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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 150

 

allem für die politische Linke die Schuldigen schnell ausgemacht. Es sind die Wohlhabenden, die, die sich etwas geschaffen haben, die sogenannten Reichen, die jetzt die Buhmänner zu sein haben. Ich sage ganz offen, dass Rot und Grün hier gern den Klassenkampf zwecks Ablenkung vom eigenen Versagen aus der Mottenkiste der Geschichte holen, sind wir leider schon gewohnt. Ich kann nur Martina Salomon in ihrer gestrigen „Kurier“-Kolumne vollinhaltlich recht geben, wenn sie meint, sie hat selten eine intellektuell schlichtere Pressestunde erlebt als beim Thema Vermögenssteuer, die Pressestunde mit Klubobfrau Vassilakou. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenig seriös erachte ich aber in diesem Bereich auch die Kollegen der Freiheitlichen Partei. Während Sie in diversen Stellungnahmen, auf Bundesebene nämlich, immer die Vermögenssteuer ablehnen, plakatieren Sie zeitgleich in Wien, wer die Schuldigen sind und von wem man sich das Geld zu holen hat. Verursacht haben es Politiker ohne Budgetdisziplin. Holen möchte man es sich von den sogenannten Wohlhabenden. Ihre Meinung über die kaputten Finanzen in der öffentlichen Hand ist hier ein Thema. Wir wollen es nicht den Wohlhabenden wegnehmen. Wir wollen keine kalte Enteignung. Sie, die Freiheitlichen, machen sich damit leider zur dritten linken Kraft in dieser Stadt, zumindest in diesem Bereich.

 

Ich komm jetzt zum konkreten Thema, zum Budgetvoranschlag 2012, dem ersten wirklich gemeinsamen Budget von Rot und Grün: Klubobmann Ellensohn hat zu diesem Thema bereits im Juni gesagt: „Gemessen wollen wir erst an dem nächsten ... - an diesem – ... Budget werden." - Wenn Sie das wirklich wollen, soll es mir recht sein, obwohl man schon ein wenig merkt, dass Sie sich ganz gern von diesem Budget distanzieren wollen, wenn Sie bei der Präsentation dieses in Zahlen gegossenen Elends gar nicht persönlich anwesend waren. Vielleicht sind Sie auch der Meinung, das Budget ist mittlerweile so groß, es kann auf sich selbst aufpassen. Aber das ist nicht die Art, wie ich meine, dass man sich als Partei mit Regierungsverantwortung auch um die Finanzen in dieser Stadt kümmern sollte. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich sage aber auch ganz offen, noch mehr als die Höhe des Budgets - dazu ist schon viel gesagt worden - beunruhigt mich die Entwicklung der Budgetzahlen in den letzten Jahren. Eine Verdoppelung der Gesamtverschuldung innerhalb von zwei Jahren - man kann schon fast von wenigen Monaten sprechen - muss bei uns allen die Alarmglocken schrillen lassen. Da sind Sonderthemen wie Wiener Wohnen noch gar nicht eingerechnet. Die Verschuldung steigt, und die Stadtregierung lässt keinerlei Initiativen für Kostenoptimierung und ausgabenseitige Sparmaßnahmen erkennen.

 

Ich kann Ihnen gern ein paar Highlights der letzten Jahre vor Augen führen: Wien hat die Pensionsreform bei den Landesbediensteten nach wie vor nicht wirklich umgesetzt. Das sind strukturell 350 Millionen EUR - es wurde schon genannt -, die hier fehlen. Etwas, das zutiefst unsolidarisch und ungerecht ist. Wie kann es sein, meine Damen und Herren, dass der durchschnittliche Beamte in Wien mit 57,1 Jahren, im Bundesdienst allerdings erst mit 60 Jahren in Pension geht? Macht die Arbeit in dieser Stadt wirklich krank? Ein Umstand, der laut Experten jedenfalls Mehrkosten von bis zu 200 Millionen EUR, und zwar pro Jahr, verursacht. Unverantwortlich, wie ich meine, gegenüber den Steuerzahlern in dieser Stadt!

 

Kommen wir zum Sanierungsvorhaben Zentralfeuerwache, das bereits das Kontrollamt hinlänglich aufgerollt hat: Begonnen hat das Ganze mit 16,8 Millionen EUR. Derzeit stehen wir bei 50 Millionen EUR, und wir wissen nicht, wann das Ende der Fahnenstange erreicht ist. 33 Millionen EUR Mehrkosten allein in diesem Bereich, unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern in dieser Stadt!

 

Noch ein nettes Beispiel, das veranschaulicht, wie mit den Geldern in dieser Stadt umgegangen wird: Fußball-Europameisterschaft 2008: Die Stadt Wien hat 8,8 Millionen EUR in die Fan-Zone Hanappi-Stadion investiert. Dafür wurden während der gesamten EURO dort knapp 17 000 Fans begrüßt. Im Klartext: Hätte man dort jedem Besucher 528 EUR in die Hand gedrückt, damit er sich das Match woanders ansieht, wäre das finanzielle Ergebnis das gleiche gewesen. Unverantwortlich, wie ich meine, gegenüber den Steuerzahlern dieser Stadt!

 

Die Baukosten des 2008 eröffneten neuen Prater-Vorplatzes, auch schon oft diskutiert, und zwar zu Recht diskutiert: Die Baukosten sind von 39 Millionen EUR auf 60 Millionen EUR hinaufgeschnellt. Zusätzlich musste die Stadt Wien deutlich mehr zuschießen, als ursprünglich veranschlagt, nicht zuletzt, weil das beauftragte Generalunternehmen Explore 5D in den Ausgleich musste. Unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern in dieser Stadt!

 

Noch ein Beispiel gefällig? Die Parkgarage im AKH: Veranschlagt waren 3 Millionen EUR, geworden sind es 25 Millionen EUR. Das ist nicht tragbar, meine Damen und Herren, unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern in dieser Stadt!

 

Der Umbau des Ronacher: 30-prozentige Kostensteigerung von 34,1 Millionen EUR auf 46,8 Millionen EUR. Schon wieder sind 12,7 Millionen EUR gefunden! Unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern in dieser Stadt!

 

Eine Liste, die, leider Gottes, bei Weitem keinen Anspruch auf Vollständigkeit bietet und für sich in Anspruch nimmt.

 

Was mir nun auch bei der Budgetrede der Frau VBgmin Brauner aufgefallen ist, ist, sie hat auf die großartigen Arbeitslosenzahlen in dieser Stadt verwiesen. Sehr geehrte Frau StRin Brauner, ich bin es gewohnt, und ganz Europa zeigt das vor, dass Ballungsräume für gewöhnlich die Motoren der Wirtschaft sind. Bei uns zeigt der Bundesländervergleich, dass Wien hinterherhinkt, sowohl bei den Arbeitslosenzahlen als auch bei den Wachstumszahlen. Das sollte uns zutiefst zu denken geben, weil es ist unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern in dieser

 

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