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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 121

 

bei der Katharinengasse nicht wieder passiert, wo manche kommen, manche gehen und manche drinnen sind.

 

Was die Zusammensetzung der Jury betrifft, geht es darum, wirklich eine entsprechende Anzahl von Architektinnen und Architekten drinnen zu haben, um sehr wohl auch auf qualitätsvolle Architektur Rücksicht zu nehmen und auf etwas, was bisher im Bereich der Planung eine zu geringe Rolle gespielt hat. Das ist die gesamte Diskussion um den Freiraum.

 

Hier erlaube ich mir, nur in Bezug darauf ein aktuelles Beispiel herzunehmen. Das betrifft die Freiraumgestaltung vor dem Museumsquartier. Man kann unendlich lange darüber diskutieren - da haben wir auch grün-intern durchaus unterschiedliche Anschauungen -, wie man das gesamte Projekt bewertet und begutachtet, ob man es gut findet, einen Würfel da, das Museum dort, den Ausgang in den 7. Bezirk und so weiter. Da gibt es Berufenere und es diskutieren ohnehin alle darüber, auch alle internationalen Medien.

 

Aber so, wie man an den Freiraum herangegangen ist: War da ein eigener Wettbewerb? - Man hat das Gefühl - auch bei aller Wertschätzung der Architekten -, das ist irgendwie nebenbei gelaufen. Es stehen dort diese hübschen - oder eigentlich gar nicht hübschen - kleinen Bäumchen, die vielleicht große werden, oder auch nicht. Hallo, was ist denn das für ein Freiraum? Ist nicht genau das eines der großen Defizite, dass Freiraum so definiert wird - auch in der Planung und im Wohnbau, das hängt ja zusammen -: Freiraum ist das, was übrig bleibt, sowohl an Geld als auch an Aufmerksamkeit? - Freiraum ist aber das, wo sich Menschen in der Regel bewegen!

 

Ein anderes Beispiel ist der Freiraum Leberberg. Wir haben ihn uns genau angesehen. Dort gab es ein einziges hohes Interesse der Bezirksvertretung: Dort ist ein schönes Marterl am Hauptplatz des Leberbergs. Der Bezirk hat verständlicherweise wie ein Löwe darum gekämpft, dass das Marterl stehen bleibt. Jetzt steht dort ein Marterl, das ungefähr so hoch ist, und einen halben Meter daneben - Freiraum-Qualität! - hat WIENSTROM einen Riesen-Umspannkasten hingestellt. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Darum kümmert sich niemand, das steht auch in keinem Plan drin. Das passiert, wenn man Freiraum nicht erst nimmt.

 

Oder in Architektenjury die berühmten, gepriesenen Durchgänge und Sichtbeziehungen, die penibel in den Juryprotokollen seziert werden: Dort kommen dann die Auslassgebläse der Garagen hin. Ich könnte Ihnen Dutzende Beispiele dafür nennen; wenn man das liest, ist es wirklich spannend. Ich empfehle Ihnen, das einmal an einem Wochenende zu tun: Nehmen Sie ein Juryprotokoll her, gehen Sie durch die Freiräume und schauen Sie, was alles dort steht, nämlich alle die Dinge, auf die man gerne vergisst: Einbauten, Ausfahrten - ich erspare mir heute die Garagen, Ehrenwort! Es wird noch genügend Gelegenheiten geben, über Garagen zu diskutieren.

 

Insofern sind auch in die Jury qualifizierte Menschen zu setzen, die Freiraumgestaltung ernst nehmen und auch Erfahrung damit haben. So etwas wie der Vorplatz des Museumsquartiers wäre in Frankreich undenkbar! Darauf entsprechend Wert zu legen, ist uns ein großes Anliegen. Auch darauf, darüber zu diskutieren, wer internationale - ja, FPÖ! -, vielleicht französische Experten sind, die Erfahrung über Jahrzehnte haben, wäre wirklich Wert zu legen.

 

So viel ganz kurz zu unserem Antrag auf Totalreform der Architekturwettbewerbe, für die es, noch einmal, unterschiedliche qualitätssichernde Verfahren gibt. Aber ein qualitätssicherndes Verfahren soll der Regelfall sein, weil - noch einmal dieser ideologische Ausgangspunkt - Bauen in der Stadt ein öffentlicher und kein privater Akt ist. Das zu diesem Antrag und ich werde mir erlauben, in Gesprächen, die wir vielleicht führen können und führen werden - auch mit dem Planungsdirektor, auch mit anderen Verantwortlichen der Stadt und mit dem Stadtrat -, darauf entsprechend Rücksicht zu nehmen.

 

Ein weiterer Kernpunkt ist die grundsätzliche politische Herangehensweise an den Stadtentwicklungsplan. Ich würde gerne von Ihnen - wenn es geht heute, aber es kann auch ein anderes Mal, nämlich im Herbst, sein - die Prinzipien hören, nach denen Sie den Stadtentwicklungsplan angehen. Das soll sinnvollerweise einige Jahre dauern. Was soll da anders sein, als zum Beispiel im STEP 1984?

 

Werden wir wieder - ich sage das bewusst so - Entwicklungsachsen würstchenartig rot einfärben - sozusagen so: dort wird verdichtet, überall, wo ein rotes Würstchen ist, passiert etwas -, aber überhaupt nicht auf etwas Rücksicht nehmen, was die Stadt ausmacht? - Das ist nämlich Differenz. (StR Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Ein "rotes Würstchen" ...! - GR Gerhard Pfeiffer: ... Wortspiel!) - Es gibt auch grüne Würstchen, es gibt auch viele schwarze Würstchen. Ich habe mir erlaubt, das in der Planungsdebatte einmal nicht politisch zu verstehen.

 

Worauf ich hinweisen möchte, ist die Gleichbehandlung der verschiedensten Gebiete der Stadt. Es ist etwas anderes, ob man im 7. oder im 6. Bezirk baut oder aber in einem Neubaugebiet, in einem Gebiet, in dem es vielleicht etwas zu verdichten gibt. Oder nehmen wir das spannende aktuelle Areal des Schlachthofs St. Marx her, wo wir meiner Ansicht nach dazu kommen sollten, Differenzen der Stadt auch verbal zu beschreiben.

 

Das würde vieles vielleicht auch demokratischer machen, wenn es nicht ein Stadtentwicklungsplan oder Flächenwidmungsplan wäre, der, würde ich einmal sagen, von 0,2 Prozent der Bevölkerung gelesen werden kann, bei all den komplizierten Bebauungsbestimmungen. Ich möchte hier keinen Test derart machen, 100 Gemeinderäten einen Flächenwidmungsplan vorzulegen und zu sagen: Jetzt erklärt mir ganz genau, was das alles heißt, was ihr da beschließt! - Ich nehme mich da selbst nicht aus. (GR Gerhard Pfeiffer: Werden nicht viele können!)

 

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