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Landtag, 17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 70

 

haben, geworden, und aus dem Verpflichtend ist dann ebenfalls nicht wirklich ein Verpflichtend geworden.

 

Wie auch immer, das Gute an der Situation und das Gute an der Entscheidung, die wir hier heute auch zur Kenntnis nehmen und auch verabschieden werden, liegt darin, dass man sich jedenfalls zusammengesetzt und überlegt hat, wie wir diese Kinder bestmöglich erreichen können. Wie können wir das Betreuungsangebot erweitern, wie können wir es schaffen, dass diese Kinder rechtzeitig so viel Unterstützung und Förderung und auch so viel Unterricht bekommen, dass sie zum Zeitpunkt der Einschulung dann dem Unterricht auch folgen können.

 

Und ein bisschen wundert es mich schon, welchen Weg hier die Stadt Wien schlussendlich eingeschlagen hat. Ich sage gleich, was ich gut finde. Gut finde ich, dass die Kindergartenplätze ausgebaut werden. Das finde ich gut. Noch besser hätte ich aber gefunden, wenn es ein weitaus ambitionierteres Ausbauprogramm gegeben hätte, und durchaus auch eines mit einer 5-Jahres-Perspektive, denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir schon davon ausgehen, dass die an die 3 500, vielleicht sogar 4 000 Kinder betroffen sind, die den Kindergarten nicht besuchen und die zum Zeitpunkt der Einschulung in ihrer überwiegenden Mehrheit entweder Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache und/oder darüber hinaus andere Probleme haben, die vielleicht nicht unmittelbar und nur auf das Sprachliche zu reduzieren sind. Da sind wir einer Meinung.

 

Jedenfalls haben wir es mit ein paar tausend Kindern zu tun. Und ich hätte erwartet und vielmehr hätte es mich gefreut, wie gesagt, wenn wir einen 5-Jahres-Plan vorgelegt bekommen hätten, wie Wien es innerhalb der nächsten fünf Jahre erreichen möchte, dass genauso viel Kindergartenplätze vorhanden sind, wie es Kinder in dieser Stadt gibt.

 

Es gibt einen ersten Schritt, wie gesagt. Ja, es entstehen neue Kindergartenplätze, das ist begrüßenswert. Begrüßenswert ist auch, dass schon die Kinderbetreuung der Dreijährigen ausgebaut wird. Wunderbar. Aber, und jetzt kommt ein sehr großes Aber, in der Zwischenzeit hat man sich in Wien für ein Modell entschieden, das ich an dieser Stelle sehr wohl kritisieren möchte. Denn es gibt jetzt sozusagen die vorgezogene Feststellung, Spracherhebung, Sprachstandarderhebung, oder wie es auch immer heißt, da kommen die Kinder hin, da wird einmal überprüft, auf welchem Stand sie sich befinden. Wir könnten uns jetzt auch aufhalten darüber, inwieweit die Menschen, die diese Erhebung machen, tatsächlich dafür gerüstet sind. Ich behaupte, nein, so ist es nicht. Und hier, in diesem Bereich, müsste man auch sehr viel investieren.

 

Aber lassen wir das zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen Nebenschauplatz sein. Die Kinder kommen hin, man stellt fest, sie haben Deutschschwierigkeiten, und dann sollen sie einen Förderkurs bekommen.

 

Meine Damen und Herren, ein Förderkurs ist nicht ein Kindergartenplatz. Das macht einen Unterschied. Und ich wage im Übrigen zu bezweifeln, ob selbst ein Jahr Kindergartenbesuch tatsächlich ausreichen würde, um das Sprachdefizit aufzuheben. Warum? Weil Kindergartengruppen durchaus 30, manchmal auch 35 Kinder - das ist keine Seltenheit - haben. Man hat meist eine Kinderpädagogin. Diese Pädagogin ist nicht speziell ausgebildet für den Spracherwerb. Und zu glauben, dass dies für die Kinder durch den Kontakt mit anderen Kindern ausreicht, ist illusorisch.

 

Das heißt, und worauf ich aus bin zu sagen, ist, es würde vielmehr helfen, wenn man für diese Kinder jetzt die Kindergartenplätze hätte, oder wenn man so rasch wie möglich dafür sorgen würde, dass diese Kindergartenplätze entstehen. Meine Sorge ist, dass diese Förderkurse, die sie jetzt bekommen werden, die hoffentlich auch in Anspruch genommen werden, zwar die Situation etwas verbessern, aber logischerweise bei Weitem nicht ausreichen werden, um das Defizit, das hier vorhanden ist, zu kompensieren.

 

Was wiederum bedeutet, dass ein Jahr später, bei der nächsten Prüfung, festgestellt wird, dass das Kind nach wie vor nicht so weit ist, und dann landen diese Kinder in diesen Vorschulklassen, über die wir uns heute Früh auch unterhalten haben. Und das tut mir leid zu sagen, aber was Sie hier an Argumenten gebracht haben, reicht bei Weitem nicht, um meine Skepsis und meine Sorgen zu zerstreuen. Wenn das bedeutet, dass nach Möglichkeit vielleicht in allen Wiener Schulen, wir werden ja sehen, wie viele Kinder betroffen sind, wir werden auch sehen, wo diese Kinder wohnen, wir wissen ja auch, dass es in Wien in bestimmten Bezirken bekanntlich auch eine Konzentration gibt, das heißt, da gibt es ohnedies eine Ungleichverteilung, aber wie auch immer, wir werden es zu tun haben mit ein paar tausend Kindern, die tatsächlich dann in diese Vorschulklassen kommen, und unsere Kritik lautet, dass wir damit genau das getan haben, wovor wir jahrelang zuvor eigentlich alle gemeinsam gewarnt hatten, wir haben separiert, wir haben separiert, weil, no na, in diesen Vorschulklassen zu 90 Prozent, traue ich mich heute zu sagen, Kinder mit Migrationshintergrund sitzen werden. Ja, es werden auch sonst ein paar Einzelkinder aus benachteiligten sozioökonomischen Verhältnissen dort sein, die trotz deutscher Muttersprache ihrer Eltern in Deutsch Förderbedarf haben, aber wir können heute nüchtern feststellen, dass der überwiegende Teil der Kinder in diesen Klassen einen Migrationshintergrund haben werden, und sie werden diejenigen sein, die ein Jahr später eingeschult werden. Das heißt, dass sie dann ein Jahr älter sind, wenn sie die 1. Klasse erreichen, die ganze Schule wird wissen, wer diese Kinder sind, und warum sie ein Jahr später dazustoßen. Und ja, es tut mir leid und ich bin in Sorge, dass das, was man hier schafft, mehr oder weniger, verzeihen Sie mir den Ausdruck, die Schul-Descheks sind.

 

Ich glaube nicht, dass das ein guter Weg ist für diese Kinder, ich glaube nicht, dass sie viel davon haben, und ich glaube, dass es viel besser gewesen wäre, noch einmal massiv in den Ausbau der Kindergartenplätze zu investieren, und sich ein sehr ambitioniertes Programm

 

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