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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 81 von 122

 

diese Stadt jedes Jahr fabriziert. Die Wörter Kinder beziehungsweise Bedürfnisse von Kindern kommen darin nicht vor. Man wird einfach vergebens danach suchen. Man wird etwas über Straßen finden, vielleicht noch über Grünflächen, aber eine explizite Ausweisung von Flächen für Kinder gibt es in den seltensten Fällen. Bei den Wiener Masterplänen ist das nicht anders. Dieses Fehlen von Kinderaspekten zieht sich von der Planung bis zum Erscheinungsbild von Wohnanlagen. In vielen Fällen gibt es keine adäquaten Spielplätze. Entweder sind sie in die allerletzte Ecke verbannt oder es gibt sie in den Wohnanlagen überhaupt nicht. Beim Gestalten von Wohnungen ist auch von der Wichtigkeit der Kinder wenig zu erkennen. Bei den meisten Wohnungen sind die Kinderzimmer die kleinsten Zimmer. Im Schnitt sind sie acht Quadratmeter groß. Nur zum Vergleich: Acht Quadratmeter stehen einem steirischen Freilandhuhn zur Verfügung!

 

Herr Bürgermeister, Sie sind zwar heute nicht da, aber vielleicht, Herr Stadtrat, sind das Ihre Vorstellungen der Wichtigkeit von Kindern in dieser Stadt!

 

Sehr geehrte Damen und Herren, wir können nicht die Bedürfnisse der Kinder nur auf das Vorhandensein von Kindergärten, von Schulen und vielleicht auch noch auf ein paar Spielplätze reduzieren. Die Stadtplanung hat die Verpflichtung, sich gesamtheitlich mit dem auseinanderzusetzen, was Kinder im öffentlichen Raum brauchen und was die Stadt dafür konkret tun muss. Das heißt auch, dass wir die Grundlagen der kommunalpolitischen Stadtplanung und Stadtpolitik in allem, was sie umfasst, auch auf ihre Kinderverträglichkeit prüfen müssen. Deswegen fordern meine Fraktion und ich heute, einige Kinderaspekte in der Stadtplanung nachhaltig zu stärken.

 

Die erste Forderung hat der Kollege Hoch schon vorgestellt. Das ist die Überarbeitung des gültigen Stadtentwicklungsplanes. Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Stadtentwicklungsplan ist die Vision, die diese Stadt bei Ausbau und Weiterentwicklung hat. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass in so einem Stadtentwicklungsplan die Bedürfnisse von Kindern Platz haben und inhaltlich vertreten werden. Absichtserklärungen sind da einfach zu wenig. Aber auch dieser Stadtentwicklungsplan, der überprüft und überarbeitet gehört, kann nur ein erster Schritt sein.

 

Darauf aufbauend wäre es wichtig, die konkrete kindergerechte Stadtplanung, den Status quo und die einzelnen Maßnahmen in ein eigenes Konzept, wir nennen es einfach „Masterplan Kinderstadt", einzuarbeiten. Das sollte eine Art Arbeitsgrundlage für die weiteren Schritte und für weiteres planungspolitisches Schaffen sein. Es geht um den Ausbau der kindergerechten Infrastruktur, der Spielplätze, natürlich auch Kinderfreiflächen, wobei Kinderfreiflächen nicht heißt, man nimmt irgendwo einen Platz, stellt zwei Geräte hin und als Kind muss man möglicherweise fünf Straßenbahnstationen hinfahren. Kinderfreiflächen heißt wirklich, so wie ich es auch vorher vorgelesen habe, im unmittelbaren Wohnumfeld der Kinder. Es müssten auch genaue Zeitpläne erstellt werden, wann das umgesetzt wird.

 

Besonders wichtig ist mir dabei, noch zu erwähnen, dass auch Indoor-Spielplätze geschaffen werden. Denn Kinder haben nicht nur im Sommer oder wenn das Wetter schön ist, sondern auch in der schlechten Jahreszeit das Bedürfnis, sich auszutoben und nicht jeder Outdoor-Spielplatz ist dafür geeignet. An dieser Stelle würde ich gerne einen Antrag zum Thema „Masterplan Kinderstadt" einbringen:

 

„Die zuständigen Mitglieder der Wiener Stadtregierung werden ersucht, einen ‚Masterplan Kinderstadt' zu erarbeiten. Im Rahmen dieses Masterplans sollen folgende Aspekte behandelt und operationalisiert werden:

 

1. Erhebung des Status quo der kindergerechten Stadtplanung in Wien.

 

2. Vergleich mit Best-Practice-Modellen anderer europäischer Regionen und Städte.

 

3. Planung und in weiterer Folge Schaffung eines durchgängigen Wien-weiten Netzes an Spielplätzen, Indoor-Spielplätzen und Freiflächen für Kinder.

 

4. Ausweitung des Angebotes an Spielplätzen und Kinderfreiflächen in städtischen Wohnanlagen.

 

5. Planung und in weiterer Folge Schaffung von wassernahen Kindererlebnismeilen entlang des Donaukanals und des Donauufers.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung beantragt.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Kindergerechte Stadtplanung soll sich aber nicht nur auf Planungsdokumente beziehen. Sie soll etwas sein, was ständig stattfindet. Dafür braucht es weitere Instrumente und Experten, die sich mit der Materie auseinandersetzen. Daher treten wir auch für die Errichtung eines Beirates für kindergerechte Stadtplanung ein. Dieser Beirat ist eine Chance, neue Erkenntnisse direkt in Projekte und in Gestaltungsvorhaben einfließen zu lassen. Er soll als Korrektiv dienen, denn wir alle wissen, und das haben wir heute auch hier erlebt, die Stadtplanung ist eine technische, man könnte auch sagen, eine harte Materie, wo Kinder oft keinen Platz haben. Der Beirat sollte sich daher mit einzelnen Bauvorhaben und städteplanerischen Entwicklungstendenzen befassen und die Möglichkeit haben, Vorschläge und Ideen einzubringen, die dann auch in die konkrete Umsetzung Eingang finden.

 

Damit hängt noch eine Forderung von uns zusammen. Wenn wir nämlich den Stellenwert von Kinderthemen in der Stadtplanung stärker würdigen wollen, dann muss es auch eine Kinderverträglichkeitsprüfung geben. Heute wurde es schon angesprochen, wenn wir in der Zukunft unseren Kindern in dieser Stadt eine Stadt bieten wollen, in der sie sich gut entwickeln können, dann muss sie auch kinderverträglich sein. Daher glauben meine Fraktion und ich, dass auch Kinderaspekte in diesen notwendigen Prüfkanon von Barrierefreiheit, Umweltverträglichkeit und so weiter einfließen sollen.

 

In einem vierten Antrag geht es uns um die direkte Wahrnehmung von Kinderbedürfnissen im öffentlichen Raum. Wir fordern noch einen kindergerechten Stadtplan, damit auch auf die Bedürfnisse dieser Gesellschaftsgruppe eingegangen wird. Auch in dieser Hinsicht wird die Zuweisung beantragt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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