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Landtag, 33. Sitzung vom 19.12.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 46

 

nie so schlecht außer zu Visegrád.“ Nämlich die wichtigsten Partner Österreichs sind Deutschland und Italien. In Deutschland gibt es durch die vielen Angriffe auf die Bundeskanzlerin Merkel deutliche Reserven, was Österreich betrifft. Aber was Italien betrifft, da ist die Verstimmung sehr groß, weil das mit den Doppelstaatsbürgschaften und mit den Pässen - und das hat Vilimsky bei seiner selektiven Wahrnehmung vergessen, wo die Schwesterpartei zwei Drittel ihrer Stimmen verloren hat - das in Südtirol im Grunde niemand will. Und das will auch nicht die Freundespartei der FPÖ, die derzeit in Italien an der Regierung ist!

 

Nun kommen wir zum Klimaschutz. Auch davon ist hier heute schon einiges geredet worden. Im Grunde war diese unambitionierte Handlungsführung der österreichischen Ratspräsidentschaft nicht so, wie es verkauft wurde, in letzter Minute noch erfolgreich. Bei aller Wertschätzung, Othmar Karas, ich hatte das Gefühl bei deinem Lob über den österreichischen Ratsvorsitz, dass das so wie mit einer gebrauchten Zitrone ist, wo man in letzter Minute versucht, dann doch noch ein, zwei Tropfen herauszupressen, damit wenigstens irgendetwas im Glas ist. Das hat sich für mich so angefühlt. Ich muss ehrlich sagen, das ist jetzt keine Kritik an Othmar Karas, ich schätze ihn als einen aufrechten Europäer und er gehört sicherlich nicht zu jenen, da muss ich jetzt Vilimsky ansprechen, die wohl Stefan Zweig in der „Welt von gestern“ beschrieben hat. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Das Interessante ist der Schluss des „Deutschen Handelsblattes“. Das kann ich Ihnen jetzt nicht entziehen, sonst heißt es immer, ja typisch, das ist aus dem SPÖ-Think-Tank entstanden. Nein, es ist ein ganz konservatives Wirtschaftsblatt. Und dieses konservative Wirtschaftsblatt sagt: „Die österreichische Bundesregierung hat ihren Landsleuten mit einer gewaltigen PR-Maschinerie versucht, zu vermitteln, dass sie die EU und Europa neu erfinden würde. Aber was bleibt, ist, sie waren nette Gastgeber. Alles ist technisch gut abgelaufen dank der vielen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Ministerien, im Parlament, und so weiter. Aber die Substanz dessen, was hier nicht erledigt wurde, was abzuarbeiten ist, geht an ein Land, das in einer noch schwereren Krise steckt als so manch anderes Mitgliedsland, nämlich nach Rumänien. Und die haben nun dies über.“

 

Kommen wir jetzt aber zu den großen Herausforderungen, und die hat Evelyn Regner auf den Punkt gebracht. Was wir brauchen, ist ein Ende des Steuerwettbewerbs. Steuerwettbewerb heißt immer nur Dumping, Dumping bei den Arbeitsrechten, Dumping bei der Umwelt, Dumping in sozialen Fragen. Dieser Steuerwettbewerb gehört abgeschafft zwischen Mitgliedsländern. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Bundeskanzler Faymann hat in der schwersten Zeit der europäischen und internationalen Wirtschaftskrise die genialste Idee in die Europäische Union eingebracht, nämlich dass eine Transaktionssteuer kommt. Diese Transaktionssteuer wurde jetzt vom österreichischen Finanzminister in die Schublade geworfen! Das ist ein Skandal! Nämlich nur die Transaktionssteuer hätte geholfen, all diesen Geschäften endlich einen Riegel vorzuschieben und wäre auch eine Chance gewesen. Das Zweite, was wir auszutrocknen haben, sind die Steuerschlupflöcher, in denen Milliarden an Steuern hinterzogen werden. Ich verwende nicht das Wort Paradies, weil das Paradies, das Steuerparadies, das stellen wir uns alle mit Palmen, und so weiter vor. Es sind solche Inseln solche Schlupflöcher. Aber das gehört in einem gemeinsamen Akt unterbunden. Es handelt sich um Steuergelder! Würden wir auf diese Gelder zurückgreifen können, was wäre in Europa alles finanzierbar!

 

Das Nächste ist die soziale Dimension, die Säule der sozialen Sicherheit. Ohne das vierte Bein nach Freiheit für Dienstleistungen, für Waren, für Geldverkehr, ohne eine soziale Dimension der Europäischen Union wird die Europäische Union nicht in den Herzen und in der Realität der Menschen ankommen. Und die gilt es jetzt zu befüllen. Eines ist ganz wichtig, auch wenn die Frau Kollegin Mühlwerth da über den sozialen Wohnbau polemisiert hat: In Europa schaut jeder auf den sozialen Wohnbau Wiens! Wenn ich nur an die Stadt Lissabon denke, und da könnte ich fast Tränen in die Augen bekommen, eine der schönsten Städte Europas, die hatte vor zehn Jahren eine Million Einwohner. Und jetzt sind es 300.000! Warum? Weil Lissabon keinen sozialen Wohnbau kennt. Die Menschen ziehen raus. Ein Österreicher hat vor Kurzem 91 Häuser gekauft, einen ganzen Platz. Ja, glaubt ihr, dass der damit was macht? Nein! Es geht nur um die Spekulation. Und das verhindert die Größe des Wiener sozialen Wohnbaus eindeutig! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Und zum Schluss noch ein großer Appell: Eine große Errungenschaft der Europäischen Union, wie sie bei all unseren Kindern und was weiß ich, wo angekommen ist, ist das Erasmus- und Leonardo-System. Aber das, was wir wieder errichten müssen und für das wir kämpfen müssen, ist ein Europa von Schengen. Das heißt, wir haben uns zu einem offenen Europa bekannt. Viele sind in den letzten zwei Jahren noch aufgewachsen in freien Grenzen, mit freiem Denken. Dieses Schengen, das müssen wir wiederherstellen! Diese versteckten wieder eingeführten Grenzkontrollen bringen nicht nur nichts und täuschen ein Sicherheitsgefühl vor, das es dadurch nicht gibt. Aber es geht wieder in die falsche Richtung, nämlich in die Richtung der nationalstaatlichen Denkweise. Und wenn man in Europa angekommen ist wie zum Beispiel Evelyn Regner oder Othmar Karas, das sind ja Europapolitiker/-politikerin, die sind ja in Europa angekommen, die erfüllen ja auch das, was Stefan Zweig immer wieder gesagt hat - und ich kann Ihnen nur eines sagen: „Wenn die Nacht fällt“ ist das neueste Buch von Stefan Zweig, das aus seinem Nachlass herausgegeben worden ist. Das sind seine Texte, Reden und Essays zu Europa von 1932 bis zu seiner Flucht. Ich kann Ihnen das nur sagen, weil da wissen Sie, was er gesagt hat. Und das sag‘ ich jetzt einmal: Wir müssen den Populisten ein positives, auch populistisches Europa entgegensetzen, und dafür gilt es zu streiten! Ich hoffe, dass der EU-Wahlkampf nicht so wird, wie es Herr Vilimsky hier

 

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