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Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 99

 

ten Jahren vor allem im Bereich Migration und in der Folge Integration gezeigt: In diesen wie in anderen Bereichen müssen die Städte auch ihre Verantwortung übernehmen. Daher sind die Kooperation und der Austausch auf Ebene der Städte von großer Bedeutung. Dies wurde in der Vergangenheit, ganz ehrlich gesagt, auch von der europäischen Ebene in Wirklichkeit stark unterschätzt. Dass sich dies ändert, und zwar rapide ändert, zeigt nicht zuletzt die diesjährige Eurocities Conference, die gerade in Ljubljana, in Slowenien, zu Ende gegangen ist und an der Vertreterinnen und Vertreter von über 100 europäischen Städten teilgenommen haben.

 

Ich bin der Meinung, dass nicht nur die Kooperation zwischen europäischen Städten weitergefördert werden muss, sondern auch der Austausch zwischen europäischen Städten und Städten in Drittstaaten, in Drittländern. Die Nikosia-Initiative des Ausschusses der Regionen, die libyschen Städten europäische Partnerstädte zur Seite stellt, ist hier ein gutes Beispiel. Sie ist leider unterfinanziert und zu wenig bekannt, aber es liegt an uns, sie bekannt zu machen. Ich bin der Meinung, es ist etwas, das tatsächlich in die richtige Richtung geht. (Beifall bei den NEOS.)

 

In Städten wird die Bürgernähe unmittelbar gelebt. Damit liegt die Rolle der Stadt als Verbindungsglied zwischen europäischen und nationalen Interessen auf der Hand. Denn viel zu oft wird die Europäische Union von nationalen Regierungen, und Österreich ist hier leider keine Ausnahme, zum Sündenbock für vermeintlich unpopuläre Maßnahmen gemacht. Gleichzeitig werden die positiven Aspekte unter den Teppich gekehrt und nationale Erfolge groß gefeiert.

 

Mir ist allerdings bewusst, dass dieses Umdrehen dieses Verhältnisses gerade in der heutigen Zeit eine nicht immer leichte Aufgabe ist, denn europäische Politik passt bekanntlich nicht in zwei Zeilen, und medial ist es nicht ganz einfach, sich zu etablieren und durchzukommen und dadurch auch die BürgerInnen zu erreichen mit Positionen, die vielleicht nicht a priori populär erscheinen. Ein kritischer Aufschrei ist daher oft naheliegend, und das auch wenn er nicht immer mit den Fakten übereinstimmt. Ich bin überzeugt davon, dass genau hier die verstärkte Einbeziehung der Städte als Partnerinnen zu einer wesentlichen Verbesserung dieser Situation führen kann. (Beifall bei den NEOS.)

 

Daher denke ich, und das ist ein großes Lob an Österreich im Allgemeinen und an Wien im Besonderen, dass die heutige Europastunde etwas ist, worauf wir wirklich stolz sein können. Österreich ist hier eindeutig ein Vorreiter auf EU-Ebene. Es gibt ganz wenige Parlamente innerhalb der Europäischen Union, die so etwas vorsehen und noch sehr viel weniger regionale Parlamente, die diesen institutionellen Austausch auch tatsächlich pflegen. Gleichzeitig würde ich mir aber wünschen, dass Österreich auch in anderen Bereichen die Rolle des Vorreiters beziehungsweise Impulsgebers auf EU-Ebene öfter einnehmen würde. Genau hier könnte die österreichische Ratspräsidentschaft im 2. Halbjahr 2018 eine Chance sein, das Projekt Europa zu stärken und wieder fest zu verankern, nämlich nicht nur in den Köpfen, sondern auch in den Herzen der Menschen. (Beifall bei den NEOS.)

 

In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, dass wir in der EU nicht in Mittelstaaten gegen Mittelstaaten denken, sondern vielmehr die vorhandenen demokratischen und rechtsstaatlichen Kräfte vereinen und bündeln, und hier sollte eben Österreich und vor allem auch Wien mit gutem Beispiel vorangehen. Unser Ziel muss es sein, die derzeitigen Herausforderungen zu überwinden und als Gemeinschaft wieder innen- und außenpolitisch handlungsfähiger zu werden. Für mich ist die Antwort niemals weniger, sondern immer mehr Europa. (Beifall bei den NEOS.)

 

Gerade in den letzten Jahren ist uns ganz sicher allen deutlich geworden, dass die Herausforderungen der heutigen Zeit nicht auf nationaler Ebene bewältigt werden können, weder von großen Staaten noch von kleinen Staaten. Themen wie Klimaschutz, Migration, Terrorismus, Steuervermeidung, digitaler Wandel, sie alle haben eines gemeinsam: Sowohl das Problem als auch die Lösungen machen nicht vor nationalen Grenzen Halt. Wenn wir also unseren BürgerInnen, aber auch unseren Kindern eine Perspektive für die Zukunft bieten wollen, dann kann unsere Antwort als PolitikerInnen nur eines sein: Mehr Integration und eine starke Europäische Union. - Vielen Dank! (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Danke, Frau Abgeordnete. Ich habe vergessen zu sagen, dass eine Redezeitvereinbarung von 15 Minuten pro Rednerin beziehungsweise Redner besteht. Die Frau Abgeordnete hat diese sowieso unterschritten, daher war es überhaupt kein Problem, aber das war jetzt meine Schuld. Als Nächster gelangt Herr Abg. Becker zu Wort.

 

11.13.21

EP-Abg. Heinz K. Becker (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Herr Präsident! Auch meine Präsidentin im Österreichischen Seniorenbund, LAbg. Korosec! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus!

 

Ich möchte aber schon meiner Freude Ausdruck verleihen, dass ich hier im Haus eine Möglichkeit des Rederechts nutzen kann und die Ebenen der drei beziehungsweise zwei abdecke, nämlich von der EU in die Stadtregion oder umgekehrt. Dieser Austausch ist für mich Anlass genug, festzustellen, dass wir im gesamten Betrachten der Regionalpolitik die politische, nennen wir sie ruhig auch strukturpolitische, gesellschafts- und demokratiepolitische Diskussion nicht führen. Wir führen sie praktisch nicht. Das Europa der Regionen ist ein erfolgreiches Produkt, das aber ohne die eigentliche politische Dimension der Mitentscheidung in Effizienz geschieht.

 

Immerhin wollen wir ja diese drei Ebenen so sehen, dass wir über die Zukunftssinnhaftigkeit dieser Ebenen einen Dialog führen. Auch dieser Dialog wird offiziell nicht geführt, aber wie auch meine Vorrednerin schon betonte: Die mittlere, die nationalstaatliche Ebene gerät an ihre Erklärungsnotwendigkeit in der Problemlösung. Es ist die Ebene der Europäischen Union sehr effektiv und initiativ. Allerdings ist die zweite Ebene der Mitgliedstaaten bedingt in der Lage, gemeinsam zu agieren.

 

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