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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 89

 

was ganz sicher auch keine gute Idee ist, ist der Kahlschlag, den der U-Bahn-Ausbau mit sich bringt, ein Kahlschlag, der jetzt gerade im 2. Bezirk geplant ist, ein Kahlschlag in der Nahversorgung, ein Kahlschlag bei den kurzen Wegen, ein Kahlschlag bei den kurzen Verbindungen, auf die sehr viele Menschen angewiesen sind. Und genau auf diesen Kahlschlag möchte ich noch zu sprechen kommen.

 

Mir scheint, dass die Bevölkerung sowohl in der Leopoldstadt als auch in ganz Wien verstanden hat, dass zwischen Straßenbahn und U-Bahn ein wesentlicher Unterschied besteht, denn die U-Bahn ist, noch einmal, dazu da, große Distanzen in kurzer Zeit miteinander zu verbinden, die Straßenbahn hingegen ist für Menschen da, die von A nach B, also sehr kurze Distanzen innerhalb eines Bezirks mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen müssen. Das heißt, die Straßenbahn ist ein wesentlicher Aspekt der Nahversorgung und der Belebung der Straße innerhalb eines Grätzels und innerhalb sozusagen eines relativ kleinen Raums. Zehntausend Unterschriften konnten innerhalb weniger Wochen gesammelt werden. Siebentausend haben bei den GRÜNEN-Unterschriftenlisten unterschrieben, dreitausend haben bei den Unterschriftenlisten der FPÖ unterschrieben, also in Summe zehntausend Unterschriften innerhalb weniger Wochen belegen eindeutig und auch eindrucksvoll, dass die Bevölkerung, wie gesagt, den Unterschied zwischen U-Bahn und Straßenbahn versteht, und die Straßenbahn auch zu schätzen weiß und braucht. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Was eindeutig bis jetzt nicht der Fall ist, das ist, dass die Wiener Linien diesen Unterschied zur Kenntnis nehmen möchten, denn ich kann nicht davon ausgehen, dass die Verantwortlichen bei den Wiener Linien nicht wüssten, was der Unterschied zwischen U-Bahn und Straßenbahn ist.

 

Also, in diesem Fall muss ich davon ausgehen, dass hier offenbar der Staatszwang überragt und ganz einfach dazu führt, dass diese Argumente geflissentlich übersehen werden, und dass auch die Bedürfnisse der Bevölkerung geflissentlich übersehen werden. Und ich muss auch mit Bedauern feststellen - es sei denn, die Debatte heute belehrt mich eines Besseren -, dass offenbar auch die Wiener Stadtregierung diesen Unterschied nicht kennt, was an dieser Stelle - wenn mir eine etwas polemische Anmerkung gestattet ist - mich auch weniger wundert, weil ich mich ja häufig frage, wie oft ein Mitglied der Wiener Stadtregierung mit der Straßenbahn oder mit der U-Bahn in dieser Stadt unterwegs ist, sodass man selbst wüsste, worauf man angewiesen ist, wenn man kurze oder längere Wege zurücklegen möchte.

 

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle sagen, die Bevölkerung in der Leopoldstadt weiß es ganz genau. Das wissen Hunderte von Schülerinnen und Schülern, die mit der geplanten Einstellung des 21er sehr große Schwierigkeiten haben werden und sehr große Umwege in Kauf nehmen werden müssen, um ihre Schule zu erreichen, das wissen allen voran ältere Menschen, die in Pensionistenwohnhäusern in der Gegend wohnen, und die jetzt ebenfalls bei größeren und längeren Wegen darauf angewiesen sein werden und die teilweise auch nicht wissen werden, wie sie ihre täglichen Besorgungen bestreiten sollen, denn für einen älteren Menschen, der gehbehindert ist, der mit Krücken eine Distanz von 200 m zurücklegen muss, der dann auch noch die Rolltreppen rauf und runter in die U-Bahn bewältigen muss, ist es ein ziemlich großes Hindernis, und es bedeutet auch tatsächlich eine ziemlich große Erschwernis und auch einen Einschnitt in die Mobilität und in die Lebensqualität, die er im Alter hat. Und dies in einer Stadt wie Wien, die im Übrigen die fünftreichste Stadt der Welt ist und wo ich ganz sicher nicht akzeptiere, dass man hier so sehr auf die Einsparung angewiesen ist, dass man für den 2. Bezirk einen derartigen Einschnitt in der Lebensqualität hinnehmen muss.

 

Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur sagen, mit dieser Entscheidung exerzieren sowohl die Wiener Linien als auch in diesem Fall die zuständige Stadträtin vor, wie man aus Öffi-Fahrern ganz einfach Autofahrer kreiert. Denn es ist ja logisch, dass in dem Moment, wo Schülerinnen und Schüler viel größere Umwege in Kauf nehmen müssen, werden die Eltern, der Vater oder die Mutter, wahrscheinlich schon versucht sein, das Kind, wenn es geht, mit dem Auto zur Schule zu fahren, und wenn Pensionistinnen und Pensionisten auch in diesem Fall mit großen Schwierigkeiten ihre Alltagsbesorgungen erledigen müssen, da wird man auch in dem einen oder anderen Fall versucht sein, das Taxi zu nehmen, wenn man es sich überhaupt leisten kann, oder man wird gezwungen sein, die eigenen Kinder zu ersuchen, einen mit dem Auto zu fahren.

 

Ich glaube, dass es keine gute Idee ist, es ist nicht im Sinne der Leopoldstädter Bevölkerung und es ist ganz sicher auch nicht im Sinne der Nahversorgung und auch des Straßenbildes des 2. Bezirks. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Besonders absurd finde ich an dieser Stelle auch die Entscheidung, auf alle Fälle und um jeden Preis den 21er noch rasch vor der EURO, ja vor der EURO, einzustellen. Das ist eine Entscheidung, die für mich überhaupt nicht nachvollziehbar ist, denn, wenn wir wissen, dass wir Tausende von Menschen haben werden, die versuchen werden, ins Stadion zu gelangen, und die U-Bahn führt dort hin, und auch der 21er führt dort hin, warum dann, bitte, vor der EURO just auf den 21er verzichten!

 

Das ist nicht nachvollziehbar, denn da muss ich ja eher darauf bedacht sein, möglichst viele Verbindungen zum Stadion hin mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aufrechtzuerhalten. Aber nein, dem ist nicht so.

 

Also, vor der EURO auf alle Fälle den 21er einstellen und da muss ich sagen, da drängt sich fast der Verdacht auf, dass die Wiener Linien offenbar, ich weiß nicht, etwas nervös sind, wenn man feststellen muss, dass beide Verkehrsmittel gleichzeitig angenommen werden. Das will man eben nicht als Ergebnis haben, weil sie natürlich wissen, dass wir daraufhin in weiterer Folge sagen, bitte, da ist ja eben der Beweis, dass beides

 

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