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Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 99

 

Ganztagesunterricht, Förderangebote, Sport-, Musikunterricht am Nachmittag, der zusätzlich stattfindet, oder auch die Sportwoche, für die vielleicht das Geld fehlt und nicht für diese Kinder zurückbehalten wurde. (Beifall bei den NEOS.)

 

Eines muss uns, wenn wir von Kindern und Jugendlichen sprechen, auch immer klar sein, ohne eine umfassende Reform des Bildungssystems und ohne dass wir die Bildung wieder an die erste Stelle unserer Anstrengungen stellen, wird sich an der Zahl der Jugendlichen in der BMS auch nicht viel ändern. Die Bildung ist der Hebel, um da künftig wirklich etwas zu bewirken. Davon sind wir überzeugt.

 

Nun aber zurück zum Gesetz: Wir begrüßen es sehr und außerordentlich, dass die Bereitschaft der Bezieher und Bezieherinnen eingefordert wird, durch Angebote wieder zur Berufstätigkeit zurückzufinden. Ausbildungen, Schulungen, die angeboten werden sollen, müssen angenommen werden. Wir haben zwar mit der Einschleifregelung, die wir auch vorgestellt haben, und der Negativsteuer sicher ein noch stärkeres, effektiveres Instrument vorgestellt, aber okay, da kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein, es sind verschiedene Ansätze. Wichtig ist, es muss das Sprungbrett in den Arbeitsmarkt gewährleistet sein. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich finde, es ist ein irrsinnig guter und wichtiger Schritt, dass Frauen gestärkt gefördert werden, dass das Geld auf ein eigenes Konto ausbezahlt wird, das ist sehr wichtig sogar. Noch wichtiger ist es auch, Frauen zu ermächtigen, der eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen, Abhängigkeitsverhältnisse abzubauen. Ich glaube, da ist auch die Anhebung der Zumutbarkeitsgrenze auf die 20 Stunden ein ganz wichtiger Schritt für die Arbeitsmarktintegration. (Beifall bei den NEOS.)

 

Auch die angekündigte Reform der Datentransparenz hat unsere vollste Zustimmung. Dazu habe ich auch schon einen Antrag eingebracht. Ich werde auch heute wieder unsere drei Standardanträge zu einer umfassenden Datenerfassung einbringen, aber da geht das auch in eine gute und wichtige Richtung.

 

Es gibt aber einige offene Fragen für uns, wenn es um den Vollzug des Gesetzes geht, denn über diesen haben wir bis jetzt noch nicht gesprochen. Es sind, wie gesagt, viele gute Sachen im Gesetz verankert: verstärkter Ansatz zur Integration, Arbeitsmarktintegration, natürlich auch gruppenspezifische Angebote, Programme, die helfen sollen, dass die Menschen rasch in eine Ausbildung kommen, rasch in einen Beruf gebracht werden können. Aber ich frage mich: Wo sind jetzt eigentlich diese Programme? Sie sind noch nicht in einem Budget abgebildet. Es liegen uns dazu noch keine Entwürfe, Beschlüsse oder Sonstiges vor. Da ist noch vieles im Unklaren. Es gibt unter § 6a zum Beispiel ein Recht auf Information, individuelle Beratung und Betreuung, aber wer wird diese Leistungen schlussendlich zur Verfügung stellen? Auch zielgruppengerechte Bildungsangebote, Kurse werden versprochen, aber stehen diese Angebote schon bereit? Das ist eine Frage, die wir heute vielleicht auch noch klären können.

 

Ein bisschen offen ist auch noch die Frage, was mit der Gruppe der zeitweise oder dauerhaft nicht arbeitsfähigen 18- bis 25-Jährigen passiert. Für diese Gruppe gibt es nur wenige Ausbildungsangebote und Schulungen - da gibt es noch einige Unklarheiten. Auch hat das BMASK darauf hingewiesen, dass es für diese Gruppe zwölf unterschiedliche Mindeststandards gibt. Mir ist schon klar, warum es diese teilweise geben muss, aber ich glaube, dass durch den Vollzug der Maßnahmen, wo wir ja bisher die eigentlichen Probleme hatten, da wieder Herausforderungen auf Grund der Komplexität dieser Maßnahmen und dieser unterschiedlichen Standards, die hier gesetzt werden, auf uns zukommen werden. Es stellt sich die Frage, wie die Umsetzungen wirklich funktionieren sollen, aber ich lasse mich dann gerne positiv überraschen und freue mich auch auf Ihre Antworten.

 

Jetzt aber zu dem Punkt, warum uns die Zustimmung zu diesem Gesetz leider verwehrt ist: Ich glaube, unser aller Ziel - wir haben es oft genug gesagt - ist eine bundeseinheitliche Regelung. Ich denke, das wollen wir alle. Ich habe es auch vorgestern wieder angesprochen, für uns am besten mit einer Residenzpflicht, aber solange es das nicht gibt, braucht es ein Instrument zur fairen Aufteilung der anerkannten Flüchtlinge, eine faire Aufteilung der Kosten und Belastungen. Der Wettbewerb, wie er jetzt stattfindet, macht sicher keinen Sinn. Wir haben 70 Prozent der anerkannten Flüchtlinge aus den Bundesländern, die nach Wien kommen, und dieser Zuzug bedeutet natürlich auch weitere Herausforderungen, nicht nur finanzpolitischer Natur, sondern wir haben Kinder, die kaum bis wenig Deutsch sprechen, im Pflichtschulsystem Kindergärten, wo wir vermehrt Plätze brauchen. Wir haben weiterhin einen Anstieg an Arbeitslosen zu erwarten, Geringqualifizierte, die auf den Jobmarkt drängen. Es bedeutet auch einen Bedarf an günstigem Wohnraum, den wir in dieser Form und in dieser Menge wahrscheinlich nicht zur Verfügung stellen können.

 

In dieser Frage bleiben Sie leider untätig. Ich glaube, die Mindestsicherungssätze anzugleichen beziehungsweise mit Kürzungen, Deckelungen zu arbeiten, das ist eine Scheinlösung beziehungsweise reiner Populismus, vor allem, wenn man bedenkt, dass österreichweit die Mindestsicherung unter 1 Prozent unseres Sozialbudgets ausmacht. Aber egal, welche Mindestsicherungssätze ich annehme, die Menschen werden aus den Bundesländern immer nach Wien kommen, auch wenn ich hier den höheren Satz habe. Wien ist als Großstadt attraktiv, es liegt auf der Hand, ich habe hier meine sozialen Kontakte, ich habe die entsprechende Infrastruktur, vielleicht mehr Angebote im schulischen Bereich, im Kursbereich, ich habe auch auf jeden Fall die größere Hoffnung auf einen Arbeitsplatz. Deswegen glauben wir und sind zutiefst davon überzeugt, dass da eine Wartefrist, wir haben sie mit drei Monaten angesetzt, Abhilfe schafft. Es muss unser Ziel sein, zu erwirken, dass wir diese enorme Menge nicht aus den Bundesländern zu uns bekommen, dass es zu einer fairen Aufteilung kommt.

 

Wir glauben, dass das die effektivste Maßnahme ist, das einzige Instrument, das wirklich kurzfristig und sofort wirken würde und hilft, Kosten und Lasten gleichmäßig

 

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