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Landtag, 36. Sitzung vom 29.03.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 52

 

erhoben haben und die gehen von nicht einmal einem Kind im Jahr aus.

 

Und, Herr Kollege Blind, es geht bei dem Gesetz nicht darum, dass wir uns zu irgendetwas nicht durchringen könnten oder so. Es geht letztlich bei einem Gesetz darum, was die inhaltliche Konsequenz davon ist. Und dass wir inhaltlich das Ansinnen an diese 15a-Vereinbarung damit vollkommen erfüllen, das ist ja nicht nur unsere Meinung. Das Bildungsministerium beispielsweise, der Bund selber, hat in seiner Stellungnahme nicht einmal ein Wort von Ihrer Kritik erwähnt! Und wir sind auch nicht die Einzigen. Sie haben mir dankenswerterweise viel abgenommen und einige Ländergesetze vorgelesen. Das Burgenland zum Beispiel, das hat genauso wie wir auch den Fokus auf die Eltern und die Erziehungsberechtigten gelegt und nicht auf die Trägerorganisation selbst. (Abg. Armin Blind: Herr Kollege, da steht was anderes drinnen!) Und ich sage Ihnen … Nein, ich hab’s … (Aufregung bei Abg. Armin Blind.) Natürlich, ich hab‘ auch sehr aufmerksam zugehört bei Ihnen, alles in Ordnung. Mir ist aber auch aufgefallen, dass Sie Vorarlberg beispielsweise nicht zitiert haben, weil in Vorarlberg auch nicht der exakte Wortlaut, der Ihnen so wichtig ist, gefallen ist. Und die Volksanwaltschaft, da fand ich auch eine wirklich bemerkenswert interessante Stellungnahme. Ich würde nur sozusagen bei aller Wertschätzung gegenüber der Volksanwaltschaft, und ich gebe Ihnen recht, die haben sicher eine sehr, sehr große Expertise, gibt‘s da oder dort aber trotzdem unterschiedliche Auffassungen, die man haben darf. Mir ist ein anderer Punkt in dieser Stellungnahme besonders aufgefallen, den fand ich recht amüsant. Nämlich hat die Volksanwaltschaft, wie es ums Genderthema in ihren Ausführungen gegangen ist, auf den bundesweiten Bildungsrahmenplan Bezug genommen, und zwar dass man sich an dieses Grundlagendokument zu halten hat. In dem steht, und das zitiere ich kurz: „Wenn Kinder in ihrem familiären Wertesystem wahrgenommen und akzeptiert werden, gelingt es ihnen eher, sich auch mit Werten und Normen anderer kritisch auseinanderzusetzen.“ So, wenn man das liest und vom Genderthema kurz einmal wegdenkt zurück auf das Kopftuchthema, dann frage ich mich: Wie passt das zusammen? Weil wie kann man gleichzeitig das einfordern, was in diesem Zitat genannt wurde, wenn es um Genderfragen geht, aber beim Kopftuch finden, dass ein Verbot des Zwanges zu wenig ist und man, wie auch immer das gehen soll, Kinder ohne jegliche Einbeziehung von Eltern und Erziehungsberechtigten, ohne das Eingehen auf das selber zitierte familiäre Wertesystem einfach entfernen soll. Da frage ich mich wirklich, wie das überhaupt funktionieren soll.

 

Und worum es bei einem Gesetz auch noch geht und wie man so etwas festschreibt, und das finde ich eigentlich fast noch wichtiger, dass wir als Landesgesetzgeber schon dafür zuständig sind, ist, Regelungen festzuschreiben, die dann in der Praxis auch funktionieren. Das ist auch das, worum es geht. Und wir sagen auch (Abg. Armin Blind: Die anderen haben es geschafft!), das sind wir unseren Menschen in unserer Stadt sozusagen auch schuldig. Das sind wir den Kindern schuldig. Das sind wir den Eltern schuldig. Und vor allem sind wir das auch den Pädagoginnen und Pädagogen in den Kindergärten schuldig, weil die sind ja die, die es letztlich dann auch machen müssen. (Abg. Armin Blind: Das glauben Sie doch selber nicht!) Also lassen wir die semantische Diskussion jetzt einmal! Es geht eigentlich darum, was die Konsequenz dieses Gesetzes ist. (Aufregung bei Abg. Armin Blind.) Da frage ich mich schon, was Sie sich da vorstellen, was anders sein soll. Was ist eigentlich Ihre Alternative? Wie soll das in der Praxis ausschauen? Stellen Sie sich vor, dass die PädagogInnen den Mädchen das Kopftuch runterreißen? (Abg. Armin Blind: Nein!) Stellen Sie sich vor, dass das Kind vom Kindergarten einfach suspendiert wird? Stellen Sie sich vor, dass das Kind den Erziehungsberechtigten abgenommen wird und in ein Krisenzentrum gebracht wird? Also das kann ja alles nicht Ihr Ernst sein! Die Frage ist eben, wie wir das in der Praxis machen.

 

Nehmen wir vielleicht das Beispiel, das Sie gerade vorher selber auch kurz ausgeführt haben: Stellen Sie sich vor, das fällt Ihnen sicher nicht schwer, dass ein muslimisches Mädchen halt mit einem Kopftuch in den Kindergarten kommt. Der Hintergrund ist in dem Fall wahrscheinlich, dass sie eben, wie Sie gesagt haben, wie ihre älteren Schwestern oder die Mutter halt das Kopftuch tragen will. Das ist natürlich auch jetzt schon nichts, was einfach hingenommen wird. Die Pädagoginnen und Pädagogen versuchen dann, in einem Gespräch den Eltern zu erklären, dass das Kopftuch in der Familie vielleicht ein Symbol des Dazugehörens sein kann, aber dass das im Kindergarten eben genau vice versa ist. Und dann werden gemeinsam Vereinbarungen erarbeitet, wie man das löst, wie man das abstellt, zum Beispiel indem man das Kopftuch halt in der Garderobe abgibt. Das ist in etwa die Praxis, die wir seit vielen, vielen Jahren in den Wiener Kindergärten machen, wenn doch einmal ein Fall auftaucht. Ich habe Ihnen schon gesagt, nicht einmal ein Fall pro Jahr. Das sind die Zahlen, die uns vorliegen. Und das … (Zwischenruf von Abg. Elisabeth Schmidt.) Na immer (Aufregung bei Abg. Armin Blind.), bei jedem, jedem, nicht mal ein Fall im Jahr, genau. Wissen Sie, das ist nicht nur die Praxis, die wir machen, das ist auch exakt die Vorgangsweise, die den Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen in der Broschüre „Werte leben, Werte bilden, Wertebildung im Kindergarten“ empfohlen wird. Spannend ist, wenn man sich anschaut, wer Herausgeber dieser Broschüre ist. Es ist die PH Niederösterreich, der Österreichische Integrationsfond, und, hoppala, das Bildungsministerium. Auch in der Volksanwaltschaftsstellungnahme by the way wird diese Broschüre als Vorbild genannt. Also offensichtlich widerspricht unser Vorgehen bei der praktischen Lösung dieses Problems doch nicht so den Vorstellungen des Bundes. Zumindest widerspricht es nicht den Vorstellungen von denen im Bund, die sich tatsächlich auskennen und mit dieser Materie auch befassen.

 

So, wie geht‘s dann weiter, wenn wir von der Praxis reden? Weil Sie gesagt haben, ob es da Zahlen gibt und wie das erfolgreich ist oder nicht: Schauen Sie, wenn irgendwann einmal das Gespräch mit den Eltern so ein

 

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