Neuer Ansatz für europäische Wohnpolitik

Die Stadt Wien hat eine Reihe von EU-Stakeholdern zu einem hochrangigen Dialog zur Frage des leistbaren Wohnens in Europa ins Wiener Rathaus geladen.

Bürgermeister Michael Ludwig bei einer Pressekonferenz

Bürgermeister Michael Ludwig (Mitte)

Im Rahmen des Arbeitsgesprächs wurde ein Offener Brief an das Europäische Parlament, Kommission und Rat formuliert. Ziel der Wohnungspolitik müsse es sein, dem Gemeinwohl zu dienen. Gefordert wird unter anderem, dass die Europäische Union ihre Bürger*innen vor krisenhaften und spekulativen Entwicklungen schützen soll. Die EU-Institutionen müssen das Thema des sozialen und leistbaren Wohnens für alle in der kommenden Mandatsperiode zu einem Schwerpunkt machen.

Bürgermeister Michael Ludwig: "Für die großen Herausforderung auf EU-Ebene sind starke Allianzen nötig. Dazu gehören die Städte genauso wie die verschiedenen europäischen Institutionen und Interessensvertretungen. Wir alle arbeiten seit vielen Jahren ausgezeichnet in verschiedenen Projekten und Formaten zusammen. 2024 ist ein Jahr, in dem die Weichen auf europäischer Ebene gestellt werden, die entscheiden, in welche Richtung die Europäische Union ihren Kurs fortsetzt. Daher war es wichtig, dass wir noch vor den Europawahlen ein starkes Signal setzen: Wohnen muss für alle Menschen in der Europäischen Union leistbar sein."

Gutes Wohnen für alle in Europa

Der Offene Brief beinhaltet Vorschläge wie die Schaffung einer inhaltlichen Koordinierung und Zuständigkeit im neuen Kollegium, die Einrichtung einer Expert*innen-Gruppe in der Europäischen Kommission und die strukturelle Einbeziehung der Städte in die Treffen der EU-Wohnbau-Minister*innen der Europäischen Kommission sowie nicht zuletzt der Interessensgruppen zur Daseinsvorsorge, Städtepolitik und langfristigen Investitionen im Europäischen Parlament. Regelmäßige Gipfeltreffen zum Thema Wohnen unter Einbeziehung aller Akteur*innen des sozialen und leistbaren Wohnens, auch der Städte und Regionen, sollen die Aufmerksamkeit für das Thema hochhalten.

Außerdem sollten die Gestaltungsmöglichkeiten und Finanzierungsbedingungen der Städte und Regionen verbessert werden. Dazu gehört die Reform des Beihilfenrechts, das noch immer das soziale Wohnen auf die ärmsten Bevölkerungsschichten einschränkt. Für andere Themen, wie etwa die Entwicklung von Modellen für lokale und regionale revolvierende Wohnbaufonds, könnte auf die Instrumente und Formate der EU-Städteagenda zurückgegriffen werden.

A new governance framework for housing for the common good in Europe - Open letter of Mayor and Governor Michael Ludwig, Vienna (650 KB PDF) - Englisch

Wiener Modell als Best Practice Beispiel

Das Wiener Modell des sozialen und leistbaren Wohnens ist europaweit und international anerkannt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfiehlt es inzwischen regelmäßig als vorbildhaft für andere Städte und Staaten.

Insgesamt setzt sich das Konzept der Wohnungsgemeinnützigkeit nach österreichischem Vorbild immer mehr unter dem Titel "Housing for the Common Good" in europäischen und internationalen Debatten zur Lösung der Wohnungskrise durch. Europäische und internationale Medien berichten regelmäßig über das Wiener Modell. Besucher*innen-Gruppen aus aller Welt kommen in die Bundeshauptstadt, um von Wien zu lernen und sich auszutauschen.

Wien war zudem immer wieder an der Spitze von Initiativen zum leistbaren Wohnen in Europa. Die 2013 vom damaligen Bürgermeister Michael Häupl und dem Wohnbaustadtrat Michael Ludwig initiierte "Resolution der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Europas für das soziale Wohnen" war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, auf der es nun gut 10 Jahre später, aufzubauen gilt. Die Stadt hat mit EU-geförderten Projekten wie "Smarter Together", "WieNeu+", der Internationalen Bauausstellung 2022 und vielen weiteren Maßnahmen, wie der Flächenwidmungskategorie "Geförderter Wohnbau" oder den jüngsten Maßnahmen gegen touristische Kurzzeitvermietungen in der Wiener Bauordnung sowie der Mietpreisbremse im Gemeindebau gezeigt, dass mit einem starken Willen zur Gestaltung über viele Jahre und Jahrzehnte Wohnen den Menschen und dem Gemeinwohl dienen kann.

Wien setzt auf Einbindung der Städte

Das Engagement Wiens für mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten der Städte und Regionen im EU-Kontext hat eine lange Tradition. So hat Wien sich für jährliche Treffen der EU-Hauptstädte mit der Europäischen Kommission eingesetzt, die seit 2012 regelmäßig stattfinden und einen informellen Dialog ermöglichen. Wien engagiert sich im europäischen Städtenetzwerk Eurocities und macht über die Mitgliedschaft im Europäischen Ausschuss der Regionen immer wieder auf urbane Fragen aufmerksam, etwa im Zusammenhang mit den touristischen Kurzzeitvermietungen. Außerdem war Wien eine der ersten Städte, die um eine Koordinationsrolle in der Partnerschaft zum Wohnungswesen im Rahmen der EU-Städteagenda ersucht wurde.

Insgesamt tritt die Stadt Wien als starke und aktive Interessensvertretung der Städte und Regionen gegenüber den europäischen Institutionen auf. Zu wesentlichen Beschlüssen zur Frage der EU-Städtepolitik in der nun bald 30-jährigen Mitgliedschaft Österreichs bei der EU trug Wien wesentlichen dazu bei, europäische Politik urbaner, also städtefreundlicher, zu machen.

Teilnehmer*innen

Seitens der EU-Institutionen nahmen Evelyn Regner, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit und Ans Persoons, Staatssekretärin der Region Brüssel-Hauptstadt aus dem EU-Ratsvorsitzland Belgien, teil. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss war durch Präsident Oliver Röpke, der Ausschuss der Regionen durch sein estnisches Mitglied Andrés Jaadla, aktueller Berichterstatter zum Thema Wohnen, vertreten.

Wichtig war zudem die Einbindung zentraler Akteur*innen des sozialen und leistbaren Wohnens, wie des Internationalen Mieterbunds, für den Präsidentin Marie Linder aus Schweden anreiste. Weiters nahmen teil Housing Europe, der europäische Dachverband der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, der durch seinen dänischen Vorsitzenden Bent Madsen vertreten war, sowie von der sozialen Wohlfahrtsorganisation Solidar, der Generalsekretär Mikael Leyi. Als langjähriger Finanzierungspartner für soziales und leistbares Wohnen war die Europäische Investitionsbank durch Abteilungsleiter Gerry Muscat eingebunden, die seit vielen Jahren Wohnprojekte in ganz Europa finanziert.

Auch die beiden europäischen Städtenetzwerke Eurocities und der Rat der Gemeinden und Regionen Europas unterstützen die Anliegen vollinhaltlich.

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