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Gemeinderat, 46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 119

 

Das heißt sehr oft auch Aufgabe des Freundeskreises. Das bedeutet insgesamt oft schwerwiegende gesundheitliche, finanzielle und soziale Folgen.

 

Und Psychoterror kann auch sehr oft tödlich sein. Es wurde hier kurz erwähnt.

 

Ich möchte nur ein aktuelles Beispiel nennen. Man findet solche Beispiele fast täglich vielleicht nicht, aber wöchentlich findet man sicher hier Beispiele.

 

Eines ist ganz, ganz aktuell. Ich möchte kurz zitieren aus einer APA-Aussendung über einen Mordprozess – es ist noch nicht lange her, nämlich am 13. September 2004 –, zu welchen Beschlüssen das Gericht kam bei der Verurteilung eines Täters. Ganz kurz nur: Die Ehe war geprägt von Streitereien und Handgreiflichkeiten. Als die Frau die Scheidung einreichte und zu ihrer aus einer vorangegangenen Beziehung stammenden erwachsenen Tochter zog, wurde der Täter aber erst so richtig ungemütlich. Er hat sie terrorisiert, sagte der Staatsanwalt. Bis zu hundertmal am Tag rief er sie an und drohte ihr mit dem Umbringen. Die Frau wechselte schließlich die SIM-Karte ihres Mobiltelefons. Daraufhin belästigte er sie an ihrem Arbeitsplatz, passte sie vor der Pizzeria ab, in der sie als Hilfsköchin beschäftigt war. Das Opfer hatte Angst und bat nach Arbeitsschluss fortan sicherheitshalber einen Kollegen, er möge sie zu ihrem Auto begleiten. Am 11. September 2003 soll der Täter sie schließlich mit einem Messer in der Nähe ihrer Wohnung abgepasst haben. Laut Anklage tötete er die 43-Jährige auf offener Straße mit mehreren wuchtigen Messerstichen. Und jetzt kommt es: Er hat seine wochenlangen Drohungen wahrgemacht, stellte der Staatsanwalt fest. Das nur ein ganz konkretes, ganz aktuelles Beispiel von der leider täglichen Realität.

 

Es gibt auch eine internationale Studie zu diesen furchtbaren Tragödien. Die John Hopkins University untersuchte den Zusammenhang zwischen Stalking und der Ermordung der Ex-Partnerin, und zwar bei insgesamt 141 Morden und 60 Mordversuchen an Frauen, und dabei ist herausgekommen, dass 80 Prozent der Mordopfer ein Jahr lang – das muss man sich einmal vorstellen –, ein Jahr lang vor der Tat durch den Partner gestalkt wurde. Oder sprich: Stalking nach der Trennung mit tödlichem Ausgang wurde bei 88 Prozent der Opfer nachgewiesen.

 

Ich denke, das ist ganz, ganz wichtig in diesem Zusammenhang. Wir reden hier wirklich nicht nur von ganz, ganz selten vorkommenden Einzelbeispielen, sondern ich weiß aus der Praxis, dass manchmal leider auch Mord letztendlich zu dem traurigen Ergebnis von Stalking führt.

 

Wie sich Stalking äußert, haben Sie hier schon gehört. SMS ist wahrscheinlich – unter Anführungszeichen – noch das harmloseste. Meistens kommt es zum Verfolgen, zum Abpassen und so weiter.

 

Die Erfahrungen des 24-Stunden-Notrufs machen es deutlich, wie schwierig es derzeit ist, mit der Situation umzugehen. Nicht nur der 24-Stunden-Notruf, sondern auch Opferschutzeinrichtungen beziehungsweise die Polizei können sich hier anschließen, weil auch ihnen die Hände gebunden sind. Die Frauen melden sich oft erst dann, wenn der Psychoterror schon lange, lange anhält. Sie haben dann meistens auch schon irgendwelche Schutzmaßnahmen getroffen, das heißt eine Geheimnummer bis eben auch zum Versuch, mit der Polizei in Kontakt zu treten. Aber das Ergebnis war eben meistens, dass es erfolglos ist, weil nämlich nur in jenen Fällen, wo tatsächlich eine gefährliche Drohung vorliegt, derzeit wirklich rechtliche Schritte unternommen werden können. Und viele von uns haben wahrscheinlich oft schon so Beispiele gehört, wo Opfer sagen, ich hab eh schon ein paar Mal die Polizei gerufen, aber die Polizei sagt oft, was sollen wir denn tun? Wir waren schon ein paar Mal dort, aber wir können halt nichts tun, solange nichts passiert. Und ich denke, wir alle haben solche Fälle schon mehrmals gehört.

 

Die internationale Situation wurde hier auch schon kurz erwähnt. Wie schaut es aus auf der Welt mit den gesetzlichen Maßnahmen? Die USA sind eben, wie gesagt, hier schon sehr, sehr weit, Kanada, Japan und Australien auch. Aber auch in Europa gibt es natürlich schon viele Länder, die hier gesetzliche Maßnahmen verankert haben. England, die Niederlande, Schweden und Belgien haben eigene Regelungen. In Deutschland ist es ein bisschen im Gewaltschutzgesetz geregelt. Es gibt derzeit aber auch eine aktuelle Diskussion in Hessen, die hier sehr, sehr aktiv sind. Aber leider, in Österreich haben wir derzeit keine geeignete Rechtsgrundlage, die vor allem eine gerichtliche Verfolgung bei Psychoterror möglich macht.

 

Wie ich versucht habe, es Ihnen ein bisschen aus der Praxis deutlich zu machen, ist hier ein zwingender Handlungsbedarf angebracht. Und wie auch heute schon angesprochen wurde, ich glaube, von der Monika Vana, kann es natürlich nur dann effektiv sein, wenn es auch im Strafrecht verankert ist, das heißt, der Staat aktiv Anklage erheben kann. Das heißt, eine gesetzliche Verankerung muss her.

 

Deshalb freut mich sehr, dass es uns gelungen ist, einen Vierparteienresolutionsantrag, den ich hier in Händen halte, den ich gemeinsam heute mit den Kolleginnen Schöfnagel, Feldmann und Monika Vana hier einbringen möchte, zustande zu bringen. Hier wird klar gefordert: Der Gemeinderat der Stadt Wien ersucht die Bundesregierung und den Nationalrat, wirksame gesetzliche und damit verbundene organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung von Stalking zum Schutz der Opfer und zu einer angemessenen strafrechtlichen Reaktion zu treffen. Wir verlangen die sofortige Abstimmung.

 

Es freut mich sehr, dass es uns gelungen ist, hier wirklich gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ich danke natürlich auch den beiden Stadträtinnen, der Renate Brauner, die im Vorfeld hier die Studienmöglichkeit geschaffen hat, und der Sonja Wehsely, die von Anbeginn ihres Amtes hier sehr aktiv geworden ist für ihre Initiative.

 

Ich möchte aber auch von dieser Stelle meinen Dank an die engagierten Mitarbeiterinnen des Frauenbüros und vor allem natürlich auch des 24-Stunden-Frauennotrufs,

 

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