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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 30.03.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 94

 

offizielles Gremium fehlt uns leider. Die bestehenden Strukturen, die es jetzt schon gibt, sind meines Erachtens ein bisschen unzureichend. Das war letztes Jahr bei der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan auch nicht anders.

 

Aus diesem Grund bringen wir heute den Antrag ein, in dem wir die Stadt Wien dazu auffordern, einen Friedensrat mit Vertreterinnen und Vertretern aus allen im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien einzurichten. Der Friedensrat soll bei Bedarf einberufen werden, um akute Geschehnisse zu diskutieren und das weitere friedenspolitische Vorgehen zu besprechen. In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung über diesen Antrag.

 

Ja, wir sind nicht nur für ein rasches Krisenmanagement und für Friedensförderung gewählt worden, sondern auch dafür, dass wir gesellschaftliche Schieflagen beseitigen sollten - statt hier gegen Geflüchtete zu hetzen beziehungsweise zwischen Geflüchteten zu differenzieren. Zu diesen gesellschaftlichen Schieflagen zählt auch die Situation im Hinblick auf ein menschenwürdiges Wohnen. Mittlerweile hören wir aus allen Ecken, dass in Wien quantitativ und auch qualitativ geeignete Wohnplätze fehlen. Und man muss auch sagen, dass hier die Aufteilung nur schleppend dahingeht.

 

Aus diesem Grund stellen wir auch den Antrag, in dem wir die zuständigen Stellen der Stadt Wien dazu auffordern, Leerstände für weitere Notquartiere sowie für mittel- bis langfristige Unterkünfte für Schutzsuchende aus der Ukraine insbesondere im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu sondieren, damit adäquat ausgestattete Notquartiere sowie adäquat ausgestattete mittel- bis langfristige Unterkünfte in ausreichender Anzahl rasch und nachhaltig zur Verfügung gestellt werden. In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung dieses Antrages.

 

Danke für die Aufmerksamkeit, und ich hoffe auf eine breite Unterstützung. Ja, wir beziehen Position. Wir beziehen Position, indem wir sagen, wir stellen uns auf die Seite des Friedens und nicht auf die Seite des Krieges. Wir beziehen Position, indem wir sagen, wir stellen uns auf die Seite der Demokratie, anstatt demokratiefeindliche Despoten zu dulden. Ich rede jetzt bewusst in Richtung der FPÖ, denn damals, als Sie Putin hofiert haben, als Sie den türkischen Außenminister Cavusoglu hofiert haben, stand das Außenamt unter FPÖ-Leitung. Sie haben diese Despoten geduldet. Während sie gleichzeitig völkerrechtswidrige Angriffe getätigt haben, haben Sie kein einziges Wort gesagt, Sie haben nicht einmal den Mund aufgemacht - und heute regen Sie sich über die Geflüchteten auf, heute machen Sie Unterschiede zwischen den Geflüchteten. Wenn Sie schon Verantwortung übernehmen wollen, dann hätten Sie damals den Mund aufmachen sollen.

 

Es hat mich wirklich überhaupt nicht überrascht, dass Sie jetzt bei diesem Antrag nicht mitgehen, denn etwas anderes war von der FPÖ nicht zu erwarten. Die FPÖ war immer das: Sie stand immer neben demokratiefeindlichen Gruppen, Politikern und Politikerinnen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Taborsky. Ich erteile es ihm.

 

13.20.23

GR Hannes Taborsky (ÖVP)|: Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Es ist schwierig, eine Rede zum Thema Krieg in Europa zu halten, aber ich möchte kurz noch mit einer Korrektur beginnen, die mir Herr GR Kowarik fast weggenommen hat: Ich war etwas verwundert, als sein Vorredner von der FPÖ darüber gesprochen hat, dass dies ein Konflikt am Rande Europas ist. Ich bin sehr froh darüber gewesen, dass das richtiggestellt wurde, denn es ist ein Konflikt in der Mitte Europas, meine sehr verehrten Damen und Herren. Denn Lemberg, das heute schon ein paar Mal genannt wurde, liegt näher bei Wien als Vorarlberg, und der Ural ist von dort 3.000 km entfernt - und das ist die Grenze Europas.

 

Es ist ein Krieg bei unseren Nachbarn, und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gehöre zur Generation - auch das wurde heute schon ein paar Mal angemerkt -, welche den Vorzug hatte, in Frieden aufzuwachsen - Krieg war für mich ein Thema aus den Zeitungen und aus dem Fernsehen -, eine Generation der Friedensdividende, wie man das so schön genannt hat. Was war das? - Das Ergebnis der Leistungen unserer Eltern und Großeltern, welche nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und den Lehren aus dem Versagen der Nachkriegsordnung des Ersten Weltkriegs eine neue Weltordnung gebaut haben, eine UNO, eine Europäische Union, welche uns allen ein Leben in Frieden und Wohlstand im Zentrum Europas ermöglicht haben.

 

Eine Warnung, dass das doch nicht so ganz selbstverständlich ist, war bereits der bereits angesprochene Jugoslawien-Konflikt, welcher mit Massakern und Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen mitten in Europa erst durch eine NATO-Intervention gestoppt werden konnte. An den Nachwirkungen leiden wir und leidet der gesamte Balkan bis heute. Österreich ist Nachbar dieser Staaten, und deshalb kann uns ihre Entwicklung nicht egal sein.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir engagieren uns dort auch militärisch, denn unsere Neutralität bedeutet nicht, dass uns das Schicksal der Menschen, welche bedroht werden, egal ist. Österreich leistet militärische Unterstützung bei Friedensmissionen am Balkan, in Mali, im Libanon und in Israel und an vielen anderen Plätzen. Warum ist das wichtig? Es wurde ja heute hier auch bereits viel über Neutralität gesprochen, und es ist nicht unwesentlich für uns, dass wir uns engagieren, dann wenn es um Frieden und Friedenssicherung geht.

 

Am 24. Februar 2022 hat auf Befehl von Präsident Putin die Russische Föderation einen beispiellosen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Welche Gründe auch immer von Präsident Putin angeführt werden, sie können niemals diesen Krieg entschuldigen. Unsere Position muss eindeutig auf der Seite des Rechts sein - und nicht auf der Seite des Rechts des Stärkeren. Gerade für Österreich ist das wichtig, denn wir sind ein kleines Land in der Mitte Europas mit 8,5 Millionen Einwohnern, und wenn das Recht des Stärkeren siegt, dann sollte uns das zu denken geben.

 

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