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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 134

 

hätte man eigentlich, meine sehr geehrten Damen und Herrn, mit einer Arbeitsmarktoffensive des Arbeitsministers Bartenstein rechnen müssen oder rechnen dürfen. Ich glaube, das kann doch jetzt nicht sozusagen eine bösartige Bemerkung sein.

 

Und dass der Bundeskanzler jetzt erst draufkommt, dass es das Problem der Jugendarbeitslosigkeit gibt und er jetzt erst einlädt, ist auch nicht gerade ein Zeichen des vollen Bewusstseins und des vollen Verständnisses für diese Situation.

 

Angesichts dieser Erwartungshaltung finde ich persönlich – vielleicht sehen Sie das anders – es bedrückend, wenn die Leiterin des Arbeitsmarktservices Wien mitteilt, dass sie trotz steigender Arbeitslosenzahlen mit dem gleichen Personalstand auskommen muss – da wird man sagen, das ist eine Effizienzsteigerung –, aber mit um 5 Prozent gekürzten Mitteln, meine sehr geehrten Damen und Herren. Steigende Arbeitslosigkeit wird vom Arbeitsminister mit einer Reduktion der Ausgaben für das Arbeitsmarktservice beantwortet. Und wie ich gehört habe – das eine, 5 Prozent weniger, weiß ich von ihr persönlich, das andere ist mir jetzt vermittelt worden –, fehlen noch einmal 150 000 EUR.

 

Also ich denke, das ist schon eine Tatsache, von der man sagen kann, das ist überraschend, und ich hoffe, dass Minister Bartenstein, der das ja eigentlich wissen müsste, darauf eine Antwort findet. Angeblich geht das auf Fehler in der Budgetierung zurück, aber das müsste sich doch eigentlich lösen lassen.

 

Wir hingegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, stocken 2004 aus unserem Budget die Finanzmittel für den ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds auf, und zwar wird der WAFF aus dem Budget 29,5 Millionen EUR erhalten, das sind um 5,5 Millionen EUR mehr, also Zusatzmittel, die für Arbeitsstiftungen, für die Förderung von Wiedereinsteigerinnen, für die Sicherung von Kursplätzen für jugendliche Arbeitslose eingesetzt werden sollen, die zusätzlich zustande gebracht werden. Das ist eine Mitfinanzierung nach dem Jugendausbildungssicherungsgesetz und vor allem auch für ein regionales Arbeitsplatz- und Lehrstellenvermittlungsprogramm, das wir modellhaft im Süden und im Norden der Stadt einführen wollen.

 

Ich denke, daraus wird klar: auf der einen Seite Reduktion der Mittel um 5 Prozent – hoffentlich können wir das noch ausgleichen –, auf der anderen Seite eine deutliche Aufstockung der Mittel.

 

Der WAFF, also der Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds, wird damit rund 5 000 Personen ein hochwertiges Beratungsangebot bieten, er wird mehr als 10 500 Personen bei der beruflichen Weiterbildung helfen und unterstützen können, und er wird 900 arbeitslose Personen über die Arbeitskraftüberlassung – das ist das so genannte "flexwork"-Projekt – und über Arbeitsvermittlung – "Jobchance" heißt dieses Projekt, Sie kennen das ja vermutlich alle – und durch Beschäftigungsprojekte direkt zu einem neuen Job verhelfen.

 

Und ich füge auch hier hinzu: Sollten zusätzliche Mittel notwendig sein, dann werden wir uns auch anstrengen, das noch aufzustocken.

 

Am 9. Dezember, also Anfang Dezember, wird der Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds auf Initiative und im Auftrag des Bürgermeisters eine Enquete zum Thema "Lehrausbildung in Wien" abhalten. Bei dieser Enquete wird von dem Lehrlingsbeauftragten der Bundesregierung, Prokurist Egon Blum, das Vorarlberger Modell eines Ausgleichsfonds vorgestellt werden, und es wird dann sozusagen überlegt werden, was adäquat eins zu eins für Wien übersetzt werden kann.

 

Ich denke, dass der zweite Arbeitsmarktgipfel der Wiener Sozialpartner, zu dem ich eingeladen habe und zu dem ich auch Bundesminister Bartenstein eingeladen habe, sich, aufbauend auf dieser Enquete, dann mit zwei weiteren Fragen beschäftigen wird, nämlich nicht nur mit der Frage, ob man dem AMS in dieser Situation nicht doch die Kürzung ersparen kann, sondern er wird sich auch mit der Frage der Lehrlingsstiftungen befassen und er wird sich mit der Frage beschäftigen, wie die Programme, die wir jetzt erarbeitet haben, auch unter dem Gesichtspunkt der Experten zu sehen sind. Ich denke, dass wir auf diesem Weg, so wie beim ersten Arbeitsmarktgipfel im Mai, zu einer positiven Weiterentwicklung kommen werden, aber es wird letztlich auch darum gehen, einmal zu erreichen, dass sich alle drei Bundesländer der Ostregion zu einem gemeinsamen Arbeitsmarktgipfel finden. Momentan gibt es nach meiner Einschätzung in Niederösterreich noch nicht dieselbe Begeisterung dafür, wie sie etwa Wien und das Burgenland haben.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir 2004 unsere bisher konsequent durchgeführte Politik der jährlichen Schuldenstandreduktion nicht im gewohnten Ausmaß fortsetzen werden können, sondern aussetzen müssen, um bei deutlich niedrigeren Einnahmen die stark steigenden Sozialausgaben, aber auch andere Ausgaben in der Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik bewältigen zu können. Aus diesem Grunde oder auch aus diesem Grunde werden wir unser Plansoll der Maastricht-Überschussgebarung budgetmäßig nicht voll darstellen können.

 

Es ist bekannt – das ist nicht neu –, im Voranschlag 2004 weisen wir einen Maastricht-Überschuss von 190 Millionen EUR statt 353 Millionen EUR aus, also deutlich weniger. Wir tun dies nicht leichtfertig – jeder, der mich kennt, wird wissen, dass das nicht nur sozusagen eine verbale Behübschung ist –, und wir können darauf verweisen, dass wir in den vergangenen Jahren, also allein in den ersten beiden Jahren der Laufzeit des Stabilitätspaktes, Hunderte Millionen Euro, die durch einen Rechnungsabschluss belegt sind – es sind 699 oder fast 700 Millionen EUR – an Überschuss erzielt haben, während der Bund im selben Zeitraum bereits etwas mehr als eine Milliarde an Neuverschuldung, an Defizit eingegangen ist.

 

Also man kann sich darauf berufen, dass wir bisher unser Bestes getan haben, um diese Überschussgebarung zustande zu bringen, und zwar haben wir das auch

 

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