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Landtag, 26. Sitzung vom 28.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 84

 

schützen wollen, dann müssen wir genau dort, wo Familien es brauchen, ihnen auch unter die Arme greifen.

 

Das andere, worüber ich sprechen möchte, ist Bildung. Ich komme zu den Deutschförderklassen. Sehr geehrte Damen und Herren, wenn der Bund Gesetze beschließt, die Kinder und Jugendliche in Wien betreffen, werden wir dazu selbstverständlich Stellung nehmen!

 

Jetzt zu diesem Gesetz: Sie können sich erinnern, die Begutachtungsfrist war ungefähr März/April, aber im Regierungsprogramm ist das Vorhaben natürlich auch dringestanden. Da ist es sicher auch schon im Bericht. Aber keiner kann uns erzählen, dass die Kinder zu 20, zu 25 in Klassen gesteckt werden, wo wir nicht einmal wissen, wer tatsächlich die pädagogischen Begleiter und Begleiterinnen dieser Kinder sein werden.

 

In Wien soll es 300 solcher Klassen geben, und das heißt, 6.000 oder mehr Kinder in Wien. Ich gebe Ihnen nur ein Beispiel, um zu verstehen, was für Maßnahmen noch in diesem Gesetz sind. Diese Kinder sind davon ausgeschlossen, dass sie Schulsprecherinnen und Schulsprecher wählen dürfen. Sie dürfen nicht an Schulforen teilnehmen. Sie sind auch aus dem Schulgemeinschaftsausschuss ausgeschlossen.

 

Wir wollen aber von diesen Kindern, dass sie Demokratie lernen, dass sie Werte lernen, dass wir diese hohen Werte weitervermitteln. Aber wie oder wo sollen die Kinder diese Werte lernen, wenn sie davon ausgeschlossen werden? Wo sollen sie die Demokratie üben? Das ist der Ort: Die Schule ist der Ort für Kinder und Jugendliche, wo sie sehr viel Zeit verbringen. Die Schulen sind aber Orte für Schutz und Entfaltung für Kinder! Diese Räume müssen wir natürlich so gestalten, dass es diesen Kindern und Jugendlichen genau so gut geht wie allen anderen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sonst heißen diese Räume nicht Schutz- und Entfaltungsräume, sondern sie heißen Segregations- und Benachteiligungsräume. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das sind sie doch jetzt schon!) Das dürfen wir nicht zulassen, und das müssen wir auch ansprechen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Schauen Sie einmal in die Volksschulen in Wien! Das ist doch jetzt schon die Tatsache!)

 

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Schauen Sie in die öffentlichen Volksschulen!) Ich gebe Ihnen ein Beispiel. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Sie können doch nicht immer davor die Augen verschließen!) Nein, nein, ich schließe natürlich vor nichts meine Augen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das alles gibt es ja jetzt schon!)

 

Der Unterschied ist, ob ein Kind in eine Regelklasse gehen darf oder nicht. Das ist die Unterscheidung. Es ist egal, ob in eine Klasse, wie es in Wien ist, mehrheitlich Kinder aus Zuwandererfamilien kommen und die ... (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Was heißt mehrheitlich? - Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Oder alle, sagen wir einmal, alle in bestimmten Bereichen.

 

Diese Kinder kommen ja nicht ohne nichts in die Schulen. Diese Kinder waren in Kindergärten. Wenn ich mir zum Beispiel den Bericht anschaue, die Studie von 2017 (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Islam-Kindergärten!), da kommt es ganz genau heraus: Die Sprachförderung hat bundesweit am besten in Wien stattgefunden. Das war eine Studie vom ÖIF. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: ... am schlechtesten!) Nein, nein, ich kann Ihnen den Bericht natürlich nachliefern. Ich verspreche Ihnen, Herr Aigner, das mache ich.

 

Aber noch einmal, um zu bedenken, was der Unterschied ist: Wir haben kein Instrument, um tatsächlich zu messen, wie gut Kinder die sogenannte Unterrichtssprache beherrschen. Wir haben dieses Instrument nicht, das gibt es nicht. Es steht auch im Gesetz, dass es entwickelt werden soll. Aber im Voraus sollen wir sagen, dass eine Anzahl von Kindern die Unterrichtssprache tatsächlich nicht beherrscht, und sie daher nicht einmal in die Regelklassen hineinnehmen, sondern zusätzlich eine zweite Schulstruktur schaffen. Da kann doch niemand sagen, dass das den Kinderrechten entspricht!

 

Es ist das Recht der Kinder, dass sie in eine Regelklasse gehen. Da haben sie eine oder zwei gut ausgebildete Pädagogen oder Pädagoginnen, die tatsächlich kindgerecht und altersgerecht unterrichten. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Die anderen Kinder haben auch ein Recht! Auf einen ordentlichen Unterricht!) Nicht aber, zwei Jahre erst einmal Deutsch zu lernen und danach noch einmal zurückzugehen in Klassen, in denen sie vor zwei Jahren anfangen sollten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das kann nicht das Kinderrecht sein. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Die Chance, dem Unterricht zu folgen, ist wohl auch ein Kinderrecht! - Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

 

Unsere zentrale Aufgabe ist, wie ich gesagt habe, die Rechte aller Kinder zu wahren und ihre Lebensbedingungen in Wien, aber auch darüber hinaus zu verbessern. Es ist auch die Einzigartigkeit einer humanistischen, auf Menschenrechten beruhenden Demokratie wie in Österreich, dass die Menschen Grundrechte haben und dass diese Rechte für alle gelten, dass hier keine Ausnahme gemacht wird. Aber wissen Sie, zu glauben, dass wir an der Spitze der humanistischen Zivilisation sind, wäre ein nicht zu unterschätzender Fehler.

 

Ich gebe Ihnen ein Beispiel, noch einmal. Österreich ist europaweit, weltweit eines von den Ländern, wo die Kinderrechte in der Verfassung stehen, Teile davon. Aber glauben Sie, dass diese in der Verfassung stehenden Rechte Kinder und Jugendliche vor Abschiebungen schützen? Nein. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Sicher nicht!) Nein! (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Das ist ja auch logisch! Denn es gibt ja kein Ausnahmerecht!)

 

Daher ein Beispiel, noch einmal, weil es davor geheißen hat, dass wir jetzt die Bundesregierung kritisieren: Sie können in jeden Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft hineinsehen. Wir verlangen seit Jahren die Gleichstellung aller Kinder, aller in Österreich lebenden Kinder. Das ist nicht etwas Neues. Das ist nicht etwas Neues, das möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Diese Forderung, die Gleichstellung aller Kinder, wird natürlich unsere zentrale Forderung bleiben. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: ... Aufgabe der Staatlichkeit! Das wäre die Konsequenz! Dann können wir gar nichts mehr gewährleisten, wenn

 

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