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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 115 von 120

 

blauschwarze Koalition drüben im Parlament die Diskussionsmöglichkeit für die Parlamentarier genommen wurde, durch Fristsetzungsanträge die Tagungen des Unterausschusses auf drei Sitzungen beschränkt wurden, Zeugen nicht eingeladen wurden und verweigert wurde, dass man Zeugen holt, und alle jene Sachen. (GR Dr Herbert Madejski: Das war aber im Planungsausschuss auch so!)

 

Sie wissen genau, dass im Planungsausschuss Zeugenladungen nicht üblich sind und daher auch nicht vorkommen. Sie haben im Planungsausschuss jede Möglichkeit, sich bei den Beamten zu informieren, das wissen Sie. (GR Dr Herbert Madejski: Gesundheitsausschuss!) Und wissen Sie, was ich heute bekommen habe? (GR Mag Wolfgang Gerstl: Seit 30. 4. gibt es keine Möglichkeit ...!) Wissen Sie, was ich heute bekommen habe vom zuständigen Ministerium, vom zuständigen Minister, der heute in der Untersuchungskommission - nein; Untersuchungskommission sage ich schon, weil das ein Thema für eine Untersuchungskommission wäre, was da im Parlament passiert, aber noch ist es der Unterausschuss.

 

In diesem Unterausschuss hat der Vertreter aus der Bundesrepublik Deutschland, den die Koalition geladen hat, in klaren Worten festgestellt, dass diese Reform der Bundesbahn in dieser Form nicht tragfähig ist, sondern dass es viel, viel wichtiger und besser wäre, die Bundesbahn zu entschulden und dann eine Organisationsform zu finden, die das Unternehmen erhält, die dieses Unternehmen in die Lage versetzt, seiner Funktion nachzukommen, und die dieses Unternehmen endlich auch in seiner verkehrspolitischen Notwendigkeit absichert. Genau das tut die Reform der Bundesbahn, die von der Koalition vorgeschlagen wurde, nicht!

 

Wissen Sie, was ich heute Nachmittag bekommen habe, um halb sieben? Um 18.39 Uhr - um genau zu sein - ist das Fax eingelangt, mit dem der Herr Bundesminister und Vizekanzler mich als Verkehrsreferenten des Landes Wien das erste Mal - das erste Mal! - zu einer Informationsveranstaltung zum Thema ÖBB-Reform einlädt! Das erste Mal, obwohl diese Bundesbahnreform dazu führen wird, dass wir, Herr Kollege Gerstl, nicht einmal mehr einen Schilling für einen U-Bahn-Neubau werden einsetzen können, nicht einmal mehr einen Euro werden einsetzen können für den Kauf neuer Schnellbahngarnituren, weil wir als Bundesland nur werden hineinfinanzieren können in die Erhaltung des ganz normalen Schnellbahnbetriebes, weil sich der Bund mit diesen Gesetzen daraus verabschieden möchte! (GR Mag Wolfgang Gerstl: Das stimmt absolut nicht! - GR Franz Ekkamp: Toll! - VBgm Dr Sepp Rieder: Unglaublich!)

 

Herauskommen wird, dass die Österreichischen Bundesbahnen in der Form 2007 wiederum dort stehen werden, wo sie heute sind, finanziell schlechter dastehen werden, weniger Beschäftigte haben werden und außerdem wahrscheinlich schon die ersten Teile ins Ausland verkauft sein werden. Wenn man sich anschaut, was da passiert ist, was da in Vorbereitung ist! Ich weiß schon, es gibt heute bei einzelnen Gesellschaften Direktoren, die man sonst nicht unterbringen kann. Aber gerade in dieser Situation, in der man weiß, dass man nicht sehr viel Geld zur Verfügung hat, ist es unbestritten, dass das Bundesbudget saniert gehört. Auch das städtische Budget ist nicht überaus dehnbar. Es gibt dann Entscheidungen, die Mehrkosten verursachen: 100 Millionen EUR allein deshalb mehr, weil man auf neun Gesellschaften aufteilt, 100 Millionen EUR an Mehrkosten, weil man zusätzlich Overheads schafft, weil man filetiert, weil man zergliedert.

 

Erklären Sie mir dann Folgendes, bei allen Schwierigkeiten, Herr Kollege Gerstl - Sie kennen die Bundesbahn auch relativ gut, wie ich aus einzelnen Anmerkungen von Ihnen da und dort merke -: Es ist heutzutage in dem großen Betrieb schon schwierig, die Organisation zügig und straff zu halten. Wie soll das dann funktionieren, wenn man auseinander nimmt in je eine Gesellschaft für den Personenverkehr, für den Güterverkehr, für den Betrieb der Infrastruktur, für die Erhaltung der Infrastruktur, für den Neubau der Infrastruktur und, und, und?

 

Ich sage Ihnen das nur am Beispiel des Pratersterns, des von uns allen gewünschten Neubaus des Bahnhofs Praterstern - Bahnhof Wien Nord. Das ist zurzeit Ostblock - ohne die Nachfolgestaaten des Ostblocks beleidigen zu wollen -, schon jetzt sind dort drei wesentliche Teile der Bundesbahnen am Werken: die Bahnhofsoffensive aus dem Bereich Absatz, die Infrastruktur Neubau und zusätzlich die Infrastruktur Trasse. Diese drei Bereiche müssen zusammenwirken. Wir kennen den Leidensweg - ich habe ihn des Öfteren auch in der einen oder anderen Diskussion im Ausschuss zu erkennen gegeben -: einmal fünf Gleise, einmal vier Gleise, dann drei, dann wieder fünf Gleise. Was glauben Sie, was passiert, wenn das eigenständige Aktiengesellschaften sind? Wie viel an Kooperation wird dann noch stattfinden?

 

Ich bin sofort dafür, dass wir eine Neuorganisation bei der Bundesbahn machen. Aber machen wir sie, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland gemacht wurde und wie das der Experte der Bundesregierung heute im Unterausschuss gesagt hat, nämlich einerseits im Konsens aller im Parlament der Bundesrepublik Deutschland vertretenen Parteien und zweitens natürlich im Konsens mit den Gewerkschaften. Dann, Herr Kollege Gerstl, nehme ich Ihnen auch ab, dass Sie hier in Ihrer Rede für Bombardier und für Siemens Verkehrstechnik Werbung machen. Dann nehme ich Ihnen auch ab, dass Sie Angst haben, dass dort Beschäftigung verloren geht. Aber wenn Sie zur gleichen Zeit einer der Parteien angehören - und gerade Staatssekretär Kukacka ist ja einer von denen, die an vorderster Front für die Zerschlagung der Bundesbahn kämpfen. Dort sollen 12 000 Arbeitsplätze vernichtet werden!

 

Ich wünsche dem Bombardier-Arbeitern, ich wünsche den Beschäftigten der Siemens Verkehrstechnik, dass sie sehr viel Beschäftigung haben, dass sie sehr viel zusätzliches Personal aufnehmen können. Sie wissen, was wir uns auf der Ausschussreise in Istanbul

 

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