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Landtag, 30. Sitzung vom 22.11.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 98

 

festgestellt wird - ohne permanente ideologische Färbung, einfach anhand von objektiven Kriterien -, wo es mehr Stellplätze geben soll, wo es weniger geben soll. Im Falle von Zürich beispielsweise, indem man sagt, entlang von hochwertigen Verkehrsmitteln, entlang von S-Bahnen, entlang von U-Bahnen braucht man weniger, denn wir wissen, dass statistisch Leute, die an solchen Linien wohnen, tendenziell eher weniger das Auto benutzen, aber an der Peripherie braucht man mehr. Das wäre zum Beispiel eine mögliche Umsetzung. Ich sage nicht, dass es der Weisheit letzter Schluss ist, aber das wäre einmal ein revolutionärer neuer Umgang mit dem Thema fernab von ideologischen Brillen, wo sich die Leute auf eine gewisse Rechtssicherheit verlassen können und nicht auf diese Mogelpackung, die Sie uns hier vorlegen.

 

Es gibt in New York ein ganz interessantes Modell, es ist erst in den letzten Monaten beschlossen worden. Auch in New York - Sie wissen, Skyline, sehr hohe Gebäude - hat man erkannt, dass die Anforderungen an den Individualverkehr im 21. Jahrhundert eben andere sind als noch im letzten Jahrhundert. Sharing-Economy sage ich nur und Ähnliches. Das ist etwas, das in den nächsten Jahrzehnten auf uns zukommen wird, und New York baut vor, nicht mit der vom Kollegen Chorherr angesprochenen Verwendung von Parkplätzen als Lagerraum oder so etwas in die Richtung. Das ist das, was wir jetzt in der Novelle hier lesen, sondern in New York hat man darauf reagiert und gesagt: Gut, wenn in Zukunft nicht mehr Tiefgaragen gebaut werden, sondern eben Hochgaragen, also Erdgeschoß, 1., 2., 3. Stock, et cetera, so viele Garagenplätze, wie man eben benötigt, dann dürfen die Gebäude um dieses Maß höher sein.

 

Ich sage nicht, dass man das für Wien umsetzt, aber ich sage Ihnen, was die Idee dahinter ist. Die greifen nämlich genau diese zukünftigen Tendenzen auf. Die Idee dahinter ist, dass die sagen, sie gehen auch davon aus, dass sich der Individualverkehr in Zukunft verändern wird, und da bauen wir vor. Mit den Hochgaragen schaffen sie jetzt Flächen, die eben dezidiert über der Erdgeschoßfläche liegen, weil man die leichter in Zukunft auch zu neuen Wohnflächen umbauen kann, wenn es sich so entwickelt, wie alle vorhersagen. Und wenn es sich nicht so entwickelt, dann macht es auch nichts, dann hat man Parkplätze, aber es ist zumindest eine Vision, die auch potenzielle zukünftige Entwicklungen absichert.

 

Oder Regelung zu Nachverdichtungen: Wir haben ganz klar gesagt, und dazu bekennt sich die schwarz-blaue Regierung auch im Regierungsprogramm: Nachverdichtung vor der Versieglung grüner Wiesen. Das steht auch so im Regierungsprogramm. Es geht darum, dass man im städtischen Bereich nachverdichten soll, dass man aufstocken soll, aufzonen soll. Warum? - Weil jede Neuversiegelung an grünen Wiesen bedeutet, dass man zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen setzen muss, dass man neue Straßen bauen muss, dass man neue öffentliche Verkehrsmittel errichten muss und es am Ende des Tages doch viel sinnvoller ist, die vorhandenen Ressourcen zu nutzen. Nachverdichtung.

 

Was macht die Bauordnungsnovelle zu dem Thema? - Statt dass man bestehende Gebäude im innerstädtischen Bereich zum Beispiel um eine Etage, zwei Etagen erhöht, aber in Summe das Ortsbild beibehält, greift man zu einem anderen Mittel. Kollege Ulm hat es vorher schon angesprochen, stattdessen werden im § 81 die Dachaufbauten verändert. Die Gauben werden überhaupt gleich einmal abgeschafft, die bisher auch ein Teil der Wiener Dachlandschaft sind. Wenn Sie am Stephansdom oben sind und runterschauen, dann schauen Sie eben auch auf eine Dachlandschaft und nicht nur auf Häuser. Das wird in Zukunft radikal verändert, nicht so schlimm, wie in der Ursprungsversion, da war die Rede von der Hälfte der Dachfläche, das ist jetzt reduziert worden - möglicherweise auf Grund meines Einwandes im Rahmen einer Gemeinderatssitzung - auf maximal ein Drittel der Dachfläche. Aber Dachaufbauten, das heißt, das Dach kann in Zukunft, statt derzeit im 45-Grad-Winkel, senkrecht nach oben gehen, bis zur maximalen Dachhöhe, zumindest auf einer Breite von einem Drittel des Gebäudes. Damit schaffe ich zweifellos zusätzliche Nutzflächen, aber im Gegensatz zu einer Aufstockung und oben drauf wieder einem Dach wie bisher verändere ich damit nachhaltig das Stadtbild. Es wird eben nicht nur höher, bleibt aber in der Gestaltung gleich, sondern es wird höher, indem man Dächer aufklappt. Ein aufgeklapptes Dach ist etwas anderes als ein geziegeltes altes Dach mit Gauben. Das Stadtbild wird sich dadurch nachhaltig verändern.

 

Oder das Thema Deregulierung, ich habe es oft und oft angesprochen. (Der Redner hält ein Buch in die Höhe.) Sie kennen dieses Buch, das ich hier in meiner Hand habe, das ist die Bauordnung in ihrer ursprünglichen Version von 1930. Das ist die Bauordnung, die heute noch gilt. Unsere heutige Wiener Bauordnung wurde am 20. Dezember 1929 beschlossen, unsere heutige Bauordnung ist also fast 90 Jahre alt. Die Stadt Wien bekennt sich alle Jahre wieder zur Deregulierung, zur Verwaltungsvereinfachung, alles wird einfacher, alles wird besser. Das Ergebnis ist dann die 5. Auflage der Bauordnung von Wien, Stand 1. April 2018, die sieht dann so aus, nach all den Deregulierungsmaßnahmen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Der Redner hält ein weiteres Buch in die Höhe.) Das ist die sogenannte Deregulierungspolitik, die Sie betreiben, und wir haben viele Vorschläge für Verwaltungsvereinfachungen gemacht. Es geht nicht nur darum, darüber zu reden, sondern auch umzusetzen.

 

Zum Beispiel finden wir in der Bauordnung ganze Paragraphen, die nicht mehr angewandt werden, die §§ 22 bis 34. Ich habe es schon einmal in einer Rede hier erwähnt, das sind 12 von rund 140 Paragraphen. Fast ein Zehntel der ganzen Bauordnung wird überhaupt nicht mehr angewandt. Da geht es um eine uralte kaiserliche Bestimmung zum Thema Umlegungen. Das sind so Geschichten, wenn man durch viele Erbschaften ununterbrochen Felder immer kleiner, kleiner und kleiner macht und teilt und dann noch irgendwann eine Straße durchverlegt, bleiben lauter, auf gut Wienerisch gesagt, wuzikleine Grundstücke über. Um dem zu begegnen, gibt es diese Kapitel zum Thema Umlegung. Das passiert aber heute in dieser Form gar nicht mehr, da gibt es ganz andere Möglichkeiten, wie man das Problem lösen kann.

 

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