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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 99

 

der Stadt Wien, insbesondere des Historischen Museums, von den Einrichtungen des Bundes. Denn der Bund konzentriert sich auf die Feststellung, aus welchen Bereichen die Objekte und aus welchen Sammlungen sie kommen. Wir in der Stadt Wien forschen auch nach dem Schicksal der betroffenen Menschen beziehungsweise deren Erben. Das ist natürlich eine sehr zeitaufwändige Tätigkeit, die auch sehr viel Recherchenarbeit voraussetzt. Diese Recherchenarbeit reicht von Aid-society Holocaust-survivors in Middlesex in Great Britain bis hin zum Dokumentationsarchiv des Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes, selbstverständlich auch vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands bis hin zum Simon-Wiesenthal-Center in Los Angeles und dem Holocaust-Memorial in Washington. Also ein Zeichen

 

auch dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das sehr ernst nehmen. Und das ist sicher auch ein Grund, warum das International Steering-Committee für jüdische NS-Verfolgte in und aus Österreich sowie der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus dem Historischen Museum trotz guter Zusammenarbeit bei der äußerst schwierigen und Zeit raubenden Suche nach Erben auf insgesamt vier Kontinenten - es wurde bereits erwähnt - nur wenig helfen konnten.

 

Gerade diese Recherchenarbeit, dieses intensive Aufsuchen von potenziellen Betroffenen, aber auch deren Erben, sowie Spuren, die zu diesen Erben führen, ist eine Besonderheit, in der sich die Tätigkeit der Stadt Wien auch von jener des Bundes unterscheidet. Diese Tätigkeit ist eine nicht nur österreichweit anerkannte, sondern auch eine international sehr geschätzte. Es gibt zahlreiche sehr positive Anmerkungen von internationalen wissenschaftlichen Einrichtungen, auch von offiziellen Stellen, die das entsprechend würdigen.

 

Deshalb möchte ich mich auch dem bereits geleisteten Dank anschließen, den der Herr Stadtrat bereits ausgesprochen hat an die Mitglieder der Restitutionskommission, an die Mitglieder des Historischen Museums, des Archivs und der Bibliothek und in ganz besonderer Weise auch dem Restitutionsbeauftragten des Historischen Museums Dr Peter Eppel, der heute auch bei uns ist und dem ich ganz besonders herzlich danken möchte. (Beifall bei der SPÖ und bei der ÖVP und des GR Mag Christoph Chorherr.)

 

Abschließend noch die Auseinandersetzung zu den beiden vorliegenden Beschluss- und Resolutionsanträgen, die von den GRÜNEN eingebracht worden sind. Ich habe jetzt versucht, sehr umfassend darzustellen, aus welchen, aus unserer Sicht heraus guten Expertinnen und Experten die Restitutionskommission besteht. Wir sehen deshalb auch keine Notwendigkeit, von der Zusammensetzung dieser Kommission abzugehen.

 

Zum anderen sind wir auch der Meinung, dass der Bericht ein sehr guter Bericht ist, dass die Anregungen, die Sie nachträglich getroffen haben, Frau GR Ringler, für die Zusammenstellung des nächsten Berichts, zweifellos eine Rolle spielen können, dass es Anregungen sind, die - so wie viele Anregungen, die jetzt auch noch folgen werden in den nächsten Monaten - zweifellos auch die Tätigkeit des Restitutionsbeauftragten mit beeinflussen werden. Ich bin überzeugt, dass er diese Anregungen auch aufgreifen wird.

 

Deshalb werden wir diesen beiden Beschluss- und Resolutionsanträgen nicht näher treten.

 

Ich möchte Sie aber trotzdem, Frau GR Ringler, und alle Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN ersuchen, noch einmal darüber nachzudenken, ob es nicht Sinn macht, auch diesem Bericht zuzustimmen, trotz mancher inhaltlicher, ich will gar nicht sagen anderer Meinungen, denn ich bin überzeugt, die Ergebnisse in der Beantwortung dieser 60 Fragen werden sich mit Ihren Vorstellungen decken. Aber ich denke doch, dass dieses Informationsdefizit, das Sie orten, Sie nicht veranlassen sollte, diesen Bericht nicht zu unterstützen.

 

Ich denke, es macht Sinn, dass die Stadt Wien gerade in dieser wichtigen sensiblen Frage geschlossen auftritt, damit nicht der Funken eines Eindrucks entsteht, dass es hier parteipolitische Auseinandersetzungen in dieser wichtigen Frage gibt, die nicht nur für uns in Wien, sondern die auch von internationaler Bedeutung ist. Es ist eine Frage, die für die Betroffenen sehr wichtig ist, aber, wie ich meine, auch für das Selbstverständnis der Wiener Bevölkerung. Und deshalb ersuche ich Sie, Größe zu zeigen, den Schritt zu setzen und auch diesen Bericht zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ und des StR Dr Peter Marboe.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau GRin Ringler hat sich noch einmal gemeldet. 8 Minuten hat sie noch Redezeit. - Bitte schön.

 

GRin Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Ich freue mich ungemein, dass diese Debatte so ernsthaft geführt wird und dass wir seit langer Zeit zum ersten Mal vielleicht wirklich alle das Gefühl haben, dass hier ernsthaft diskutiert wird und wir nicht nur das so oft gehabte Schattenspiel spielen.

 

Ich habe sehr genau zugehört, auch bei der Wortmeldung des Stadtrats, und festgestellt, dass er wirklich in meiner Einschätzung unsere Anmerkungen und unsere Kritik ernst nimmt. Und offensichtlich ist es möglich, dass diese Anmerkungen und diese Kritik auch tatsächlich umgesetzt werden. So werte ich diese Aussage und gehe also davon aus, dass nicht nur die Anfrage beantwortet wird und die entsprechenden Fehler und Ähnliches korrigiert werden, sondern dass auch die Publikation des Berichts tatsächlich vorgenommen werden wird.

 

Ich gehe also auch davon aus, dass wir im nächsten Jahr die Probleme des diesjährigen Jahres verhindern werden können. Und weil ich dem Herrn Stadtrat und weil ich ihm in dieser Frage glaube und weil ich glaube, dass er es ernst meint, haben wir nach einer Überlegung beschlossen, diesem Antrag nun auf

 

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