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Landtag, 40. Sitzung vom 20.11.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 76

 

ßerdem eine Überbrückung und Starthilfe für die Wiedereingliederung oder Eingliederung in den Arbeitsmarkt, und drittens, um den Unterschied zwischen Erwerbseinkommen und Einkommen eben aus einer Sozialleistung hochzuhalten.

 

Ich werde jetzt auf die unterschiedlichen Bezugsgruppen eingehen und diese einzeln durchgehen. Da sind erstens Einzelpersonen, der klassische Fall, AlleinerzieherInnen als eigene Gruppe, Menschen mit Behinderung, Familien und Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse.

 

Ich beginne mit den Einzelpersonen: Was wird sich bei Einzelpersonen ändern? - Dort ändert sich nichts, es richtet sich nach wie vor die Höhe nach dem Nettoausgleichszulagenrichtsatz, das liegt bei 885 EUR pro Monat. Das wird beibehalten, keine Änderung.

 

Zweitens, AlleinerzieherInnen: Was passiert bei AlleinerzieherInnen? - Da bekommt das Land die Möglichkeit, zusätzliche Mittel auszuschütten, also zusätzlich zu der normalen Sozialhilfe plus Familienbeihilfe kann das Land prozentuell mehr dazuzahlen, soll heißen, AlleinerzieherInnen können bessergestellt werden, sofern das Land das so umsetzt.

 

Ähnlich verhält es sich mit Menschen mit Behinderung. Auch hier kann das Land einen Bonus ausschütten, das sind dann 18 Prozent des Nettoausgleichszulagenrichtsatzes, 155 EUR werden das sein. Das heißt, auch hier eine Besserstellung für Menschen mit Behinderung, sofern das Land das so umsetzt.

 

Kommen wir zum kontroversesten Punkt, nämlich die Familien: Hier sieht das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz die Familie als Verband, einen Familienverband und nicht die Einzelnen, dementsprechend auch die Berechnung. Wenn wir uns anschauen, eine Familie mit 3 Kindern - das ist das, was immer durch die Medien geistert -, bekommt insgesamt für alle 3 Kinder über 1.000 EUR, inklusive Familienbeihilfe bereits gerechnet, das sind in etwa 350 EUR pro Kind. 350 EUR pro Kind, über 1.000 EUR für eine 5-köpfige Familie, das heißt, 2 Eltern, 3 Kinder. Das ist die Wahrheit, und alle anderen Zahlen sind populistisch, wenn Sie damit hantieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Mein nächster Punkt, die Deutschkenntnisse: Wir sind uns sicherlich einig, dass Deutsch die Grundvoraussetzung ist, um überhaupt in den Arbeitsmarkt zu kommen, um an einem Gesellschaftsleben in Österreich teilzunehmen. Deswegen war es auch notwendig, seitens des Gesetzgebers einen Hebel zu finden, wie diese Deutschkenntnisse sichergestellt werden können. Das wurde in Form dieses Arbeitsqualifizierungsbonus gemacht. Das sind diese etwas über 300 EUR, die dann in Form von Sachleistungen seitens der Länder zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel für Deutschkurse bis Niveau B1, sofern kein Pflichtschulabschluss in der deutschen Sprache nachgewiesen werden kann. Was wird dadurch erreicht? - Dadurch wird erreicht, dass alle Personen, die Sozialhilfe beziehen, einen einheitlichen Sprachstand haben. Das ist eine extrem wichtige Angelegenheit, nicht nur, weil es für uns als Stadt wichtig ist, dass ein einheitlicher Sprachstand da ist - zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache, B1 bedeutet höhere Grundkenntnisse -, sondern weil es auch für die Betroffenen selber wichtig ist, die vielleicht noch nicht so die Möglichkeit hatten, Deutsch zu lernen. Es betrifft eben nicht nur die Leute, die unter das Integrationsgesetz 2017 fallen, sondern eben auch diejenigen, die vorher, also vor 2015, nach Österreich gekommen sind, die bisher überhaupt keine Deutschkurse absolvieren mussten und vielleicht noch nicht so die Möglichkeit hatten oder sich der Problematik nicht so bewusst sind. Diese bekommen jetzt die Chance, darauf hingewiesen zu werden: Lerne Deutsch und dann kannst du ganz, ganz anders und viel besser in der österreichischen Gesellschaft partizipieren!

 

Thema Eintritt in den Arbeitsmarkt: Da ist der Grundsatz des Gesetzes, dass wir von jenen Personen, die arbeiten können, auch verlangen können, dass sie tatsächlich arbeiten gehen. Deswegen wurden Arbeitsanreize geschaffen. Der maßgeblichste ist, dass jemand, der, während er Mindestsicherung bezieht, Arbeit findet, einen Freibetrag von 35 Prozent des Nettoeinkommens über ein Jahr lang hat, also 12 Monate lang zu seiner Arbeit auch noch Teile der Mindestsicherung dazubekommt. Das ist insofern sinnvoll, als wir wissen, dass Leute, die neben der Mindestsicherung arbeiten gehen, leichter aus der Mindestsicherung überhaupt herauskommen. Dementsprechend schaffen wir eine Übergangsphase zwischen Job, der vielleicht noch nicht so gut bezahlt ist, aber trotzdem ein Job ist, und der Mindestsicherung in der Hoffnung, dass die Leute den Sprung in den Arbeitsmarkt vollständig schaffen.

 

Ein weiterer Vorteil des Sozialhilfe-Grundgesetzes ist, dass auf Vermögen nicht mehr in der Art und Weise zugegriffen werden muss, wie es momentan der Fall ist. Tatsächlich haben die Länder die Möglichkeit, weniger rasch auf das Vermögen der Personen zuzugreifen. Das ist unserer Ansicht nach deswegen sinnvoll, weil die Sozialhilfe für uns eine Überbrückung ist, also keine dauerhafte Hängematte, sondern wirklich nur kurzfristig. Zweitens bestand am Land natürlich die Eigenheimproblematik. Personen wohnen in ihrem Eigenheim, das eigentlich als Eigentum anerkannt werden müsste, es wäre aber völlig kontrovers, wenn diese Person dann ausziehen müsste, damit sie die Sozialhilfe bekommt. Also auch hier ein Vorteil dieses Sozialhilfe-Grundgesetzes.

 

Ich habe Ihnen jetzt die Vorteile aufgezählt - ich merke, dass ich viel Aufmerksamkeit dafür erhalten habe -, und ich habe auch ein bisschen für dieses neue Gesetz geworben, aber de facto muss ich eigentlich nicht werben, denn de facto ist es gültiges Recht. Es ist gültiges Recht, das das Land Wien umzusetzen hat, und dass wir diese Diskussion hier führen, ist eigentlich eines Rechtsstaates nicht würdig. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Wir haben heute in der Anfragebeantwortung gehört, und so ist auch mein Eindruck, dass Sie nicht die Absicht haben, dieses Gesetz umzusetzen. Sie schieben vielleicht ein bisschen die rechtliche Perspektive vor, haben aber sehr wohl auch aus inhaltlichen Gründen nicht die Absicht, das Gesetz umzusetzen. Ich darf Sie in diesem

 

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