«  1  »

 

Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 99

 

Man muss sich das einmal vorstellen: Die Union schließt einen Vertrag mit Liechtenstein ab. Liechtenstein garantiert allen EU-Regierungen, die Inhaber von Konten, von Stiftungen, von Anlagen zu nennen, die Summe zu nennen, die Namen zu nennen, damit die Finanzämter der 28 EU-Mitgliedstaaten das kontrollieren können und schauen können, ob fair Steuern gezahlt wurden. Man bringt Liechtenstein dazu, diesen Vertrag zu unterschreiben. Eine einzige Nation, eine einzige Regierung sagt: Das ist total schön, dass ihr uns die Namen geben wollt, aber sie interessieren uns nicht, wir würden das gern anonym haben. Das ist die Republik Österreich. Die Republik Österreich steigt aus aus einem Abkommen, das unterzeichnet ist - Ministerratsbeschluss einstimmig - und will die Daten der Leute, die Stiftungen in Liechtenstein haben, einfach nicht haben. Wir wollen die nicht besteuern, wir glauben denen, dass die fair Steuern zahlen. Das ist der Zustand.

 

Es gibt eine Geldwäsche-Richtlinie, die auf europäischer Ebene verhandelt wird, die im Parlament weit fortgeschritten ist, die massiv eingreifen würde in diverse Mechanismen, die Geldwäsche erlauben. Sie wird im Rat blockiert von sechs Staaten, die nicht erlauben, dass wir zu einer Einigung kommen. Das ist Malta, das ist Zypern, das ist Irland, das ist Großbritannien, das ist Luxemburg und die sechste Steueroase ist Österreich. Österreich verhindert, so wie die fünf anderen, eine Zustimmung im Rat zur Geldwäsche-Richtlinie.

 

Wie soll Wien, wie soll eine andere Kommune faire, zukunftsgerechte Sozialpolitik machen, wenn das auf europäischer Ebene so passiert, frage ich Sie. Dann möchte ich aber auch etwas einfordern von der Wiener Kommunalpolitik und von Ihnen allen: Wenn Sie hier mit Steuermitteln Kommunalpolitik machen wollen, müssen Sie auch den politischen Druck auf die Ebene machen, die die Rahmenbedingungen schafft. Es geht nicht anders. Ich kann als Europaabgeordneter natürlich darüber reden, dass die Geldwäsche-Richtlinie nicht stimmt und dass wir diverse andere Richtlinien nicht durchbringen, aber der politische Druck auf die nationalen Regierungen und in diesem Fall auf die österreichische Regierung kann nur von mächtigen Institutionen im Land kommen, und der Wiener Landtag und der Wiener Gemeinderat versteht sich hoffentlich als eine solche Institution.

 

Es stehen im nächsten Jahr zwei Entscheidungen an, von allerhöchster Relevanz und damit auch von allerhöchster Relevanz für Wien, hoffe ich doch. Das sind zwei Entscheidungen zur Verhinderung von Steuerflucht. Ohne allzu sehr ins Detail zu gehen: Das ist das sogenannte Country by Country Reporting, dass also jeder Konzern für jedes Land bekannt geben muss, welche Umsätze er dort macht, welche Steuern er dort zahlt, wie groß die Infrastruktur ist, damit man einmal kontrollieren kann, ob eine Tochterfirma mit 4 Angestellten 90 Prozent des europäischen Umsatzes macht und dann in Irland zum niedrigsten Steuersatz versteuert. Eine solche Übersicht über alle 28 Staaten soll es jetzt geben und ist fast fertig verhandelt.

 

Das Zweite ist eine gemeinsame Steuerbasis, die klarstellen sollen, garantieren soll, dass sich die 28 Länder nicht in einem Steuerwettbewerb bis zum Geht-nicht-mehr unterbieten können. Es gibt einen Grund, warum die neun österreichischen Bundesländer keinen Steuerwettbewerb gegeneinander führen wollen und warum die Landtage und Landesregierungen keinen Wert darauf legen, sich gegenseitig zu unterbieten: Weil sie wissen, dass sie sich langfristig damit ins eigene Fleisch schneiden. Das macht natürlich die europäische Ebene auch. Wenn Irland nur 10 Prozent Steuern nimmt und Österreich 20 Prozent oder gar 25 Prozent vom Umsatz eines Konzerns entgehen, dann hat Irland zwar von den 10 Prozent profitiert, aber im Großen und Ganzen verliert die öffentliche Hand. Um diesen Wettbewerb zu beenden, das Ganze bei der Körperschaftssteuer auf eine gemeinsame Mindeststeuerbasis zu stellen, das ist der zweite große Punkt, der jetzt im Europäischen Parlament verhandelt wird.

 

Beide Richtlinien werden im 2. Halbjahr 2018 vermutlich so weit sein, dass sie mit dem Rat verhandelt und beschlossen werden können. 2. Halbjahr 2018 bedeutet österreichische Ratspräsidentschaft, bedeutet, dass wenn wir dort sitzen und das verhandeln, österreichische Beamte dort sitzen werden und für die 28 EU-Regierungen verhandeln werden und den Daumen heben oder senken werden, ob wir eine solche Vereinbarung zusammenbringen. Es macht einen Riesenunterschied, ob dort Beamte sitzen, Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen der Ministerien sitzen, die so etwas haben wollen, oder ob dort Leute sitzen, die das im Namen der österreichischen Bundesregierung scheitern lassen wollten. Wenn man es scheitern lassen will, sitzt Österreich im Herbst 2018 dort genau am richtigen Drücker, um das Ganze abzubiegen und den Großkonzernen in Zukunft freie Hand zu geben, weiter keine Steuern zu zahlen.

 

Ich würde mir erwarten von allen Parteien in diesem Haus, vor allem von denen, die vielleicht Einfluss auf die nächste Regierung haben, massiven Druck zu machen und darauf zu drängen, dass das nicht passiert, sich Österreich da konstruktiv verhält, dass Österreich dafür sorgt, dass diese beiden Regelungen kommen. Beim Wiener Budgetbeschluss 2019 können Sie dann darüber reden, ob sich die österreichischen Vertreter dort konstruktiv verhalten haben oder nicht. Wenn es dann ein Problem mit dem Budget gibt, wissen wir dann auch, an wen wir uns dann zu wenden haben - auf österreichischer Ebene. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Abg. Dominik Nepp, MA: Dann ruft in Irland an!) - Bitte? (Abg. Dominik Nepp, MA: Ja, Malta und Irland wird’s schon machen!)

 

Österreich wird dort sitzen und wird verhandeln und es wird wahrscheinlich von Ihnen jemand sein. Aber da sind wir ja gleich beim richtigen Thema. Es wird eine Prüfung werden, ob eine Partei, die sich als Verteidigerin des kleinen Mannes, der kleinen Frau gibt, es so tatsächlich tut. Jetzt kommt ja die Stunde der Wahrheit. Nachdem Ihre Bundesrätin im Bundesrat sich jetzt für den Investitionsschutz ausgesprochen hat (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Ist ja unwahr!) - Ich habe den Antrag gelesen und ich habe die Abstimmung gesehen. Es ist eindeutig die Wahrheit. Noch niemand ist schneller umgefallen als

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular