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Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 89

 

Vielen Dank für den sehr ausführlichen Bericht, den wir sehr interessiert gelesen haben. Vielen Dank auch für die Arbeit des Verwaltungsgerichts, aller Richter, Laienrichter und vor allem auch der Rechtspfleger!

 

Wie man im Bericht gesehen hat, war ja im letzten Jahr durchaus viel zu tun, beziehungsweise der Aufwand des Verwaltungsgerichts steigt ja, und die Arbeitsbelastung ist bestimmt enorm. Auch wenn man sich im österreichweiten Vergleich anschaut, dass 43 Prozent der getroffenen Entscheidungen in Wien gefällt werden, aber nur 26 Prozent der Richter am Verwaltungsgericht in Wien sind, dann ist es schon noch die Frage, ob die Mittelaufteilung richtig und auch aufgabenorientiert stattfindet. Hier sehen wir eine Asymmetrie von Mitteln, die zur Verfügung stehen, und Arbeitsaufwand, der getätigt wird.

 

Dementsprechend ist es ohnehin positiv erstaunlich, dass die Verfahrensdauer noch relativ gut ist. Meine Befürchtung ist da allerdings, dass dann, wenn die Mittel nicht mittelfristig aufgestockt werden - das ist ein Appell an die Politik, an uns -, die Verfahrensdauer natürlich länger werden wird, beziehungsweise falls sogar Einsparungen stattfinden würden, dies auch eine große Gefahr für das Verwaltungsgericht darstellen könnte.

 

Ich möchte nicht auf die vielen Einzelfallentscheidungen eingehen, weil ich es nicht als Aufgabe der Politik erachte, Entscheidungen des Gerichtshofs hier zu kommentieren; es ist auf jeden Fall sehr gut, dies auch zu lesen. Aber was schon eine Aufgabe der Politik ist, ist die Frage der Richterbestellung, die wir uns alle gemeinsam auch stellen sollten. Denn im Sinne einer Gewaltenteilung ist es von grundsätzlichem Interesse, dass die Gerichtsbarkeit getrennt ist von der Exekutive, und das ist in diesem Fall nicht gegeben, wie man im Sommer des vergangenen Jahres ja auch gesehen hat. Da ist das auch medial thematisiert worden.

 

Es gab eben vier Nachbesetzungen, die zu tätigen waren, und der Personalausschuss kann ja Dreiervorschläge abgeben. Dies wurde auch gemacht, das heißt, es gab vier Dreiervorschläge mit zwölf Namen. Es ist dann allerdings nur eine dieser Personen genommen worden, was für mich eigentlich schon sehr fragwürdig ist, weil ja die Landesregierung das bestellen kann. Aber wenn es schon einen Dreiervorschlag gibt, dann sollte zumindest eine Person aus dem Dreiervorschlag genommen werden. Zumindest ist dies Usus in vielen anderen Institutionen. Da ist es schon fragwürdig, dass dann eine andere Person dafür gefunden wird.

 

Dementsprechend kritisiere ich also stark diesen Modus, dass hier die Landesregierung vorschlagsberechtigt ist beziehungsweise die Magistratsdirektion und die natürlich weisungsgebunden ist beziehungsweise politisch verantwortlich der Landesregierung gegenüber ist. Hier sehe ich ein demokratiepolitisches Problem, eine fehlende Gewaltenteilung, und hier wäre schon auch anzudenken, ob man nicht die Richterbestellung unabhängig vom Magistrat und auch von der Landesregierung macht. In vielen anderen Gerichten gibt es da zum Beispiel Personalsenate, die entscheiden. Das wäre aus unserer Sicht auf jeden Fall die bessere Lösung.

 

Was für uns auch ein wichtiger Aspekt wäre, wäre der, dem Verwaltungsgericht auch noch mehr Autonomie und Eigenständigkeit zu geben. Zum Beispiel in finanziellen Angelegenheiten ist es ja noch immer Teil des Magistrats und hier der Rechnungsposten. Ein eigenes Budget wäre sicherlich sinnvoll, um dem Verwaltungsgericht noch mehr Spielraum und auch Selbstständigkeit zu geben.

 

Trotz dieser Unzulänglichkeiten von der Politik sehe ich eine hervorragende Arbeit des Verwaltungsgerichts. Ich sehe nicht, dass das von zu großem Einfluss ist, aber für die Zukunft, denke ich, wäre es wichtig, hier eine saubere Gewaltenteilung auch durchzuziehen. Ihnen und dem Verwaltungsgericht Wien alles Gute auf dem weiteren Weg! Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Ulm.

 

13.38.55

Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Präsident des Verwaltungsgerichtes Wien!

 

Es ist schon ein sehr beeindruckender Bericht, den Sie uns da heute haben vorlegen können, und aus meiner Sicht aus zwei Gründen sehr beeindruckend: weil unter personell beschränkten Verhältnissen eine ausgezeichnete Arbeit geleistet worden ist und weil der Bericht sehr deutlich ausspricht, wo noch Verbesserungen zu setzen wären, um die Arbeit des Gerichtes noch effizienter zu machen.

 

Es ist ja ein nicht immer friktionsfreies Verhältnis gewesen in der Vergangenheit zwischen der Stadt Wien beziehungsweise dem Magistrat und dem UVS beziehungsweise jetzt dem Verwaltungsgericht Wien. Warum ist dieses Verhältnis so sensibel? Warum muss man so genau auf die Unabhängigkeit dieser Behörde dringen? Und warum ist die Trennung der Angelegenheiten zwischen der Justiz und dem Magistrat so wichtig, wie es auch mein Vorredner gesagt hat?

 

Weil diese Behörde, weil dieses Verwaltungsgericht über Entscheidungen des Magistrats zu befinden hat! Es ist natürlich alles andere als der Unabhängigkeit des Gerichtes zuträglich, wenn die überprüfte Behörde Einfluss auf die prüfende Behörde nehmen kann.

 

Um welche Angelegenheiten handelt es sich? Es geht hier um Rechtsmittel gegen Bescheide der Polizei, aber in erster Linie um Entscheidungen des Magistrats, die überprüft werden. Es geht um Verkehrsstrafsachen - ruhender Verkehr, fließender Verkehr, Führerscheinsachen -, Ausländerbeschäftigung, Sozialversicherung, Gewerberecht, Baurecht, Sozialhilferecht, Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrecht, Dienst- und Disziplinarrecht, Vergaberecht, Maßnahmenbeschwerden.

 

Sie sehen, da geht es an die Substanz jener Dinge, mit denen die Stadt Wien regelmäßig beschäftigt ist. Nicht immer sind die Entscheidungen einwandfrei, das zeigt auch die Statistik. Das Verwaltungsgericht Wien anzurufen, ergibt relativ einen Erfolg für den Beschwerdeführer in Verwaltungsstrafverfahren fast in der Hälfte aller Beschwerdefälle. In 20 Prozent der Fälle kommt es zu einer Einstellung des Strafverfahrens, zu einer Herabsetzung auch in 20 Prozent, zu einer Verjährung in 2,86

 

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