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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 126

 

Aber wir werden Ihnen die Kritik nicht ersparen, und so möchte ich mit der Mercer-Studie beginnen, der viel zitierten und viel strapazierten Mercer-Studie, die ja der Stadt Wien bescheinigt, die Stadt mit der besten, mit der höchsten Lebensqualität zu sein. Was ja auch stimmt und was ja auch niemand in Abrede stellt, aber was nur selten dazu gesagt wird, ist, dass die Mercer-Studie unter Managern erstellt wird. Und ja, Wien ist die Stadt mit der besten Lebensqualität für reiche, gut bezahlte Manager, und deshalb tun sie das ja auch. Also, jahrein, jahraus bestätigen sie, dass sie finden, dass es großartig ist, in Wien zu leben. Und ich gebe ihnen auch recht, es ist großartig, wenn man in Wien, etwa in Grinzinger Hanglagen, wohnt und sich von dort oben die Stadt anschaut und es ist wunderschön, wenn man in Wien in einem Dachausbau, einem sehr teuren, in einem Penthouse wohnt. Ja, auch das ist hervorragend. Da möchte ich die Lebensqualität überhaupt nicht in Abrede stellen. Aber es ist ganz anders, und man erlebt auch Wien vollkommen anders, wenn man etwa in einer kleinen Bassenawohnung an der Triester Straße mitten in der Verkehrshölle wohnt, im ersten Stock, oder wenn man am Gürtel direkt wohnt, oder wenn man im Ortskern von Hirschstetten zum Beispiel wohnt, wo einem der Pendlerverkehr sozusagen mitten durch den Kopf durchzieht, dann erlebt man die Stadt schon ganz anders. Und genau diesen Wienerinnen und Wienern, den BewohnerInnen der Triester Straße, den BewohnerInnen des Gürtels, den BewohnerInnen von Hirschstetten und Jedlesee, den SchülerInnen der Geblergasse, den AnrainerInnen des Augartens und der Marillenalm, all diesen Wienerinnen und Wienern und vielen, die ähnliche Situationen dieser Tage mitgemacht haben oder mitmachen, all diesen möchte ich meinen Redebeitrag widmen, meine Damen und Herren!

 

Ich möchte über das Wien sprechen, das sie erleben und ich möchte sprechen über das, was sie beschäftigt, tagein, tagaus und ich möchte versuchen, aus ihrer Sicht eine Bilanz zu ziehen, denn die Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, von denen haben Sie nicht gesprochen, Frau Stadträtin, und ich denke, es ist es wert, dass wir genau über diese Probleme reden und dass wir auch darüber reden, welche Investitionen die Stadt Wien jetzt tätigen muss und welche Weichenstellungen vorgenommen werden müssen, damit das wunderschöne Wien auch fit wird für das nächste Jahrzehnt und für die Jahrzehnte, die noch kommen werden. Denn eines ist klar, die Wirtschaftskrise ist noch nicht überwunden, das ist noch nicht vorbei, die Auswirkungen der Budgetkrisen der Städte und auch der verschiedenen Länder der Euro-Zone, die werden wir alle erst in den nächsten Jahren zu spüren bekommen, und so zu tun, wie wenn Schönwetter wäre und wir super unterwegs wären, halte ich, ehrlich gesagt, für verfehlt, und wenn Sie mir gestatten, etwas schärfer aufzutreten, auch für ein wenig verantwortungslos.

 

Ich möchte daher mit einem zentralen Thema beginnen, das etwa die BewohnerInnen der Triester Straße beschäftigt oder des Gürtels und vieler anderer Stellen in dieser Stadt, und das ist der Verkehr. Sie wissen – Mercer-Studie - dass in der Mercer-Studie zwar Wien die Stadt mit der höchsten Lebensqualität für Manager ist, aber siehe da, im Bereich der Umwelt erreicht Wien plötzlich den 44. Platz. Davon wird nicht gesprochen.

 

Und warum ist es dann der 44. Platz in diesem Bereich? Weil Wien ein ziemliches Verkehrsproblem hat. Das sage nicht ich, das sagt die Mercer-Studie, die ja so gerne von der Sozialdemokratie zitiert wird, und weil Wien auf Grund auch dieses Problems eine sehr schlechte Luftqualität hat. Also, wir sind nach wie vor eine der Rekordhauptstädte Europas, wenn es um Feinstaub geht, wir haben ein ausgemachtes Ozonproblem. Es ist sehr schön, das Wasser in Wien ist von bester Qualität, aber wie gesagt, die Luft lässt zu wünschen übrig und macht krank und macht übrigens vor allem ältere Menschen und kleine Kinder krank. Und da haben wir ein Problem und wir müssen überlegen, wie wir das lösen. Dazu kommt, dass der Durchschnittswiener und die Durchschnittswienerin jährlich 270 Stunden im Stau verbringen, im Schnitt. Das muss man sich vorstellen, was das bedeutet und welches ausgemachtes Verkehrsproblem wir derzeit haben. Und darüber lohnt es sich auch noch nachzudenken, wie wir das in den Griff bekommen. Und bekommen wir das in den Griff dadurch, dass wir weiterhin Straßen bauen, bauen, bauen, bauen bis zum Sankt Nimmerleinstag und dafür sorgen, dass jede Familie das zweite Auto, das dritte Auto, das vierte Auto auch noch anschafft, weil sie es zum Beispiel brauchen, wenn sie etwa Pendlerinnen und Pendler sind, oder weil sie es brauchen, wenn sie in Wiener Randlagen wohnen, wo der Bus nur jede halbe Stunde in einer der reichsten Städte der Welt einmal vorbeischaut, und wo daher auch keinerlei Alternative zum Auto besteht.

 

Also, wir sollten sehr wohl darüber diskutieren, was können wir hier tun und ich denke, es liegt auf der Hand, welche Weichenstellungen jetzt vorgenommen werden müssen.

 

Erstens, meine Damen und Herren, und das habe ich, glaube ich, in den letzten zehn Jahren in diesem Haus schon sehr oft gesagt, wir brauchen einen massiven, einen drastischen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel außerhalb des Gürtels, außerhalb des Zentrums, an der Peripherie, genau dort, wo derzeit sehr schlechte Anbindungen vorhanden sind. Es ist unzumutbar für jene 600 000 Wienerinnen und Wiener, die an Randlagen wohnen, dass sie, wie gesagt, mit Busintervallen von einer halben Stunde rechnen müssen. Das funktioniert nicht, das führt zu mehr Verkehr, das führt zu mehr Stau und dasselbe gilt für die 200 000 Pendlerinnen und Pendler, die täglich mit dem Auto in die Stadt hineinpendeln und abends wieder herauspendeln. Und auch hier braucht es einen Ausbau der Verbindungen ins Umland, rasche, schnelle, gute Verkehrsverbindungen, die eine Alternative zum Auto darstellen würden. Das alles würde im Übrigen auch tausende Arbeitsplätze bedeuten, die denjenigen zu Gute kommen, die derzeit unter der Wirtschaftskrise zu leiden haben und die darüber hinaus auch dazu beitragen, die Stadt fit fürs nächste Jahrzehnt, ja für die nächsten Jahrzehnte zu machen, denn die Stadt wächst, wie Sie gesagt haben, und darauf

 

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