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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 122

 

getroffen, um den Schuldenstand, wie in den vergangenen Jahren, abzusenken, sei es durch tatsächliche Rückzahlung oder durch spezifische Reservebildung. Wien hat jedenfalls, an der Bevölkerungszahl gemessen, den geringsten Schuldenstand im Vergleich mit österreichischen Städten aber auch im internationalen Vergleich mit europäischen Großstädten. Unser Schuldenmanagement der Stadt ist, wie man auch einem Bericht des Rechnungshofs entnehmen kann, vorbildlich und unbestritten. Ich füge hinzu, es ist nicht nur wichtig, dass uns der Rechnungshof das anerkennt, sondern viel wichtiger ist, dass das auch in den Kreditkonditionen seinen Niederschlag findet. So optimale Bedingungen Geld aufzunehmen, findet praktisch keine andere Stadt in Europa wie sie Wien auf Grund des qualifizierten, anerkannten Schuldenmanagements geboten werden. Wir sind auch in diesem Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, anders, denn entgegen allen Zusagen sind die Finanzschulden des Bundes seit dem Regierungsantritt von ÖVP und FPÖ nicht weniger geworden, sondern permanent gestiegen. 2003 werden 127,1 Milliarden EUR ausgewiesen und für 2004 muss der Finanzminister eine Größenordnung von 130,7 Milliarden EUR selbst zugestehen. Das ist ein gigantischer, exorbitanter Anstieg. Viele Experten sind der Meinung, dass es mit diesem Defizit nicht sein Bewenden haben wird. Darüber hilft dem Finanzminister keine, wie immer geartete, finanzierte Homepage hinweg.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Rechnungsabschluss 2002 weist Einnahmen von insgesamt 9,492 Milliarden EUR aus. 32,5 Prozent, nämlich rund 3 Milliarden sind die Ertragsanteile aus der gemeinschaftlichen Bundesabgabe auf Grund des Finanzausgleichs. In diesem Punkt - das soll einmal klar gestellt werden - sind wir unmittelbar von der Finanzpolitik des Bundes abhängig. Wir sind davon abhängig, wie er seine Steuerreform gestaltet. Wir sind davon abhängig, wie er diese Steuerreform finanziert. Es ist schon merkwürdig und auffallend, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass etwa im Jahr 2004 alle Bundesländergemeinden zu dieser Steuerreform ihren Beitrag substanziell leisten müssen, während der Bund mit einem Plus von über 27 Millionen EUR aussteigt. Warum? - Weil er jene Steuern erhöht, die er mit den Ländern und Gemeinden nicht teilen muss. Allein die Entwicklung bei der Mineralölsteuer mit 132 Millionen EUR im Jahr 2004 zeigt, um welche Größenordnungen es da geht.

 

Deshalb, Herr Klubobmann Tschirf, finde ich es eigentlich merkwürdig, sage ich einmal ganz freundlich, wenn Sie die Behauptung bejubelt haben, dass Wien zur Hälfte vom Bund finanziert wird. Sie haben da die U-Bahn-Mitfinanzierung und die Wohnbauförderung hineingerechnet, aber gemeint, wir würden uns da mit fremden Federn schmücken. Ich denke, Sie sollten, Herr Klubobmann, kurz einmal darüber nachdenken, wer denn eigentlich im Wesentlichen zum Steueraufkommen der Republik Österreich beiträgt. Der Wirtschaftsstandort und das Bundesland Wien zahlt an Steueraufkommen in den gemeinsamen Topf ein Vielfaches von dem hinein, was wir jemals herausbekommen. Unter dem Gesichtspunkt den Beitrag des Bundes zu bejubeln, ist einfach absurd, Herr Klubobmann! (Beifall bei der SPÖ. – GR Gerhard Pfeiffer: Das ist kein Vielfaches, das Doppelte!)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus Gebühren erzielt die Stadt 448 Millionen EUR und aus Leistungserlösen 612 Millionen EUR. Zusammen sind das 11 Prozent der Gesamteinnahmen. Die Einnahmen aus der Erhöhung der Müllabfuhr machten 2002 23 Millionen EUR aus. Das sind 0,24 Prozent der Gesamteinnahmen der Stadt. In dem Zusammenhang sozusagen von einer Gebührenlawine zu sprechen, ist schon sehr künstlerisch überhöht, aber wenn man das mit der Belastungswelle des Bundes vergleicht - ich sage Ihnen noch einmal, Mineralölsteuer 132 Millionen Einnahmen im Jahr 2004 und viele andere Erhöhungen -, dann ist es so, als ob man von einer Belastungswelle spricht und bei der Bundesbelastungswelle dann wahrscheinlich von einer Tsunamiwelle sprechen müsste, denn das sind ungefähr die Größenordungen, in denen wir uns hier bewegen. (GR Dr Matthias Tschirf: Wie ist das mit den 90 Prozent im Gaspreis?) Dazu kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ, die Novellierung des Altlastsanierungsgesetzes. Damit wird jetzt auch die Besteuerung der Verbrennung von Abfällen vorgesehen. Dafür müssen jetzt auch Entsorgungsbeiträge geleistet werden. Das verhindert auf der einen Seite, dass kalorische Entsorgungsmaßnahmen neu errichtet werden, schafft aber auf der anderen Seite zusätzliche Belastungen für jene Kommunen, die bereits auf die thermische Entsorgung des Mülls eingestiegen sind und trifft ganz besonders die Stadt Wien. Hier sind es geschätzte 7,8 Millionen EUR, die an Mehrbelastung entstehen. Es ist nicht überraschend, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Gemeindebund und Städtebund übereinstimmend zum Ergebnis gekommen sind, dass diese Novellierung abzulehnen ist, weil es dann letztlich durch Überwälzung auf die Bürger der Gemeinden und Städte wiederum zu einer Erhöhung der Müllabfuhr führen wird. Das ist die Realität und das sind die Reaktionen, wenn hier von Seiten der Opposition ununterbrochen von der so genannten Belastungswelle der Wiener Stadtregierung die Rede ist.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln hat die Stadt Wien nicht nur den laufenden Betrieb abgedeckt und sehr wesentliche Beiträge im Sozial- und Gesundheitsbereich geleistet, sondern die Stadt hat auch massiv im Interesse einer Konjunkturpolitik investiert, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Investitionen der Stadt haben im Jahr 2002 1,35 Milliarden EUR ausgemacht. Das sind um 7,7 Prozent mehr als im Jahr 2001. Zusätzlich gab es Investitionen der städtischen Unternehmungen in einer Größenordnung von 978 Millionen EUR. Die nachfragewirksamen Ausgaben, die ebenfalls für die Belebungen der Wirtschaft entscheidend sind, haben 2002 3,26 Millionen EUR ausgemacht. Das ist um 4,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Aufwendungen für das Bau- und

 

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