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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 101 von 121

 

Menge neue Probleme geschaffen, die wir dann lösen müssen.

 

Aber last but not least ist es auch aus Sicht einer Behindertenpolitik dringend erforderlich, den Schwerpunkt Richtung Sanierung zu verlagern und hier dafür zu sorgen, dass dort, wo Häuser saniert werden, entsprechende Maßnahmen getroffen werden, dass in diesen Häusern behindertengerecht ausgestattete Wohnungen entstehen. Denn derzeit haben wir zu-sätzlich in der Behindertenpolitik die Problematik, dass behinderte Menschen schon hervorragende Wohnungen bekommen, die dann dort sind, wo Neubauten vermehrt entstehen, das heißt am Stadtrand und wo sie dann mit zwei Problemen zu kämpfen haben.

 

Das eine ist die völlige Isolation, denn je größer die Anlage ist, desto schwieriger hat es der Mensch, dort Anschluss zu finden. Das zweite ist die massive Einschränkung ihrer Mobilität. Denn es ist nicht leicht, vom Stadtrand in die Stadt zu kommen, sei es beispielsweise weil man studiert oder weil man arbeitet und weil die Fahrtendienste, wie wir wissen, mit vielen, vielen Schwierigkeiten verbunden sind, auf die ich jetzt im Detail nicht eingehen möchte.

 

Ein nächster Punkt, wo dann noch vieles zu tun wäre, betrifft den Bereich Schule und Mehrsprachigkeit. Ich bin darauf bereits eingegangen bei meiner Rede anlässlich der Konstituierung des Wiener Gemeinderats und Landtags, also vor etwa zehn Monaten. Ich möchte jetzt darauf nicht im Detail wieder eingehen. Ich halte es für extrem verantwortungslos, dass durch diese Einsparungsmaßnahmen im Schulbereich gerade Kinder aus Migrantenfamilien schon leiden und darunter zu leiden haben werden und man sieht es auch derzeit, dass das in Wien bereits begonnen hat. Es gibt immer wieder Schulen, wo nun Fächer und Kurse gestrichen werden, die gerade für Kinder aus Migrantenfamilien notwendig sind. Also, da wird dann zum Teil eingespart bei denjenigen, die es am dringendsten notwendig haben.

 

Ich habe auch in der Vergangenheit betont und wiederhole es auch, ich denke, Wien muss hier den umgekehrten Weg gehen und nicht nur in das Erlernen der deutschen Sprache investieren, sondern vielmehr auch in den Bereich der Mehrsprachen, der vielen Mehrsprachen, Verzeihung, Muttersprachen, die diese Kinder von sich aus mitbringen. Und in diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass wir das Europäische Jahr der Sprachen haben und dass Wien nun, da hier Menschen inzwischen aus über 90 Ländern leben, ein würdiges Babel geworden ist, aber dass dieses Babel leider überhaupt nicht weiß, welchen Reichtum es in sich birgt, in sich trägt und wie man in diesen Reichtum investiert und wie man irgendetwas aus diesem Reichtum macht. Und so denke ich, wäre hier auch einiges zu tun, um viel viel mehr, wie gesagt, in alle diese Sprachen zu investieren, um daraus schöpfen zu können.

 

In diesem Zusammenhang wäre auch das Mainstreaming, wir sprechen vom Gender Mainstreaming, ich würde das nennen der Einfachheit halber, Sprachen Mainstreaming, in den Publikationen der Stadt Wien, zu nennen. Nach wie vor produziert die Stadt alles auf Deutsch und ich denke, eine Weltstadt sollte doch den Weg gehen, die eigenen klassischen traditionellen Medien, die sie hat, mehrsprachig zu gestalten. Es ist ein vollkommen anderes Image und ein vollkommen anderes Message, die dadurch an die Bevölkerung geht. Und wenn wir schon bei Mehrsprachigkeit und bei Babel sind, ich höre die Stadträtin protestiert ... (GR Dr Alois Mayer: Nein!) Nein, okay, gut. Nein, es hätte sein können, dass sie protestiert, weil es gibt tatsächlich auch ab und zu so kleine fremdsprachige Kolumnen, die am Rande erscheinen, das stimmt, aber ich spreche hier von etwas anderem und das wollte ich nur klarstellen.

 

Und wenn wir schon, wie gesagt, bei Babel sind, Babel on air gibt es auch nicht in Wien und da fordern wir auch schon länger die Förderung von freien Radios, weil hier natürlich die Möglichkeit bestünde, viel mehr Pluralismus in den Medien zu erreichen. Die wenigen Migranten-Sendeleisten und –Radiosendungen, die es derzeit gibt, zeigen, was alles möglich wäre. Soweit ich weiß, waren sehr viele von uns bereits dort zu Gast und haben das auch gern genossen und gern die Einladung angenommen, aber auch hier gibt es großen Nachholbedarf.

 

Ein Letztes noch schnell zur Kulturpolitik. Auch das ist heute, nein heute nicht, gestern diskutiert worden. Hier ist schon einiges investiert worden in den letzten Jahren, aber die Beträge waren sehr gering. Der Gesamtbetrag war gering und auch die Beträge, die an die jeweiligen Vereine und Initiativen ergangen sind, hielten sich auch meistens so bei durchschnittlich 50 bis 100 000 S. Ich denke, dass wir hier insgesamt viel mehr Mittel aufwenden sollten im Kulturbereich, um Kultur von und für MigrantInnen zu fördern, die immerhin ein großer Teil der Bevölkerung dieser Stadt sind.

 

Ich denke aber auch, dass wir es uns leisten könnten, einmal größere Projekte zu fördern, einmal etwas großzügiger umzugehen. Der Karneval der Kulturen ist vielleicht eine interessante Veranstaltung, die es auch in vielen anderen Städten gibt, aber da gäbe es noch einiges zu tun. Ich denke hier vielleicht an ein Festival der Weltmusik in Wien oder an ein offenes Haus der Weltkulturen in der Stadt, man könnte, wie gesagt, hier durchaus mehr machen.

 

Ein Antirassismus- und Antidiskriminierungsgesetz ist auch sehr oft von mir gefordert worden in den letzten Jahren und ich werde nicht müde zu wiederholen, dass man es bitte nicht verwechseln soll mit unserer Forderung an den Bund, doch endlich ein Antidiskriminierungsgesetz zu schaffen. Man weiß natürlich, dass wirksame Antidiskriminierung nur auf Bundesebene erreicht werden kann. Nichtsdestotrotz ist es erforderlich, dass Länder und Gemeinden auch eigene solche Gesetze beschließen. Überall dort, wo es eine Tradition gibt in der Antidiskriminierungsge-

 

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