, wo das ist, das ist nicht unmittelbar neben einer U-Bahn. Es ist möglich.

 

Gehen wir weiter – und jetzt werfe ich Ihnen wirklich Hasenfüßigkeit vor, in dem Fall nicht dem StR Schicker, wobei er sich da auf die Hinterfüße hätte stellen können, sondern dem 21. Bezirk als Beispiel –: Da haben wir ein Modell, das funktioniert. Das funktioniert blendend.

 

Interessanter Nebenaspekt: Dort wurden in den letzten zehn Jahren statistisch signifikant mehr Kinder geboren als in vergleichsweise anderen Wohnhaussiedlungen. Das hat dort mit der Community zu tun, dass sie dort sozusagen ... (Zwischenruf von GR Godwin Schuster.) Ich sage Ihnen, warum: Geld, das normalerweise in den Garagenbau gesteckt wurde, wurde dort in wirklich klasse öffentliche Freiflächen gesteckt – Kinderhaus am Dach –, ganz viele qualitätsorientierte Freiflächen. Da gibt es eine Community, die Kindererziehung und vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einfacher macht, einfach ist es nie, aber einfacher macht. Effekt: Es gibt dort Familien mit drei Kindern, mit vier Kindern und – wie ich neulich gehört habe – auch mit fünf Kindern.

 

So, was ist der Effekt? – Der normale Schlüssel von Wohnungen funktioniert dort nicht mehr. Die Leute brauchen, wenn sie vier oder fünf Kinder haben, größere Wohnungen. Die gibt es dort nicht. Was wollten die Leute? Sie waren bei mir, sie waren auch beim StR Schicker. (Unruhe im Saal.) – Wenn Sie mir kurz zuhören, wäre das super! Vielleicht schaffen wir etwas Produktives. – Sie wollten gegenüber, wo gebaut wurde, eine „Miss Autofrei".

 

StR Schicker hat sich aufgeschlossen gezeigt, der Bezirksvorsteher hat gesagt: Kommt nicht in Frage! Noch einmal so etwas, sicher nicht! – Warum? Der Hintergrund ist abzulehnen, aber verständlich: So ein Modell zeigt, dass es ganz anders gehen kann. Dort gibt es gelegentlich auch Autoverkehr. Noch einmal: Das ist ja keine

 

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