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Landtag, 26. Sitzung vom 28.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 84

 

2017 waren es 17.226 Rechtsfälle. Daran kann es also nicht gelegen sein! Die Steigerung insgesamt, zusammengezählt mit den Fällen, die noch offen sind - ein Teil bleibt ja immer offen -, von 23.530 auf 25.950 zeigt, dass Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sehr viel Aufgaben haben und diese offensichtlich trotz dieser Steigerung gut bewältigt haben: Die Zahl der offenen Fälle ist nämlich nur um 300 gestiegen, was zeigt, dass sehr effizient gearbeitet wird.

 

Es ist dem Bericht auch zu entnehmen, woher die Herausforderungen kommen. Ein Beispiel: Wenn wir rigoros gegen das Glücksspiel vorgehen, dann zieht das natürlich Arbeit nach sich: So gab es zuvor 1.224 Verfahren nur wegen Glücksspiels, jetzt sind es 2.040. Allein im Zusammenhang mit Glücksspiel sind also 800 zusätzliche Verfahren notwendig geworden! Die Alternative dazu wäre, nicht gegen das Glücksspiel vorzugehen.

 

Aber der wesentliche und der offensichtlichste Beitrag in diesem Bericht ist - das wird gleich am Anfang ganz ungeschminkt dargestellt -, dass es aus Sicht des Präsidenten Personalmangel gibt. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Aus Sicht des Personalausschusses!)

 

Ja. Es gibt aus Sicht des Personalausschusses Personalmangel. Das wurde jetzt auch von Kollegen Ulm referiert. Es wird hier der Wunsch geäußert, dass ein Bedarf an weiteren 14 Richtern und Richterinnen besteht. Das ist nicht das Einzige, aber das wird hier sehr deutlich vom ersten bis zum letzten Satz fast durchgehend angesprochen.

 

Wir haben jetzt erreicht, dass es ein neues Bestellverfahren gibt, was eine leichte Verbesserung bringt. Die letzten fünf Richter und Richterinnen - das haben wir schon letztes Jahr zu besprechen begonnen - wurden erst nach einem kompletten Jahr bestellt. In Zukunft wird das auf Grund des Initiativantrags, den die Regierungsparteien eingebracht haben, verbessert: Der Herr Präsident wird dieses Verfahren in Zukunft selber leiten, und das wird um eine Spur - beziehungsweise hoffentlich um mehr als nur eine Spur - schneller gehen, als wenn wir es im Magistrat machen.

 

Ein weiterer guter Schritt und hoffentlich eine leichte Entlastung ist die Verlagerung der Disziplinargerichtsbarkeit zum Bundesverwaltungsgericht. Das ist eine sinnvolle Stärkung der Unabhängigkeit der Disziplinarbehörde und sollte auch im Sinne von genügend zusätzlicher Zeit für alle anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nutzbringend sein.

 

Was wir auch begrüßen, ist, dass es in Zukunft - das hat es bis jetzt nicht gegeben - die Möglichkeit geben wird, dass die Landesregierung eine Stellungnahme zu dem Bericht abgeben kann. Besonders freut mich - das hat einer längeren Diskussion bedurft und ist schon länger ein Wunsch meines Erachtens aller fünf Fraktionen hier im Haus -, dass Sie als Präsident des Verwaltungsgerichts genauso ein Rederecht haben, wie es heute der Kinder- und Jugendanwaltschaft oder der PatientInnenanwaltschaft zusteht. Und ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr bei Ihrem Bericht nicht die gleiche Aufregung haben, wie wir sie vorher hatten!

 

Ich hoffe, dass Sie mit den Verbesserungen, die heute zwar nicht einstimmig, wenn ich es richtig im Kopf habe, weil Kollege Ulm gesagt hat, dass die ÖVP nicht zustimmt, aber mit einer breiteren Mehrheit als nur mit den Stimmen der zwei Koalitionsparteien beschlossen werden, zumindest bessere Arbeitsbedingungen vorfinden, wiewohl ich weiß, dass damit lange nicht alle Probleme gelöst sind! - Vielen Danke für Ihre Arbeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächstes zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Aigner. - Bitte sehr.

 

17.05.07

Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ)|: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrter Herr Präsident des Verwaltungsgerichts! Meine Damen und Herren!

 

Ja. Der Tätigkeitsbericht ist nicht allzu dick an Seiten, aber er hat es inhaltlich in sich. Ich muss schon sagen: Es ist eigentlich traurig, dass hier Jahr für Jahr der gleichen Tenor offenkundig von der Mehrheit achselzuckend zur Kenntnis genommen wird!

 

Ich möchte noch einmal betonen: Das Verwaltungsgericht Wien beziehungsweise die Verwaltungsgerichte sind die einzigen Ländergerichte. Ansonsten geht die gesamte ordentliche Gerichtsbarkeit, auch die des öffentlichen Rechts, vom Bund aus. Die Schaffung dieser Gerichte war etwas, was dem Rechtsschutz in unserem Land damals wirklich einen Quantensprung vermitteln sollen hätte: In den zahlreichen, zwar formal weisungsfreien Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, wie es damals gemäß Art. 133 Z 4 B-VG geheißen hat, sind aber natürlich Beamte gesessen, die außerhalb ihrer Tätigkeit in der 133-Z 4-Behörde wiederum weisungsgebundene Beamte waren. Dann hat es die Zwischenstation der Unabhängigen Verwaltungssenate gegeben. Das war irgendwie ein Mittelding, eine mehr oder weniger unabhängige Verwaltungsbehörde.

 

Schließlich hat man aber, nicht zuletzt auch unter den Eindruck der europäischen Rechtsprechung gesagt: Wir brauchen auch im Verwaltungsrecht echte Gerichte. Das sollen Landesverwaltungsgerichte sein, und die Länder sollen Träger dieser Gerichtsbarkeit sein.

 

Ich erinnere mich noch recht gut zurück an die Gesetzwerdung. Damals wurde dem Landtag seitens der Wiener Landesregierung im letzten Moment ein völlig unzureichender Gesetzesentwurf vorgelegt, der schon in Begutachtungsverfahren massiver Kritik ausgesetzt war. Dieser ist dann aber dennoch beschlossen worden. Man hätte daran auch nicht mehr viel ändern können, weil die Frist abgelaufen war. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: So war es nicht, das ist total umgearbeitet worden!)

 

Man hat also gesehen: Schon bei der Gesetzwerdung ist das Verwaltungsgericht mehr oder weniger stiefmütterlich behandelt worden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und diese stiefmütterliche Behandlung zieht sich jetzt buchstäblich wie ein roter beziehungsweise rot-grüner Faden durch jeden Tätigkeitsbericht. Der Verfassungsgerichtshof hat schon mehrfach Dinge, die bereits im Begutachtungsverfahren kritisiert worden waren, aufgehoben. Die Zusammensetzung der Personalsenate und die

 

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