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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 88 von 98

 

Deutlichkeit festgehalten werden. Es soll ja nicht der Eindruck entstehen, dass die Probleme, wie sie sich österreichweit darstellen, wie sie sich auch in Wien darstellen, so ohne weiteres aus der Welt geschafft werden könnten; sie sind eben zum Teil darauf zurückzuführen, dass sie von außen vorgegeben sind.

 

Wir haben aber in Österreich eine Besonderheit, die die OECD auch in ihrem letzten Bericht gerügt hat und auch der Rechnungshof in seinem Tätigkeitsbericht zum Ausdruck gebracht hat. Wir haben in Österreich – da ist Wien also keine Ausnahme, Wien fällt auch darunter – eine fehlende Übereinstimmung von Ausgaben- und Aufgabenverantwortung, was das gesamte Schulsystem betrifft, was natürlich auch die Besoldung der Landeslehrer anlangt. Ich glaube, wir sollten in diesem Zusammenhang und auch unter Berücksichtigung der Hinweise, die die OECD gibt, uns nicht darin gefallen, wechselseitig Schuldzuweisungen vorzunehmen, ob nun die Länder oder der Bund schuld daran sind, dass unser Schulsystem so teuer ist, sondern wir sollten gemeinsam an Lösungen arbeiten, um ein Schulsystem zu bekommen, das bei Beibehaltung der Qualität – und das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen – die Potentiale an Einsparungen ausschöpfen kann. Und die sind zweifellos vorhanden.

 

Wir als Rechnungshof erleben es bei unseren Prüfungen immer wieder, dass wir mit Situationen konfrontiert werden, von denen wir gemeint haben, dass sie an sich der Vergangenheit angehören müssten. Es gibt beispielsweise noch immer das Problem der unterschiedlichen Datenlage, was die Zahl der Lehrer anlangt. Die Daten, die der Bund im ministeriellen Bereich hat, weichen nicht unwesentlich von den Daten in den Ländern ab. Ich möchte aber betonen, insoweit sind die Erfahrungen, die der Rechnungshof in den einzelnen Bundesländern gemacht hat, sehr unterschiedlich. In einigen Bundesländern ist die Datenlage besser, in anderen ist sie schlechter. Und es ergibt sich als weitere Folge daraus, dass vielfach eine komplette Übersicht darüber fehlt, wie viele Lehrer tatsächlich in Verwendung stehen, vor allem, wofür sie in Verwendung stehen und in welchem Umfang sie in Verwendung stehen. Oft ist nur zu Beginn des Schuljahres eine gesicherte Datenlage in Ansehung der von mir aufgezeigten Umstände vorhanden, später, während des Schuljahres, ist das dann nicht mehr möglich, weil sich Veränderungen ergeben haben, die einfach nicht registriert werden und die dann dazu führen, dass ein Gesamtüberblick fehlt.

 

Auch hier sollte man den Hebel ansetzen und sich einmal dazu durchringen, dass gemeinsam Lösungen erarbeitet werden, um dann in letzter Konsequenz auch ein kostengünstigeres Schulsystem entwickeln zu können.

 

Es scheint mir nicht unwesentlich zu sein, auch darauf zu verweisen, dass man bei Bedachtnahme auf alle pädagogischen Anforderungen, die es natürlich zu berücksichtigen gilt, daneben auch die ökonomische Komponente in alle diese Überlegungen mit einbringen sollte und dass man auch der ökonomischen Komponente den entsprechenden Raum geben muss. Das soll – ich darf es noch einmal betonen – nicht dazu führen, dass man nun Einsparungen auf Kosten der Qualität vornimmt, sondern dass man, ganz im Gegenteil, unter Wahrung der Qualität, die auch von der OECD-Studie durchaus bescheinigt wird, eine kostengünstigere Struktur erarbeitet.

 

Man sollte vor allem eines machen – und ich glaube hier sind alle Gebietskörperschaften aufgerufen, denn letztlich liegt die Verantwortung, gerade was das Schulsystem betrifft, ja nicht nur bei einer Gebietskörperschaft, sondern es ist eben die Verantwortung auf die einzelnen Gebietskörperschaften aufgeteilt und kommt zu einem nicht geringen Teil den Bundesländern zu –: Man sollte die positiven Erfahrungen im Ausland nützen. Warum sind die Schulsysteme im Ausland zum Teil qualitativ noch besser als in Österreich, kommen aber wesentlich kostengünstiger? Ich möchte nur das finnische Beispiel heranziehen.

 

Ich möchte aber auch dabei nicht unberücksichtigt lassen, dass man selbstverständlich mit einbeziehen muss, dass Finnland gewisse Probleme nicht hat, die Österreich hat und die beispielsweise Wien in besonderem Maße hat, eben die von mir schon angesprochenen Schüler mit fremder Muttersprache. Ein solches Problem gibt es in Finnland in dieser Dimension nicht. Aber dessen ungeachtet kann allein damit die wesentlich höhere budgetäre Belastung in Österreich nicht erklärt werden.

 

Ich würde meinen, man sollte auch eine noch umfangreichere und bessere Zusammenarbeit der einzelnen Gebietskörperschaften anstreben, auch bundesländerübergreifend, und sollte sich die Frage stellen, ob die Systeme, wie sie derzeit in Österreich auf den verschiedenen Ebenen der Gebietskörperschaften anzutreffen sind, noch zeitgemäß sind. Und letztlich sollte man sich wirklich die entscheidende Frage stellen, die auch die OECD uns gestellt hat: Gibt es nicht eine Möglichkeit, die Ausgaben- und die Aufgabenverantwortung in einer Weise zusammenzuführen, dass letztlich allen gedient ist, sowohl den Schülern als auch den Lehrern als auch der Schulverwaltung, und letztlich auch eine Entlastung des Budgets erfolgt?

 

Lassen Sie mich damit schließen und an die Verantwortung appellieren, die eben, wie ich in diesem Zusammenhang bereits erwähnt habe, von mehreren Gebietskörperschaften zu tragen, aber auch wahrzunehmen ist. Ich glaube, bei gutem Willen und bei guter Zusammenarbeit aller Gebietskörperschaften, die für das Schulwesen in Österreich Verantwortung zu tragen haben, sollte es gelingen, zu einer kostengünstigeren Lösung der gesamten Schulverwaltung und letztlich zu einem kostengünstigeren Schulsystem zu kommen. Wir alle könnten davon profitieren, und ich hoffe, dass dieser Appell an Sie nicht ungehört verhallt. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön, Herr Präsident. Sie dürfen versichert sein, viele Ihrer Ausführungen sind auch im Konvent ein sehr wichtiges Thema. Als Präsident des Konvents wissen Sie das

 

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