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Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 89

 

sogenannte präventive Menschenrechtskontrolle. Dafür möchte ich mich namens der SPÖ-Fraktion bei der Volksanwaltschaft und dem gesamten Team auch ganz herzlich bedanken! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sie kontrollieren flächendeckend und regelmäßig sowohl öffentliche als auch private Einrichtungen, die, wie Sie im Bericht schreiben, als Orte der Freiheitsentziehung gelten. Denn eine erhöhte Gefahr von Misshandlungen, wie Sie ausführen, besteht insbesondere dort, wo Menschen durch Freiheitsentzug der Gewalt staatlicher oder mit staatlicher Duldung privater Akteure in besonderem Maße unterworfen und gleichzeitig dem Blick einer kontrollierenden Örtlichkeit entzogen sind. Daher ist diese Tätigkeit besonders hoch einzuschätzen. Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen sind natürlich Menschenrechtsverletzungen, die die Menschenwürde, den Körper und die Seele gleichermaßen zerstören. Wie der Bericht 2015 auch zeigt, besteht eine erhöhte Gefahr, dass sich solche Risiken verwirklichen, insbesondere dann, wenn etwa die bereitgestellten Ressourcen für menschenwürdige Unterbringungen und Betreuungsleistungen unzureichend sind oder als disponibel angesehen werden. Sie sind in diesem Bericht sehr bewusst über Einzelfälle hinausgegangen und haben versucht, strukturellen Missständen nachzugehen, wie Sie in Ihrem Bericht auch schreiben, dass ein Staat, der Menschenrechte achtet und Folter, Gewalt und erniedrigende Zustände verhüten will, eben weit mehr tun muss, als die in seinem Gewahrsam befindlichen Menschen am Leben zu erhalten.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein großer Teil des Berichtes setzt sich auch mit der Betreuung, mit der Versorgung älterer Menschen auseinander. Die Volksanwaltschaft weist auch darauf hin, dass die Arbeit mit älteren Menschen, die Betreuung und Hilfe bedürfen, auch für jene, die in der Pflege tätig sind, physisch und psychisch sehr belastbar sein kann und dass die Überlastung oder Überforderung des Pflegepersonals ein Hauptrisikofaktor für Gewalt gegenüber Bewohnerinnen und Bewohnern sein kann. Das wird allgemein grundsätzlich in dem Bericht festgestellt, um dann auf europaweite Daten beziehungsweise Daten der Weltgesundheitsorganisation einzugehen. Im Bericht habe ich konkret keine Daten über Österreich gesehen. Aber alleine die Daten der WHO müssen bestürzen, wenn davon ausgegangen wird, dass 2,7 Prozent der älteren Menschen in Europa jährlich Opfer von physischer Gewalt werden. Das entspricht rund 4 Millionen Menschen in Europa, die 60 Jahre oder älter sind. Der Anteil jener älteren Menschen, denen psychische Gewalt widerfährt, liegt mit rund 19,4 Prozent, das sind rund 29 Millionen Menschen, sogar noch deutlich höher. Dieses Thema wird, alleine schon auf Grund der demographischen Entwicklung, und da teile ich auch die Einschätzung der Volksanwaltschaft, natürlich noch an Bedeutung gewinnen und brisanter werden, auch wenn ich noch einmal darauf hinweisen möchte, dass Daten für Österreich hier nicht vorhanden sind, aber das Problem auch angesprochen wurde.

 

Der Umgang mit Schmerzen ist auch ein Bereich, dem sich die Volksanwaltschaft im Gesundheitskapitel widmet, der insbesondere auch in Pflegewohnhäusern relevant ist. Ich bedanke mich auch dafür, dass in diesem Bericht dieses Thema angesprochen wird, weil vielfach auch die Meinung vertreten wird, dass das Auftreten von Schmerzen eigentlich ein automatisches Begleitsymptom des Älterwerdens ist, damit oft diese Zustände hingenommen werden und konkrete Möglichkeiten der Reduzierung beziehungsweise der Verhinderung von Schmerz nicht genutzt werden. Daher ist es besonders wichtig, bereits im Bereich der ärztlichen und auch der pflegerischen Ausbildung die Schmerzvorsorge, die in vielen Bereichen unzureichend ist, in den Mittelpunkt zu stellen. Für Wien darf ich ergänzen, dass dieses Thema in den Wiener Pflegewohnhäusern eine besonders hohe Relevanz hat und daher im Rahmen der Aus- und Weiterbildungsprogramme des Krankenanstaltenverbundes die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur über den jeweils wissenschaftlichen Letztstand informiert werden, sondern auch für die Bereiche Schmerzerkennung, Schmerzeinschätzung, Linderung und Behandlung entsprechend sensibilisiert werden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Volksanwaltschaft weist darauf hin, dass einzelne Kommissionen im Berichtsjahr 30 Anstalten, darunter 19 psychiatrische und 11 somatische Kliniken beziehungsweise Abteilungen in ganz Österreich besucht haben.

 

Ich möchte zwei konkrete Bereiche aus Wien ansprechen, wo etwa eine Kommission in Wien festgestellt hat, dass hochbetagte Patientinnen und Patienten auch ohne medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung noch längere Zeit im Krankenhaus bleiben, weil sie ohne die Sicherung nachgehender Pflege nirgendwohin entlassen werden konnten. Das ist ein ganz wesentlicher Bereich, mit dem wir uns in diesem Hause auch immer wieder beschäftigt haben. Deshalb wird im Rahmen eines Pilotprojektes eine vereinfachte Antragstellung und Bewilligung von Förderanträgen auf Kurz- und Langzeitpflege erprobt. Das muss man sich anschauen, ob es zu einer Verbesserung führt und dann entsprechend evaluiert werden muss.

 

Das zweite konkrete Beispiel, das auch immer wieder Thema vor einigen Jahren im Gemeinderat und im Landtag war, war die sogenannte Verwendung von psychiatrischen Intensivbetten, unter dem Namen Netzbetten bekannt, wo das Bundesministerium für Gesundheit im Juli 2014 per Erlass dies für unzulässig erklärt hat und den Krankenanstalten und Heimträgern eine Übergangsfrist bis 1. Juli 2015 eingeräumt wurde.

 

Hier hält die Volksanwaltschaft fest, dass die Kommission bei den Besuchen feststellen konnte, dass dieser Erlass zur Beendigung des Einsatzes von Netzbetten von den verantwortlichen Rechtsträgern fristgerecht umgesetzt wurde.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend noch kurz zum Thema der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die von mehreren Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen wurde, wo insbesondere auch die Volksanwaltschaft darauf hinweist, dass der bestehende

 

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