Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 99
Und es stimmt mich auch traurig, dass der ÖVP-Redner kein
Wort einer Distanzierung zu den Äußerungen des GR Blind findet in seiner
Wortmeldung. Das ist auch bezeichnend, muss man ganz einfach zur Kenntnis
nehmen.
Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass es eine Zeit
gegeben hat zwischen 1938 und 1945, wo 65 000 österreichische Juden
hingerichtet wurden, ermordet wurden.
Wir wissen, dass es eine Zeit gegeben hat, wo es mehr
als 5 000 Zwangssterilisierungen gegeben hat.
Wir wissen, dass fast 10 000 österreichische
Zigeuner gemordet wurden.
Wir wissen, dass 32 000 Österreicher in
Konzentrationslagern gemordet wurden, dass rund 100 000 Häftlinge, die Österreicher
waren, ebenfalls in den Konzentrationslagern umgekommen sind und Opfer sind.
Und wir wissen die Opfer des Krieges, wir wissen die
Opfer der Verführten.
Und daher ist es, weil wir das wissen, so wichtig,
weil sich die, die damals Österreich wieder aufgebaut haben, geschworen haben,
nicht mehr zuzulassen, dass Faschismus, egal in welcher Art und Weise, in
diesem Land wieder Fuß fasst, und wenn er in Wirklichkeit einen Fuß
hereinbekommt, sich dagegen zu wehren. Und es gilt dann auch, schonungslos aufzuzeigen,
wenn es geistig Verbündete in einer politischen Partei dieses Hauses gibt. (Beifall bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)
Meine Damen und Herren! Ich bleibe ganz einfach
dabei: Diese unerquicklichen Szenen der Rechtsradikalen müssen ein Ende finden!
Und es ist auch unerträglich in dieser Stadt, wenn
der Obmann der Wiener Freiheitlichen Partei in einem Artikel seiner Zeitung in
Wirklichkeit diesen Rechtsradikalismus und Faschismus verniedlicht und von der
Spirale der linken Gewalt spricht. Aber wir nehmen halt zur Kenntnis, dass sich
die Freiheitliche Partei immer stärker in die Form der Unbelehrbaren
entwickelt. Und Sie sind eigentlich hier eine Organisation, die mithilft, dass
sich diese Nazis überhaupt in dieser Stadt trauen können, in dieser Art und
Weise des Rechtsradikalismus aufzutreten. Sie und Ihre Abgeordneten im
Parlament, auch wenn sie heute als Gäste auf der Tribüne sind.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in diesem
Zusammenhang sagen: Wie tief ist man gesunken, wenn man die Befreiung vom
Faschismus als totale Niederlage bezeichnet und wenn man in Wirklichkeit nicht
der Opfer gedenkt, die durch den Faschismus gemordet wurden, sondern einen
Trauertag veranstaltet für jene, die diese gemordet haben.
Meine Damen und Herren! Da ist es verständlich ...
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Ich darf bitten, zum Schluss zu kommen!
GR Johann Hatzl
(fortsetzend): ... dass sich die
Menschen dagegen wehren, aufschreien. Da ist es verständlich, wenn in diesen
Tagen die letzten Opfer einer schrecklichen Zeit am Zentralfriedhof symbolisch
zu Grabe getragen werden. Und daher ist die Wehrmachtsausstellung eine wichtige
Geschichtsaufarbeitung gewesen.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Ich bitte, zum Schluss zu kommen!
GR Johann Hatzl
(fortsetzend): Und ich sage, es
bleibt dabei: Gegen Faschismus und Neonazismus muss man entschlossen vorgehen.
Das ist man dieser Heimatstadt Wien schuldig. (Beifall bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die Aktuelle Stunde ist somit beendet.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen,
gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass an
schriftlichen Anfragen vom Grünen Klub 20 und vom Klub der
Freiheitlichen 4 eingelangt sind.
Von den GRe Heinz Christian Strache und Ing Gunther
Wolfram wurde eine Anfrage (PGL/02055/2002/0001-KFP/MDGF)
an den Herrn Bürgermeister, betreffend die Zukunft der Sofiensäle in Wien,
gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der
notwendigen Anzahl von Mitgliedern des Gemeinderats unterzeichnet. Gemäß
§ 36 Abs. 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung vor Schluss
der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist dies um 16.00 Uhr noch nicht der
Fall, wird die Gemeinderatssitzung für die Beantwortung unterbrochen.
Vor Sitzungsbeginn sind von Gemeinderatsmitgliedern
des Grünen Klubs 1, des ÖVP-Klubs keine, des Klubs der
Freiheitlichen 1 und der Sozialdemokraten keine Anträge eingelangt. Den
Fraktionen wurden alle Anträge schriftlich bekannt gegeben. Die Zuweisungen
erfolgen wie beantragt.
Von den GRe Dr Herbert Madejski, Ing Gunther Wolfram
und Heike Trammer wurde gemäß § 73 Abs. 6a ein Ersuchen, betreffend
Praxis der Flächenwidmung in Wien, an das Kontrollamt gerichtet. Dieses
Ersuchen hat die notwendige Anzahl von Unterschriften und wird somit an das
Kontrollamt weitergeleitet.
Herr GR Michael Kreißl hat am 24. April auf sein
Mandat im Wiener Gemeinderat verzichtet. Der Herr Bürgermeister hat gemäß
§ 92 Abs. 2 der Wiener Gemeindewahlordnung auf das dadurch frei
gewordene Mandat das in Betracht kommende Ersatzmitglied im Wahlvorschlag der
Freiheitlichen Partei Österreichs, Herrn Günther Barnet, in den Gemeinderat
berufen.
Gemäß § 19 der Stadtverfassung ist das Gemeinderatsmitglied
anzugeloben.
Ich bitte nun den Herrn Schriftführer, die Gelöbnisformel
zu verlesen, und anschließend das neue Mitglied des Gemeinderats, auf meinen
Aufruf hin, das Gelöbnis mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten. Ich
bitte um Verlesung. (Die Anwesenden
erheben sich von ihren Plätzen.)
Schriftführer GR Rudolf Stark: "Ich gelobe der Republik Österreich und der
Stadt Wien unverbrüchliche Treue, stete und volle Beachtung der Gesetze sowie
gewissenhafte Erfüllung meiner Pflichten."
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Herr GR Barnet.
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