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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 123

 

(Beginn um 9.02 Uhr.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Einen wunderschönen guten Morgen!

 

Ich darf die 49. Sitzung, die heute und morgen andauern wird, recht herzlich eröffnen.

 

Ich darf bekannt geben, dass Frau GRin Mag Feldmann und Frau GRin Klier krankheitshalber entschuldigt sind. Ich wünsche beiden Damen beste Genesung. Ich hoffe, dass sie bald wieder gesund sind.

 

Vor Sitzungsbeginn sind von den GRÜNEN vier Anträge eingelangt. Sie werden entsprechend bekannt gegeben. Die Zuweisungen erfolgen wie beantragt. (StR David Ellensohn begibt sich, begleitet von einem Kamerateam, zu GR Heinz-Christian Strache und überreicht diesem ein geschmücktes Paket.)

 

Nachdem die Erste-Hilfe-Pakete überreicht sind, darf ich jetzt weitermachen. Herr StR Ellensohn, darf ich Sie bitten, die Überreichungszeremonie zu beenden.

 

Die Postnummern 1 und 2 der Tagesordnung betreffen den Entwurf des Voranschlages der Bundeshauptstadt Wien für das Jahr 2005 und die Überprüfung von Gebühren und tarifmäßigen Entgelten durch den Gemeinderat.

 

Ich schlage vor, die Beratung dieser zwei Geschäftsstücke zusammenzuziehen und die Verhandlungen nicht nach den 10°Gruppen des Voranschlagsentwurfes, sondern nach Geschäftsgruppen zu gliedern.

 

Nach einem einleitenden Referat des Berichterstatters zu diesen Geschäftsstücken, Herrn VBgm Dr Rieder, erfolgt die allgemeine Beratung und die Spezialdebatte über die Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke.

 

Voraussichtlich am Dienstag dieser Woche, also morgen, wird nach dem Schlusswort des Herrn amtsführenden Stadtrates der Geschäftsgruppe über die Anträge zu den zwei genannten Geschäftsstücken abgestimmt werden.

 

Ich nehme an, Sie sind mit dieser Vorgangsweise einverstanden, und ich ersuche nun den Berichterstatter, Herrn VBgm Dr Rieder, die Verhandlungen über die Postnummern 1 und 2 einzuleiten.

 

Berichterstatter VBgm Dr Sepp Rieder: Herr Bürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der Voranschlag 2005 ist ein antizyklisches Budget, weil wir in Zeiten stagnierender öffentlicher Haushalte und sinkender Einnahmen der Gebietskörperschaften weder den Weg der Zurücknahme öffentlicher Leistungen noch den Weg der Schuldenmacherei gehen. Wir kreuzen damit gegen den Wind der Privatisierung, des Ausverkaufs staatlicher Unternehmen und des Rückzugs aus öffentlicher und staatlicher Verantwortung. Wir legen mit dem Voranschlag 2005 kein Kürzungsbudget, sondern ein Leistungsbudget mit konjunkturpolitischen Ambitionen vor.

 

2005, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen das, ist ein Jahr wichtiger Jubiläen, aber für uns auch ein volles Arbeitsjahr. Daran werden weder die Erntedankfeste der Bundesregierung noch sonstige Jubelfeiern etwas ändern. Auf der Grundlage des Voranschlages 2005 werden wir dieses Jahr voll nützen, um zu gestalten und nicht nur zu verwalten, vor allem auch dazu, Wien weiter voranzutreiben.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Voranschlag 2005 ist auch deshalb ein Budget im Gegenwind, weil es das Budget für das erste Jahr ist, in dem die Auswirkungen der beiden Steuerreformen 2003 und 2004 voll auf die Einnahmensituation aller Gebietskörperschaften durchschlagen. Ab 2005 werden die Abgabeneinnahmen aller Gebietskörperschaften in Milliardenhöhe zurückgehen, und zwar auch für den Bund, für den – ungeachtet seiner Gegenfinanzierung im Budgetbegleitgesetz 2003, durch das er sich durch Erhöhung der Mineralölsteuer und Einführung der Kohlenabgabe, beides Dinge, wo er mit den anderen Gebietskörperschaften kaum oder überhaupt nicht teilen musste, eine beachtliches Körberlgeld verschafft hat – bekanntlich der Finanzminister dem Parlament ein Budget für 2005 mit einem Rekorddefizit von 2,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorlegen hat müssen. In absoluten Zahlen ist das ein Defizit von 5 Milliarden EUR. Damit ist das Bundesbudget von der propagierten Marke von einem Defizit von 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Lichtjahre entfernt; 2,3 Prozent sind das Dreifache gegenüber dieser Annahme.

 

Der Einnahmeneinbruch, meine sehr geehrten Damen und Herren, trifft aber nicht nur den Bund, sondern er trifft genauso die Bundesländer, die Städte und Gemeinden und selbstverständlich auch Wien, ungeachtet des Verhandlungserfolges im Finanzausgleich.

 

Wir haben den Voranschlag zu einem Zeitpunkt erstellt, zu dem die Ergebnisse des Finanzausgleichs noch nicht wirklich abschätzbar waren, geschweige denn schon vorlagen. Noch zu Mittag des 25. Oktober war praktisch noch vieles offen, und wir haben daher in die Einnahmeneinschätzungen unseres Budgets nur eine einzige Risikopost aufgenommen, das ist die Bedarfszuweisung von 138 Millionen EUR im Zusammenhang mit der Wohnbauförderung. Und in der Tat hat das ja auch gehalten.

 

Insgesamt bedeutet der Verhandlungserfolg im Finanzausgleich, dessen Ergebnisse eben quasi dazu kommen, für vier Jahre, also für die gesamte Finanzausgleichsperiode gerechnet, ein Plus von 200 Millionen EUR an Finanzmitteln mehr. Und wenn man gegenrechnet, was es auch an abgewehrten ernstlichen Bemühungen gegeben hat, bei den Ländern, Städten und Gemeinden zu Reduktionen zu kommen, so sind das wiederum 257 Millionen EUR. Die Differenz bedeutet also, 457 Millionen EUR haben oder nicht haben, und das ist für Wien eine durchaus respektable Summe.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie schwierig die Bewältigung der Budgetsituation unter diesen Bedingungen der massiven Auswirkungen der Steuerreform auf die Einnahmensituation der Gebietskörperschaften, die die Länder, Städte und Gemeinde getroffen hat, war, kann man ja jetzt fast täglich in den Medienberichten lesen. Ich erwähne nur das Beispiel Kärnten, das Beispiel Steiermark und das Beispiel Graz.

 

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