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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 99

 

Bei den Sofiensälen ist der Kernbau des heutigen großen Saales hingegen ein bedeutendes Frühwerk der beiden Architekten Van der Nüll und Siccardsburg. Er stellt ein wichtiges Denkmal für den früheren Eisenkonstruktionsbau mit imposanten Maßen dar. Vergleichbar war damals nur noch das Dianabad. Der Bau erhielt eine basilikale Querschnittsform, wobei der höhere Mittelsaal den Raum des Schwimmbeckens beinhaltete, während die niedrigen Seitenflügel die Nebenräume aufzunehmen hatten. Die Überdachung des Bassinraums gehörte mit Abmessung von 46 mal 18 Meter zu den größten früheren Eisenkonstruktionsbauten Wiens. Als Träger eines hölzernen Dachstuhls über dem Mittelraum wurden flach geschwungene Gurten aus Gusseisenprofilen quer über den Saal gelegt, wobei sie auf tief herabgeführten Konsolpilastern an den Seitenwänden aufruhten. Der Bassinraum wurde durch hoch liegende Seitenfenster sowie durch ein mittleres Glasdachoberlicht erhellt.

 

Noch vor der Fertigstellung ging man dazu über, den Sofiensaal im Winter auch als Tanz- und Ballsaal zu verwenden. Hier fand am 1. Februar 1847 zu Ehren aller in Wien anwesenden Kunstnobilitäten eine außerordentliche Ballfestivität statt, bei welcher der k.u.k. Hofballmusikdirektor Johann Strauß Vater dirigierte.

 

Mit den nachträglich angebauten kleineren Sälen und den Nebenräumen verwandelte sich das Sophienbad bald alljährlich in das größte öffentliche Lokal Wiens. Hier fanden unzählige Konzerte und Maskenbälle statt. Johann Strauß Vater dirigierte im Jahr 1848 den feierlichen Eröffnungsfestball. Die Strauß-Kapelle war in den folgenden Jahrzehnten unter der Leitung seiner Söhne Johann, Josef und Eduard ein nicht wegzudenkender Bestandteil der großen traditionellen Ballveranstaltungen.

 

1864 waren sowohl Johann Strauß als auch Jacques Offenbach musikalische Gestalter des 2. Concordiaballes. Seit dem Jahr 1878 musizierte hier der Geiger Johann Schrammel mit seinem legendären Schrammelquartett.

 

Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die Sofiensäle besonders gern als Aufnahmeraum für Schallplattenaufzeichnungen verwendet. Die Wiener Philharmoniker spielten hier unter der Leitung Herbert von Karajan Dutzende Werke ein. Auch Karl Böhm und Sir George Solti nutzten dieses Haus wegen seiner hervorragenden Akustik, denn der große Saal besitzt akustisch ideale Proportionen, und durch die Überdeckung des Schwimmbeckens erhält der Saal einen unvergleichlichen Resonanzkörper unter dem Fußboden. Der Vergleich mit dem elastischen Boden einer riesenhaften Geige drängt sich hier geradezu auf.

 

Die komplett eingestürzte Dachkonstruktion stammt aus dem Jahr 1948. Im Zuge der damaligen Sanierung wurden grundlegende Änderungen am Gesamtkomplex vorgenommen, die einerseits viel von der historischen Ausgestaltung der Nebenräume zerstörte, andererseits einige der so genannten Sünden der vorangegangenen Umgestaltungen beseitigte.

 

Nun sind gerade die Teile der Sofiensäle direkt oder indirekt vom Brand vernichtet worden, die aus dem Jahre 1948 stammten. Die restlichen Gebäudeteile, spezielle die Wände des großen Saales, wurden nur unwesentlich beschädigt, vorausgesetzt, es geschieht sofort etwas in Hinsicht auf Renovierung des denkmalgeschützten Gebäudes. Eine Integrierung des Gebäudes in einen Neubau, egal, welcher Art, ob Hotel, Büro oder Kongresshaus muss uns allen ein Anliegen sein. Das Bauwerk einem Verfall preiszugeben, so wie es der Besitzer angekündigt hat, darf es nicht geben.

 

Deshalb fordere ich das Bundesdenkmalamt auf, einen Antrag auf Wiederaufbau zu stellen. Der Eigentümer hat genug Entschädigungsgelder von der Versicherung erhalten. Gegebenenfalls sollte auch die Stadt Wien für ein modernes Projekt unter Beibehaltung des historischen Kerns einen Beitrag leisten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Ich danke. - Als Nächster ist Herr GR Mag Chorherr zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!

 

Als mein Vorredner begonnen hat, sein Erlebnis anzudeuten, das er in den Sofiensälen gehabt hat, habe ich mir kurz vorgestellt, das könnte doch wirklich eine interessante Debatte werden, wenn wir alle unsere Erlebnisse erzählen würden, die wir in den Sofiensälen hatten. Das würde eine gewisse kulinarische Belebung bringen.

 

Aus Zeitgründen erzähle ich weder meines, noch ist es eine Aufforderung, über weitere Erlebnisse hier zu berichten. Vielleicht nur einige wenige kurze Bemerkungen dazu, weil sich ja, glaube ich, jetzt eine vernünftige Vorgangsweise abzeichnet.

 

Erstens: Es gibt diesen Bescheid des Denkmalamts. Dem ist Rechnung zu tragen. Es hat der Bürgermeister schon angedeutet - ich glaube, das sehen auch alle Fraktionen so -: Es ist ein Riegel vorzuschieben, damit das vom Grundeigentümer nicht so in die Länge gezogen wird, bis alles hin ist. Das ist eine öffentliche Aufgabe, hier die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen und auch zu signalisieren: Das geht nicht - mit all den Dingen, die der Herr Bürgermeister genannt hat, bis hin zur Ersatzvornahme.

 

Nur eine Überlegung möchte ich noch einbringen. Alle reden über den Ballsaal, niemand redet davon, was denn da neu dazukommen sollte. Könnte man nicht auch ein bisserl darüber reden - es ist ja unstrittig, dass dort neu gebaut wird -, wie dort neu gebaut wird und dass die Qualität dessen, was dort neu gebaut wird, eine ebensolche sein sollte, wie sie bei den jetzt hochgelobten Sofiensälen in ihrer alten Form da war, oder sogar eine bessere. Da gibt es ein wunderbares Verfahren, das heißt Wettbewerb mit strengen Vorgaben. Hier würde ich von Seiten der Stadt auch Druck machen auf den Besitzer, dass ein entsprechend qualitätsorientierter Neubau stattfindet.

 

Ich nehme nicht zur Kenntnis, dass es eine Bauwilligung aus dem Jahre 1989 gibt und das jetzt errichtet werden soll. Nutzen wir diese Chance, um einerseits den Ballsaal wiederherzustellen und zweitens mit einer

 

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