«  1  »

 

Landtag, 14. Sitzung vom 22.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 55

 

Sie haben ausgeführt, dass Sie es vernünftig finden, wenn Abgeordnete auch einen zivilen Beruf haben und diesen unter Umständen auch nebenbei ausüben. Diese Auffassung teile ich natürlich! Ich meine, es macht durchaus Sinn, wenn man nicht – unter Anführungszeichen – nur Abgeordnete beziehungsweise PolitikerIn ist, sondern auch einen Bezug zu dem Leben hat, über das man als PolitikerIn in vielen Bereichen bestimmt. Sie haben gesagt, dass Sie das für sinnvoll halten. Daraus höre ich auch, dass Sie in gewisser Weise stolz darauf sind, dass PolitikerInnen auch andere Jobs haben.

 

Ich habe einen Nebenjob mit zehn Wochenstunden, und ich zerspragle mich, auf Wienerisch gesagt. Im Hinblick darauf frage ich mich manchmal, wie das Abgeordnete, gerade in der SPÖ-Fraktion, handhaben, die manchmal nicht nur einen, sondern bis zu drei Nebenjobs haben. Welchen der Jobs nehmen sie dann wirklich ernst und welchen nehmen sie nicht ernst?

 

Im Sinne der Transparenz und im Sinne der Abhängigkeiten und Verpflichtungen, die sich aus Nebenjobs, abgesehen von den Einkommen, ergeben, möchte ich Sie noch einmal fragen: Finden Sie es wichtiger, dass Abgeordnete einen Job, einen Nebenjob und einen Bezug zum Leben haben und sind Sie deshalb auch dafür, dass man das offen legt, oder finden Sie, dass die Öffentlichkeit kein Recht darauf hat, das zu wissen?

 

Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Herr Landeshauptmann!

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte Frau Abgeordnete!

 

Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie mich neuerlich einem Intelligenztest unterziehen. Auch das soll sein.

 

Ich habe vorhin laut und deutlich davon gesprochen, dass ich es für sinnvoll halte, wenn ein Abgeordneter einen Beruf erlernt hat, diesen Beruf ausgeübt hat beziehungsweise diesen Beruf, so weit wie irgendwie möglich, auch ausübt. Ich habe kein Wort von „nebenbei“ gesagt. Man hat nämlich, wie gesagt, grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Abgeordneter einen Beruf hat, dann gewählt wird und seine Funktion als gewählter Mandatar auszuüben hat.

 

Auch ich verfüge über persönliche Erfahrung in diesem Bereich, auch wenn ich gesehen habe, dass mit den Funktionen, die ich sehr frühzeitig als Gemeinderat hier hatte, eine zeitliche Kompatibilität nicht unbedingt gegeben war. Daher habe ich das in weiterer Folge auch aufgelöst. Aber das hängt mit meiner spezifischen Ausbildung und meinem spezifischen Beruf zusammen, daraus kann man keine allgemeinen Schlüsse ziehen. Vom Einzelnen kann man nicht aufs Ganze schließen.

 

Aus meiner Sicht hat das mit der Sache jetzt gar nichts zu tun. Ich sagte vorhin schon, dass man seinen Beruf mit und ohne Offenlegung der Bezüge ausüben kann. Da der überwiegende Teil der Personen, die ihr Mandat hier ausüben, ohnedies Arbeitnehmer sind, kann die Frage der Abhängigkeit sozusagen der Öffentlichkeit ohnedies nicht vorenthalten werden. Ich erinnere mich an viele Diskussionen – mit all den Unterstellungen, die es bei solchen Diskussionen gibt –, die hier geführt worden sind, in denen darüber diskutiert wurde, welcher Mandatar früher oder möglicherweise gegenwärtig noch in Abhängigkeit zu einem Unternehmen, einem Beruf oder einer Interessensvertretung steht und aus diesem Grund dann so oder so stimmt. Okay. Diese Diskussion kann man aber mit und ohne Offenlegung führen.

 

Daher sage ich Ihnen noch einmal: Es geht nicht um meine Befindlichkeit, und es geht nicht einmal um meine Meinung, denn mein Einkommen ist offengelegt. Vielmehr geht es darum, ob eine Mehrheit im österreichischen Parlament eine Offenlegung der Einkommen beschließt, die außerhalb der ohnehin offengelegten Bezüge als Mandatare bezogen werden. Ob das geschieht, werden die Abgeordneten schon selbst wissen müssen. Das sage ich in aller Offenheit. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Danke, Herr Landeshauptmann.

 

Die 3. Frage (FSP - 05364-2007/0001 - KVP/LM) wurde von Abg Dr Matthias Tschirf gestellt und ist ebenfalls an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (Im Zuge der Wahlrechtsreform zur Einführung der Briefwahl wurden auch die rechtlichen Grundlagen für ein Auslandslandesbürger-Wahlrecht geschaffen. Warum macht Wien von dieser Regelung nicht Gebrauch?)

 

Ich bitte um die Beantwortung.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Klubobmann!

 

Zu Ihrer Anfrage, warum Wien nicht von der Einführung des Wahlrechts für Auslandsösterreicher und Auslandsösterreicherinnen Gebrauch macht, darf ich Ihnen folgende Argumentation bieten:

 

Zum einen waren die Länder nach Art 151 Abs 36 des Bundes-Verfassungsgesetzes verpflichtet, die Briefwahl bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 auf landesgesetzlicher Ebene umzusetzen. Dieser Verpflichtung kommt Wien nunmehr auch nach. Davon gehe ich jedenfalls aus.

 

Zum anderen enthält die Verfassungsbestimmung des Art 95 Abs 1 B-VG eine Ermächtigung für die Landes-Verfassungsgesetzgeber, dass auch Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die vor Verlegung ihres Hauptwohnsitzes in das Ausland einen Wohnsitz im Inland hatten, für die Dauer ihres Auslandaufenthaltes, längstens jedoch für einen Zeitraum von zehn Jahren zum Landtag wahlberechtigt sind.

 

Inwieweit Wien von dieser Ermächtigung möglicherweise Gebrauch machen kann und wird, wird im Hinblick auf die Sonderstellung Wiens als Land und Gemeinde derzeit sorgfältig geprüft. Das geltende Melderecht ermöglicht die Begründung von mehreren Nebenwohnsitzen in Wien. Dies könnte zu mehrfachen Stimmabgaben führen. Es gilt daher, Wege zu finden, diese demokratiepolitisch und rechtspolitisch unerwünschte Auswirkung auf das Wahlrecht der Wienerinnen und Wiener zu vermeiden. Diese Diskussion wollen wir in Ruhe führen. Daher kann das im Hinblick auf den Zeitdruck, der generell bei der Einführung des Briefwahlrechtes besteht, nicht zeitgleich beschlossen werden. Ich gehe aber davon aus, dass wir gemeinsam eine vernünftige Lösung

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular