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Landtag, 30. Sitzung vom 25.03.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 34

 

die Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, und dann die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern etabliert. Im Laufe der Zeit haben sich diese Unabhängigen Verwaltungssenate entsprechend auch von der zu kontrollierenden Verwaltung emanzipiert und sind mehr oder weniger inhaltlich zu echten Gerichten geworden. Viele Jahre später hat sich dann der Bundesverfassungsgesetzgeber ohne eine große inhaltliche Debatte einstimmig dazu bekannt: Wir wollen keine Unabhängigen Verwaltungssenate, wir wollen weg von diesen Art 133 Z 4 B-VG-Behörden, Bauoberbehörde, Finanzsenate. Wir möchten eine ordentliche, richtige Gerichtsbarkeit. Nachdem die Kompetenzlage so ist, dass es hier auch um Landes- und Gemeindekompetenzen gegangen ist, hat man den Ländern das Recht gegeben, eigene Verwaltungsgerichte einzusetzen. Das ist bei uns in Wien teilweise verschlafen worden. Ich erinnere mich noch, da ist die Bundesverfassungsgesetznovelle schon lange in Kraft gewesen, da hab’ ich den Herrn Landeshauptmann in einer Fragestunde gefragt, was jetzt eigentlich mit Wien ist. Und da hat es geheißen: Na ja, wir werden schon das Gesetz machen. Das ist dann auch gekommen und dieses Gesetz war so mangelhaft, dass es einem in die Augen springen musste, und zwar nicht bei einer Kleinigkeit, sondern, wie hier schon mehrfach betont, beim Herzstück: Was macht ein Gericht zu einem Gericht? Das sind die unabhängigen Richter und das ist die Unabhängigkeit in der Gerichtsorganisation. Das muss man sich schon einmal vor Augen halten: Wie kommt man denn auf eine Regelung, dass bei einem Geschäftsverteilungsausschuss zwei Mitglieder gewählt werden, zwei Mitglieder von Amts wegen sind, bei Stimmengleichheit das Verwaltungsorgan ein Dirimierungsrecht hat und damit die gewählten Mitglieder abzuberufen sind? Also das ist ja eine Denksportaufgabe! Das fallt ja einem Juristen, und Juristen haben in der Regel nicht allzu viel Phantasie, von selber gar nicht ein, wenn es hier nicht eine politische Vorgabe gegeben hätte. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Hier muss es in der Verwaltung die Vorgabe gegeben haben: Sucht eine Regelung, die so gestaltet ist, dass wir irgendwie, wenn es sein muss, Zugriff nehmen können. Diese Regel ist auch gefunden worden und ist, völlig zu Recht auch, vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden. Das ist doch peinlich, dass ein neues Gericht, und da können die Richter überhaupt nichts dafür, auch der Präsident kann nichts dafür, schon mit einer verfassungswidrigen Geschäftsverteilung und mit einer Verfassungswidrigkeit startet. Ein Gericht, das selber zum Gegenstand des Gerichtshofes wird, ist doch eigentlich ein Wahnsinn! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wie ungeliebt das Verwaltungsgericht nach wie vor ist, hat Ihnen ja der Kollege Ulm auch in vielen Details gesagt, die, für sich genommen, sich fast zum Schmunzeln anhören. Aber es ist nicht zum Lachen. Es geht nämlich darum: Wie kommen die Bürger zu ihrem Recht? Offenkundig haben Sie nach wie vor ein gestörtes Verhältnis dazu, weil sonst würden Sie auch nicht nur in den Rechtsvorschriften, sondern auch in der Art und Weise, wie das Landesverwaltungsgericht ausgestattet und behandelt wird, anders vorgehen.

 

Die heute vorliegende Novelle, die Sie vorschlagen, ist ja wieder nur das absolute Minimum, das notwendig ist, um den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes gerecht zu werden. Jetzt möchte ich nicht den Teufel an die Wand malen, aber warum sind drei Mitglieder einfach zu wenig? Bei drei Mitgliedern besteht die relativ einfache Möglichkeit, dass, wenn durch ein Mitglied Überzeugungsarbeit, sagen wir es einmal so, ausgeübt wird, dass das Mitglied, das gewählte, mit den beiden von Amts wegen bestellten Mitgliedern wieder eine Mehrheit hat. Deswegen hat es doch einen guten Grund, warum auf Bundesebene, ohne dass das ein Gegenstand einer Debatte war, fünf Mitglieder gewählt werden. Dann sind die Richter unabhängig, dann ist das auch von der Verwaltung getrennt, weil natürlich ein Gerichtspräsident, wenn er auch keinen Einfluss auf die Rechtsprechung hat, über die Büroausstattung und über anderes natürlich eine besondere Stellung hat. Wenn ich gerade daran denke, wie sehr man sich aufgeregt hat, dass der gegenwärtige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs des Bundes ÖVP-Mitglied ist - das ist das große Problem, das ist so gemacht worden. Und dass die halben Verfassungsrichter natürlich SPÖ-Mitglieder und überall sonst zu finden sind, das stört niemanden. Aber da hat man sofort gesagt, der müsste aus der ÖVP austreten, weil das einen Einfluss ausüben könnte. Ich meine, da machen Sie sich um solche Dinge Sorgen, und so weiter ... (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Wer hat das gesagt? Wer hat das gesagt? Von wem?) Na na, das ist in der Debatte mehrfach gebracht worden, dass das ein Problem sein könnte. Ich mache mir lieber Sorgen, dass sie wieder nur das Minimum beschließen und es gerade so machen, dass die neue Regelung wieder nicht aufgehoben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich weiß nicht, warum Ihnen das solche Schwierigkeiten macht, wenn Ihre eigenen Genossen im Nationalrat einen einstimmigen Entschließungsantrag mitbeschlossen haben, dass es fünf Mitglieder geben soll, die gewählt sind und warum machen wir das nicht auch in Wien genauso? (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Ich begrüße hier eine Gruppe von Pensionären des Militärs. Wir begrüßen Sie sehr freundlich und freuen uns, dass Sie zu uns gekommen sind. (Allgemeiner Beifall.)

 

Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. Ich ersuche darum.

 

11.58.37

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Geschätzte Abgeordnete und geschätzte BesucherInnen auf der Galerie!

 

Es ist leider jetzt ein etwas sperriges Thema, das Landesverwaltungsgerichtsgesetz. Aber wir hoffen trotzdem, dass es für Sie interessant und spannend ist.

 

Ich möchte auf meine Vorredner kurz eingehen, aber noch eines vorausschicken: Die Landesverwaltungsgerichtsreform beziehungsweise die Einrichtung der Landesverwaltungsgerichte ist eine der größten Reformen auf Verwaltungs- und Gerichtsebene der letzten Jahr

 

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