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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 137 von 251

 

Und dann zum Schluss schreibt sie zur Erinnerung: „In Oberösterreich wurde bei Flüchtlingen und gleichzeitig die Wohnbeihilfe für alle gekürzt, sie sind von der FPÖ kaum mehr zu unterscheiden, sie richten ihre Menschenverachtung gegen Flüchtlinge, Armutsbetroffene, Obdachlose“ - Als Schlusssatz schreibt sie: „Das sind Augenblicke, wo ich Rot-Grün schwer okay finde.“

 

Wissen Sie, was ich schwer okay finde? - Die Kommentare, die danach kommen. (Heiterkeit bei Abg. Armin Blind.) Einer Ihrer Freunde schreibt zum Beispiel sinngemäß: Also ich finde das schon, dass das mit Rechtsstaatlichkeit und der Aushöhlung ein Problem ist. - Und dann stürzt sich die Frau Kollegin Hebein wieder hinein und schreibt, warum das alles gar nicht so ist, wie es ist. Aber man glaubt, Sie glauben offenbar wirklich, dass Sie die Menschen hier, wie soll ich sagen, veräppeln können.

 

Das werden wir sicher nicht zulassen, und man kann es ja gar nicht deutlich genug sagen: Gerade diese subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte nach der Wiener Bauordnung sind es, die es am allermeisten zu schützen gilt. Schauen Sie sich einmal die Verfassungsgerichtshof-Entscheidungen der letzten Jahre, Jahrzehnte genau an, und Sie werden sehen, dass es unzählige Fälle gibt, wo Gleichheitswidrigkeit attestiert wurde und dem Beschwerdeeinreicher auch recht gegeben werden musste, Gott sei Dank, weil wir in einem Rechtsstaat leben. Ein paar Beispiele dazu.

 

12. Dezember 2000, Geschäftszahl G97/2000, Betreff: Einwendungen gegen die Errichtung einer Wohnhausanlage mit 17 Wohnungen, Haselbrunner Straße 12: Der Gutachter stellte eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe fest. - Interessant. - Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, § 70a der Bauordnung für Wien war in diesem Fall verfassungswidrig. Urteil des Verfassungsgerichtshofs, im Wortlaut: Verfassungswidrigkeit der Ausgestaltung des vereinfachten Baubewilligungsverfahrens in der Wiener Bauordnung 1930 wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz und zum Rechtsstaatprinzip. Unzulässige Vorwegnahme der baubehördlichen Entscheidung durch Erklärung des Ziviltechnikers in bestimmten Fällen. Unsachliche Beschränkung der Parteistellung des Nachbarn. Unsachlichkeit der Regelung über die Zulässigkeit der Überschreitung der im Bebauungsplan festgelegten Gebäudehöhe. - Das ist der Entscheid.

 

Oder eine andere Geschäftszahl: B960/2012. Beschwerdeführer war ein Nachbar, der von einem Bauverfahren am Grundstück Sonnenfelsgasse 7 im 1. Bezirk betroffen war: Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden. Der Bescheid wurde daher aufgehoben. - Gut so.

 

Oder Geschäftsfall V7/2012. - 2012 war scheinbar kein gutes Jahr für die Stadt Wien. - Hier wurde auch eine Gleichheitswidrigkeit von Festlegungen in einem Wiener Plandokument betreffend die Aufhebung der Verpflichtung einer Grundeigentümerin zur gärtnerischen Ausgestaltung unbebauter Grundflächen bei gleichzeitiger Heranrückung der Baufluchtlinie an die Grundstücksgrenze festgestellt. Verfassungskonforme Interpretation der Regelung der Wiener Bauordnung über die Art der Verbauung bei geschlossener Bauweise wurde als erforderlich erachtet. Verstoß der Verordnungsbestimmung auch gegen das Bestimmtheitsgebot mangels Beschränkung der Baufreiheit entsprechend dem Grundsatz der Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen in gemischten Baugebieten wurde festgestellt. Verfassungsgerichtshof-Urteil: Die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien wird als gesetzeswidrig aufgehoben.

 

Das sind Entwicklungen und das waren Maßnahmen, bei denen man zum Glück das Ganze ausjudizieren konnte. Das werden wir nicht haben mit der neuen Novelle, wenn sie angenommen wird, das wird es dann alles nicht mehr geben. Wer wird dann derjenige sein, der am allermeisten draufzahlt - der Anrainer, die Anrainerin. Und es gäbe noch unzählige Beispiele zu nennen, bei denen Bescheide und Beschlüsse aufgehoben werden mussten, weil diese die heute vielzitierten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte nach der Wiener Bauordnung verletzt haben.

 

Wissen Sie, was das Allerwichtigste ist? Und wenn Sie das nicht sehen, dann weiß ich nicht, wie man Ihnen helfen kann. Finden Sie nicht, dass das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger ein heiliges Recht ist, ein Gut, das niemals durch irgendetwas gefährdet werden darf, und schon gar nicht mit einer Novelle? Da wären Sie zu allererst gefordert, dagegen vorzugehen.

 

Ich lese Ihnen jetzt ein E-Mail eines besorgten Bürgers vor, der kennt sich ein bisserl aus mit Bauordnung und Baurecht und weiß auch ganz genau, was heute hier passiert. Er schreibt: „Über den für Regierungsparteien eigenartigen Weg eines Initiativantrages statt einer Regierungsvorlage soll der Rechtsstaat in Wien außer Kraft gesetzt werden. Praktisch so nebenbei. Die Krönung des tyrannischen Anschlags gegen Rechtsstaat und Menschenrechte wie zum Beispiel das Eigentumsrecht und das Recht auf wirksame Beschwerde ist es, dass der Gesetzesänderungsantrag in einem Nachtrag zur Tagesordnung des zuständigen Wohnbauausschusses eingeschmuggelt wird. Wie lange kennen die Regierungsverantwortlichen von Rot und Grün schon das von ihnen selbst verursachte Problem der illegalen Zuwanderung von Scheinasylanten nach Wien?“ - Wie lange kennen Sie dieses Problem? Sie sollten diesem Bürger morgen eine Antwort liefern. Ich denke, jeder erwartet sich das von Ihnen.

 

Und er schreibt weiter: „Und selbst, wenn tatsächlich Asylberechtigte unter diesen eingeströmten Menschen sind, ist es den Verantwortlichen schon weit mehr als ein Jahr bekannt - und da hat er völlig recht -, dass in der Stadt Wien mit ihrer seit vielen Jahren brennenden Wohnungsnot vor dem Zuzug Voraussetzungen für die Unterbringung der herbeigeholten Menschen vorhanden sein müssen. Warum also jetzt ein derartiges Gesetzesvorhaben quasi über Nacht im Nachtrag zur Tagesordnung eines Ausschusses? Es ist unglaublich, wie viel Unrecht von SPÖ und GRÜNEN in knapp eine Seite Gesetzestext eingepackt wurde. Die gesamte Bauord

 

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