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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 164 von 251

 

hat 2015 3,9 Milliarden EUR aufgewendet, und wir in Österreich müssen ab diesem Jahr 1,1 Milliarden EUR aufwenden. (Abg. Christian Oxonitsch: Da ist noch nicht einmal das Wort Bauordnung vorgekommen! Finden Sie irgendeinen Zusammenhang!) Die Zahlen sind an sich sehr sinnhaft, um auch entsprechende Definitionen von sich zu geben.

 

Kommen wir zur Definition des Gesetzestextes beziehungsweise zur Einführung. Es wird das Wort vorübergehend verwendet. Ich habe mir bezüglich vorübergehend innerhalb der EU-Gesetzgebung und der deutschen Gesetzgebung angeschaut, wie eigentlich die zahlenmäßige Definition von vorübergehend ist. Es gibt da keine fixen Zahlen. Das Maximum - hier gab es einen oberstgerichtlichen Entscheid, was vorübergehend nicht mehr wäre - wären an sich 7 Jahre gewesen. Diesbezüglich kann die Beschreibung vorübergehend sicher nicht mit den 15 Jahren korrelieren, die in dieser neuen Bauordnung angeführt werden.

 

Weiters ist mir auch, und nicht nur mir, die Aufzählung der humanitären Gründe aufgefallen. „Humanitäre Gründe“ ist natürlich ein sehr weit bewegliches, ein weit zu interpretierendes Wort. Grundsätzlich könnten, wenn eine Naturkatastrophe in einem anderen Bundesland passiert, mehrere Familien obdachlos werden und diese Familien in Containern oder in Barackenbauten untergebracht werden, wenn man diesen doch sehr legeren, sehr weit gefassten Gesetzestext so interpretiert.

 

Allein diese zwei schlecht definierten Punkte, vorübergehend und humanitäre Gründe, wären schon ausreichend, um diese Gesetzesänderung auch verfassungsmäßig zu hinterfragen.

 

Jetzt werde ich aber, da wir bei der Bauordnung natürlich auch mit Geld zu tun haben, sehr wohl zu den Zahlen zurückkommen. Ich möchte diesmal gerne in den Raum stellen, was eigentlich ein Flüchtlingslager im Libanon oder in der Türkei kostet. Es sind pro Flüchtling pro Jahr ungefähr 2.300 EUR zu rechnen. Das wären bei einem Lager im Libanon 180 Millionen EUR für 78.000 Einwohner. In der Türkei ist es etwas teurer. Dort kostet ein Flüchtling, wenn man das Wort kosten verwenden darf, 2.800 EUR im Jahr. Gegenwärtig sind es in der Türkei 2,2 Millionen Flüchtlinge mit einem gesamtfinanziellen Aufwand von derzeit 6 Milliarden EUR.

 

Ich weiß, Sie hören es nicht gerne und versuchen immer zu unterbrechen und sich einzubringen. Der Unterschied der Kosten, mit denen wir einen Flüchtling in Österreich oder in Deutschland versorgen, zu der Unterstützung vor Ort beträgt ungefähr eins zu zehn. Das heißt, die finanziellen Mittel, die wir hier in Wien aufwenden müssen, um 40.000 Flüchtlinge oder Asylwerber zu unterstützen, können wir, wenn wir sie vor Ort ausgeben, einer weitaus größeren Anzahl an Flüchtlingen zu Gute kommen lassen. Es fällt natürlich schon auf, dass wir auf der einen Seite in Europa und in Österreich Flüchtlingszahlen aufnehmen, weil an sich müsste man bei einem derart großen Einzugsgebiet, das von Südasien zu den Golfstaaten nach Afrika kommt, in Europa fast zehn Millionen im Jahr aufnehmen, was natürlich nicht möglich ist. Die Anzahl, die wir aufnehmen, ist viel zu gering, um wirklich etwas zu erreichen. Die Kosten sind aber, da sie das Zehnfache betragen, hier bei uns als vor Ort an sich nicht zu rechtfertigen. Hier stelle ich natürlich schon die Frage: Wie kann es sein, dass wir 100.000 Flüchtlinge mit einem Aufwand versorgen, mit dem wir im Libanon, in der Türkei oder in Syrien die zehnfache Menge unterstützen könnten? Diese Zahlen kann man ohne Weiteres einsehen. Man muss sich nur bemühen und aus dem Käfig der Ideologie aussteigen. (Abg. Birgit Hebein: Aha, ich verstehe!)

 

Jetzt kommen wir zur Qualität dieser Containerbauten, dieser Flüchtlingssiedlungen, die immerhin das Zehnfache kosten als vor Ort, mit dem Gebiet um Syrien, und ungefähr das Achtfache von dem, was es in der Türkei kostet. Wir bauen in einem Stadtgebiet, das jetzt schon die höchste Arbeitslosigkeit in Österreich hat, das jetzt schon hohe Schwierigkeiten mit Integration hat, das jetzt schon große Schwierigkeiten mit einer ausreichenden Schulbildung der Migranten hat, zusätzliche Areale, die man sehr wohl als soziale Brennpunkte, wenn man es sehr vorsichtig ausdrückt, bezeichnen kann.

 

Von der Bauqualität kann man bei Wohncontainern beziehungsweise bei Holzbaracken außerdem nie die städtische Dichte erreichen, die eigentlich ökonomisch und ökologisch der Gegenwart entsprechen sollte. Diese Hilfsbauten, manchmal sagt man auch Primitivsiedlungen dazu - das ist jetzt keine Beleidigung, sondern ein Terminus -, sind ausgeprägte Platzverbraucher. Ich möchte das noch einmal wiederholen. Dadurch, dass diese Leichtbauten keine ausreichende städtische Dichte erreichen, hat man auf die Fläche weit weniger Wohnraum, als es eigentlich üblich sein sollte.

 

Diese Hilfsbauten, diese Container, diese Holzbaracken vermissen auch jeden architektonischen Anspruch. Dementsprechend kann man erwarten, dass in verhältnismäßig kurzer Zeit das Interesse am Umfeld - wir wollen auch um diese neuen Siedlungen, um diese neuen Brennpunkte Geschäfte, Lokale, und so weiter haben - einfach erlischt. Diese Containersiedlungen werden an Attraktivität verlieren, so wie sie in Westeuropa, so bekannt, mit wenigen Ausnahmen, immer an Attraktivität verloren haben. Es würde mich sehr interessieren, ob es irgendwo, mit Ausnahme der Schweiz, in Europa Containersiedlungen gibt, die noch attraktiv für die Bewohner und für die Umgebung sind.

 

In der Gesetzesänderung werden auch wichtige städteplanerische Parameter nicht angeführt. Es wird zwar versprochen, dass man wichtige Faktoren beachten wird, wie zum Beispiel das Erhalten von Grünflächen, aber es ist nicht garantiert. Ich erlaube mir deshalb, Ihnen die Bedeutung von Grünflächen in einer Großstadt vom Medizinischen her näherzubringen. Die Stadt hat grundsätzlich gegenüber dem locker besiedelten Gebiet ein Temperaturproblem. Die Stadt neigt dazu, in einem längeren Zeitraum, über mehrere Wochen, eine durchschnittliche Nachttemperatur über 20 Grad zu haben, was erwiesenermaßen zu einer erheblichen Verschlechterung des erholsamen Schlafs führt und dementsprechend früher oder später auch zu Gesundheitsschäden führen kann. (Abg. Siegi Lindenmayr: Genau! Schlafent

 

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