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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 81

 

Herrn Grois beziehungsweise von den Wiener Linien ausgeschickt wurde. Wenn in dieser Presseaussendung zu lesen steht, "In Wien dagegen steigt ein Bürger fast 600-mal pro Jahr in ein öffentliches Verkehrsmittel ein", dann fragt man sich: Was soll damit argumentiert werden? Wenn man es sich ausrechnet - und jetzt nehme ich absichtlich nur 1,2 Millionen Wienerinnen und Wiener und lasse wirklich Kinder und Jugendliche sogar einmal weg -, selbst wenn man es auf diese Zahl einschränkt, würde das heißen, dass jeder dieser 1,2 Millionen Wienerinnen und Wiener zweimal täglich die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt. Sie wissen, das stimmt nicht, ich weiß, das stimmt nicht. Es sind viele Touristen, es sind Menschen aus anderen Bundesländern. Aber warum steht es dann so hier drinnen? Ist das die Art und Weise, wie Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird? Öffentlichkeitsarbeit bei den Wiener Linien? Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadt Wien? Ist es das? Oder soll man in Wirklichkeit bestmöglich versuchen, alles Mögliche - ich sage einmal - durcheinander zu bringen, damit es nicht mehr so leicht ist, irgendwie relevante Gründe zu finden und sie auch zu kritisieren, warum eine Tariferhöhung zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv ist?

 

Zwei Punkte noch zu den Halbwahrheiten. Die zusätzlichen Einnahmen. Sie sprechen von 25 Millionen Einnahmen. Haben Sie bei diesen 25 Millionen kalkuliert, dass eine durchschnittliche Erhöhung von 10 Prozent dazu führen kann, dass der eine Wiener oder die andere Wienerin, Menschen aus Niederösterreich wieder umsteigen könnten aufs Auto? Dass die Wiener Linien tatsächlich durch eine Tariferhöhung Fahrgäste verlieren? Haben Sie das mit einkalkuliert? Oder glauben Sie allen Ernstes, dass es betriebswirtschaftlich rechtfertigbar ist, zu sagen: Wenn wir die Tarife erhöhen, dann steigt das Fahrgastvolumen?

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese 25 Millionen sind nicht nachzuvollziehen.

 

Und jetzt kommen wir zum letzten Punkt, der nur einmal ganz, ganz kurz in der Pressekonferenz von Dior Grois und StR Rieder aufgetaucht ist: Die Personalreduktion um bis zu 1 000 Personen bis 2010. Davon war nur in der Pressekonferenz zu hören. In den medialen schriftlichen Stellungnahmen sind die 1 000 Personen plötzlich nicht mehr aufgetaucht. Was allerdings nicht zu hören war, war ein Aufschrei der Gewerkschaft. Was nicht zu hören war, war ein Aufschrei der Belegschaft der Wiener Linien. Sie wollen durch natürlichen Abgang - das sagen Sie selbst - 12 Prozent weniger Personal bei den Wiener Linien haben.

 

Wir haben im Verkehrsplan einen angestrebten Modal Split von 45 Prozent. Die Wiener Linien weisen in ihrem Geschäftsbericht von 2000 33 Prozent Anteil aus. Wie wollen Sie um ein Drittel mehr Verkehrsleistung erbringen mit 12 Prozent weniger Personal? - Das, glaube ich, können Sie überhaupt niemandem erklären. Wie wollen Sie das schaffen?

 

Und warum die Gewerkschaft schweigt? - Ich kann mich noch erinnern, wie Kollege Hundstorfer in der letzten Sitzung herausgegangen ist und gesagt hat: Ja, jetzt entdeckt auch der Margulies die Gewerkschaft. Kollege Driemer, Sie sitzen ja da. Sie wissen, was es bedeutet, wenn plötzlich 12 Prozent weniger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen um ein Drittel mehr Leistung erbringen müssen. Sie wissen aber wahrscheinlich auch, dass das nicht möglich sein wird. Das heißt, entweder wird das angestrebte Ziel eines 45-prozentigen Modal Splits aufgegeben, das würde ich politisch für nicht verantwortbar halten zur Bewältigung des Stadtverkehrs, und wir alle wissen, was auf uns zukommt, oder die Pläne für die Ausgliederung und gänzliche Privatisierung weiterer Linien liegen bereits in den Schubladen der Wiener Linien und liegen bereits in Ihren Schubladen als Finanzstadtrat.

 

Schauen wir uns an; was das dann heißen würde: Noch mehr ausgegliederte beziehungsweise privat betriebene Linien? - Sie wissen, es gibt einen erhöhten Druck auf die Beschäftigten, einen erhöhten Leistungsdruck auf die Beschäftigten. Und Sie wissen auch, dass die Beschäftigten bei den privat betriebenen Linien schlechter bezahlt sind als jene bei den Wiener Linien. Und deshalb habe ich auch den Aufschrei der Gewerkschaft vermisst. Doch wenn es um die rote SPÖ geht in Wien, dann schweigt die Gewerkschaft leider nach wie vor.

 

Und ich denke, wir sollten auch versuchen, in diesem Bereich stärker Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Vielleicht gelingt es auch bei den nächsten Personalvertretungswahlen, in diese Richtung etwas zu bewegen. Denn nur dann, wenn es gegen Blau-Schwarz geht, stehen Sie auf. Wenn es gegen die eigene rote Stadtregierung ist, dann schweigen Sie. Das war immer so und das wird wahrscheinlich auch in Hinkunft so sein. (GR Godwin Schuster: Sie müssen umgekehrt sagen wogegen!)

 

Aber es geht auch anders. Ich möchte Ihnen das jetzt zeigen. (GR Godwin Schuster: Ihr nehmt es an!) Ja, lieber Godwin, es ginge anders. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist eine reine Spekulation!) Mit diesem Modell. Ich werde das Modell inklusive Finanzierung vorstellen. (GR Godwin Schuster: Was macht ihr mit den Beschäftigten, wenn es in die Richtung geht?) Das ist kein Problem. - Mit diesem Modell wäre es möglich - und ich sage es Ihnen jetzt auch gleich dazu: nicht allein durch eine Tarifsenkung, denn selbstverständlich bedarf es Attraktivierungs- und Beschleunigungsmaßnahmen -, den Modal Split tatsächlich auf 45 Prozent anzuheben.

 

Und es stimmt, Godwin: Unser Modell - und wir haben das auch immer gesagt, und deshalb habe ich den Kollegin Juznic in seiner Presseaussendung nicht verstanden mit "Milchmädchenrechnung" - kostet im ersten Jahr 60 Millionen EUR. (GR Godwin Schuster: Das stimmt nicht!) Godwin, schauen Sie, die 60 Millionen EUR. Wenn Ihre 25 Millionen EUR bei einer durchschnittlichen Tariferhöhung von 8,2 Prozent stimmen, dann stimmen auch unsere 59 Millionen EUR - das ist es genau, was wir errechnet haben - bei einer durchschnittlichen Reduktion um 17 Prozent. Das ist unser Vorschlag. Das stimmt dann. Einigen wir uns einfach darauf, dass es stimmt. Sie können nicht sagen, die 25 Millionen

 

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