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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 56

 

hätte: 4 Milliarden Investitionsvolumen, ausgelöst nur durch die öffentliche Hand, von Gebäuden, die in Ihrem Einflussbereich sind, kein einziger Schilling aus öffentlichen Mitteln, nur durch einen Kraftakt, eine Vorgabe. Was ist stattdessen passiert? - Einige löbliche Kleinstmaßnahmen im Minibereich da und dort und das tropft vom zeitlichen Ablauf her. Wenn man in dem Tempo weitermacht, sage ich, sind wir vielleicht im Jahr 2067 fertig, obwohl wir es sofort tun könnten. Es kümmert sich aber niemand darum und genau das ist mein Vorwurf! Mangelnde Politik, mangelnde Vorgaben, konkret im Ressort des Kollegen Faymann! Alle Studien liegen bereit, in Ihrem eigenen Haus haben Sie die Qualifikationen, aber es ist irgendwie mühsam. Es erinnert mich an diesen alten Spruch eines bekannten sozialdemokratischen Finanzstadtrats, der irgendwie signalisiert hat, ein wirklich wichtiger Mann versucht den Umsatz je Entscheidungsstunde zu maximieren. Ich habe irgendwie das Gefühl, das ist nach wie vor Ihre Vorgabe.

 

Die Summe der kleinen Maßnahmen, die notwendig wären, um zu diesem Aufbruch zu kommen, ist mühsam. Dazu muss man Strukturen verändern. Es ist nicht zack eine Autobahn oder zack eine U-Bahn. Jetzt nenne ich das bewusst so, weil diese großen Straßenbauinvestitionen besonders geringe Beschäftigungseffekte haben. Nicht alles, was hier gesagt wird, ist nämlich falsch. Wenn wirklich im Sanierungsbereich eine Investition gesetzt wird - da sage ich gar nicht, dass das nur mit öffentlichen Mitteln passieren muss -, wenn man sich gewisse Häuser anschaut, frage ich mich, ob nicht sehr wohl auch Ordnungspolitik im 15., im 16., im 10. Bezirk etwas tun könnte, um die privaten Hauseigentümer in die Verantwortung zu nehmen, nämlich entsprechende Sanierungsmaßnahmen zu setzen. Das würde kurzfristig beträchtliche Innovationen auslösen. Ich wäre sehr froh.

 

Ich spare mir jetzt einmal kurzfristig, weil ich sicher schätze, was diese Präzision betrifft, warum im Contracting nichts weitergeht, warum wir nicht für das kommende Jahr ein Maßnahmenpaket schnüren, das 1 bis 2 Milliarden S auf die Reihe schickt. Nicht, dass das die Wiener Arbeitslosigkeit löst. Dazu sind wahrscheinlich 150 derartige Maßnahmen notwendig. Aber an dem Beispiel sei nur exemplarisch festgehalten, dass so wenig passiert.

 

Ich bedaure, dass in den bisherigen Reden - weder von Ihnen, Herr Kollege Rieder, noch vom Kollegen Oxonitsch - von diesem zweierlei Maß abgegangen wurde, nämlich in Wien nicht die Verantwortung zu übernehmen und das Einzige, was einfällt, als Antrag zu bringen. Ich war wirklich gespannt, welchen Antrag die Sozialdemokratie als Symbol setzt. (GR Christian Oxonitsch: Weil wir es schon gemacht haben!) Wenn Sie es schon gemacht haben, haben Sie offensichtlich alles schlecht gemacht, wenn die Bilanz so aussieht! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn Sie schon alles gemacht haben, was heißt das dann, dass die Arbeitslosigkeit stärker als beim Bund steigt? - Das war jetzt ein besonders patscherter Zwischenruf, Herr Kollege Klubobmann Oxonitsch! Wenn Sie schon alles gemacht haben, warum steigt dann die Frauenarbeitslosigkeit am stärksten von allen neun Bundesländern? (GR Christian Oxonitsch: Das hat doch keiner gesagt! Schauen Sie im Protokoll nach!) Wenn Sie schon alles gemacht haben, warum steigt dann die Jugendarbeitslosigkeit um knapp 30 Prozent? - Vielleicht haben Sie manches falsch gemacht! Vielleicht haben Sie manches vergessen! Vielleicht reicht es nicht, mit einer einzigen Leier durch diese Stadt zu ziehen und immer nur zu sagen, der Bund ist schuld! (GR Christian Oxonitsch: Schaumschläger reichen auch nicht!) Auch weil es richtig ist, entlässt Sie das nicht aus Ihrer Verantwortung auf Grund Ihrer Arbeitsmarktpolitik! Dieser muss ich leider das Zeugnis "Nicht genügend" ausstellen! (GR Christian Oxonitsch: Das Thema ist mir zu ernsthaft für solche Scherze!) Auch hier ist es gut, wenn es bald nicht mehr die absolute Mehrheit in Wien gibt! - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau StRin Dipl Ing Dr Rothauer. Ich erteile es ihr.

 

StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich werde nicht mit einer Geschichte aus meiner Schulzeit beginnen. (VBgm Dr Sepp Rieder: Das ist ein Trauma für den Chorherr!) Ich beginne mit einem Zitat. Die Schulzeit ist für mich kein Trauma! (VBgm Dr Sepp Rieder: Nein, für ihn!) Das will ich nicht beurteilen, aber mir ist keine signifikante Geschichte aus meiner Schulzeit aufgefallen oder zumindest in der Schnelligkeit eingefallen. Ich beginne mit einem Zitat, weil das viel beziehungsvoller zu unserem heutigen Thema ist, mit einem Zitat aus "Der Presse" vom 18.1.2002. Hier steht wörtlich: "Um die Wirtschaft anzukurbeln, fordert Wiens Bürgermeister Michael Häupl rasche Steuersenkungen und massive Investitionen des Bundes."

 

Jetzt frage ich Sie, Herr Bürgermeister, denn Sie werden mich vielleicht über das Mikrofon oder über den Lautsprecher hören, oder vielleicht auch nicht, aber ich stelle die Frage: Warum sollten die Anforderungen an den Bund andere als an die Wiener Stadtregierung sein? Und warum - das haben wir gerade ausführlich auch vom Kollegen Chorherr gehört - ist das ganze Repertoire der Wiener SPÖ damit erschöpft, die Bundesregierung anzuschütten und sich selbst von der Verantwortung auszunehmen? - Gerade das fordern wir ein, nämlich eine aktive Regierungstätigkeit der SPÖ-Alleinregierung! Da genügt es nicht - das will ich jetzt gar nicht so ausführlich bringen wie Herr Kollege Chorherr -, dass man sagt, man hat gewisse Hausübungen gemacht, und immer wieder darauf besteht - ich bin jetzt doch wieder im Schulbereich gelandet -, dass die Hausübungen gemacht wurden, denn der Erfolg dieser Hausübungen will sich nicht einstellen. Wir müssen gerade als Politiker zur Kenntnis nehmen, dass das Urteil über unser Wirken mit dem Erfolg erfolgt und nicht anders. Nicht nur der Wähler beantwortet - wenn er dazu Gelegenheit bekommt - und beurteilt die Regierungspolitik, sondern auch die sachlichen Fakten. Die Arbeitsmarktdaten sind nun einmal so,

 

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