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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 93 von 251

 

Bauordnung beiseite wischen, die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte, wo die Nachbarrechte geregelt sind, wenn Sie das alles heute wirklich hinwegwischen, dann, meine ich, ist diese Notwehraktion heute wirklich gerechtfertigt.

 

Wenn Sie dann noch vorgeben, hier ein Provisorium zu schaffen, das dann bei genauerer Betrachtung 15 Jahre dauern soll, dann ist diese Notwehraktion heute gerechtfertigt und die einzige Möglichkeit, auch der Öffentlichkeit bewusst zu machen, dass hier ein Anschlag geplant ist, ein gewaltiger Anschlag auf die Rechte aller Wienerinnen und Wiener, ein Anschlag auf die Rechte von uns allen, ein Anschlag auf den Rechtsstaat selbst, ein Anschlag auf das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, dass nämlich die gesamte Verwaltung ja nur auf Grund der Gesetze ausgeübt wird, ein Anschlag auf diesen Rechtstaat, und das sollten Sie sich bewusst sein, wo unsere Vorväter dafür gekämpft haben, seit dem Jahr 1848 für diesen Rechtstaat gekämpft haben! Und Sie sind heute dabei, diesen Rechtsstaat auszuhebeln, meine Damen und Herren! Es ist daher diese Notwehraktion gerechtfertigt. Wir werden uns das nicht gefallen lassen! Wir werden den Rechtsstaat verteidigen. Wir werden dieses Gesetz zu Fall bringen. Wir werden alle Möglichkeiten ausnützen, diesen Paragraphen zu verhindern, denn heute ist die „Lange Nacht der Bürgerrechte“, Kollege Chorherr! (Beifall bei der FPÖ. - Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

Wenn Sie, meine Damen und Herren, heute tatsächlich diese Novelle durchziehen wollen, über alle Bedenken hinweggehen und alles einfach wegwischen wollen (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Geh bitte!), wenn Sie grundsätzliche Rechte beeinträchtigen, Nachbarrechte, verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte mit einem angeblichen Provisorium, das natürlich keines ist, wenn Sie das alles vor haben, meine Damen und Herren, dann müssen wir doch die Frage stellen: Haben wir dazu eigentlich eine moralische Verpflichtung?

 

Das, was dahinter steht, was Sie immer mit Willkommenskultur bezeichnen, haben wir dazu wirklich eine moralische Verpflichtung? Österreich war immer bereit zu helfen. Bei Krisen in den Nachbarländern war Österreich immer bereit zu helfen. Das war 1956 beim Ungarn-Aufstand so. Das war in der Tschechen-Krise 68. Auch in der Balkankrise 1990 haben die Österreichinnen und Österreicher immer geholfen. Aber es gibt einen ganz wesentlichen Unterschied, Kollege Maresch, zu heute (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Da habt ihr euch schon verdrückt bei der Balkankrise!), zur heutigen Migrationswelle: Es hat sich damals nämlich um Nachbarländer gehandelt (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Da habt ihr euch aufgeregt!), Kollege Maresch. Da war es selbstverständlich, dass, wenn Menschen aus Nachbarländern flüchten, hier geholfen wird. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Aber für euch nicht!) Und das ist ja genau auch der Zweck von Dublin II. Ja, schauen Sie sich doch hier einmal die rechtlichen Grundlagen Ihrer Politik an. Der Zweck von Dublin II ist ja, dass ein Flüchtling nicht überall, sondern genau im Nachbarland aufgenommen wird, und dass jemand, der aus einem sicheren Drittland kommt, daher natürlich kein Flüchtling mehr im Sinne der Konvention ist und daher auch zurückgeschickt werden kann, Kollege Maresch! Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren, die Verfechter dieser Willkommenskultur auch in diesem Haus: Ist Syrien unser Nachbarland? Ist Afghanistan unser Nachbarland? Ja, natürlich nicht! (Aufregung bei Abg. Mag. Rüdiger Maresch.) Und wir müssen daher auch nach Dublin II diese Menschen gar nicht aufnehmen, und wir können sie ja auch nicht mehr aufnehmen, Kollege Maresch. Die Betrachtung unseres Wiener Budgets zeigt uns ja, wir können uns das nicht mehr leisten. Wir müssen daher Scheinasylanten abschieben. Wir müssen vor allem auch den Schleppern das Handwerk legen, weil die Belastbarkeitsgrenze in Österreich und speziell in Wien ja längst übererreicht und auch überschritten ist! Wir brauchen in Wahrheit eine Quote von null, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. - Aufregung bei den GRÜNEN.)

 

Wenn Sie das heute alles hier durchziehen, wenn Sie nicht von sich aus hier bereit sind, auf juristisch berechtigte Einwände einzugehen und sich auch die Beispiele aus den anderen Bundesländern zu Herzen zu nehmen, wo ja kein einziges Bundesland so weit geht wie Sie hier mit der Aushebelung von Rechten, von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, wenn Sie wirklich nicht bereit sind, hier einen Rückzieher zu machen, meine Damen und Herren, und Sie haben ja die Chance, einen Rückzieher zu machen, dann muss doch auch die Frage erlaubt sein: Ist das wirklich der richtige Lösungsweg, meine Damen und Herren? Ist das, was Sie hier mit Ihrer Willkommenskultur im Sinne haben und mit den Barackenlagern, die Sie in ganz Wien errichten wollen, ist das der richtige Lösungsweg? Kann das überhaupt zum Ziel führen?

 

Lassen Sie mich das ausführen, meine Damen und Herren: Die Europäische Menschenrechtskonvention ist ja kein Instrument der Einwanderung, auch kein Instrument der Masseneinwanderung etwa aus anderen Kontinenten. Ja, was war denn der Zweck, was war denn das Ziel (Aufregung bei Abg. Mag. Rüdiger Maresch.) dieser Europäischen Menschenrechtskonvention? Was war denn das Ziel und der Zweck in den 50er Jahren, als diese wichtige Konvention geschaffen worden ist? Der Zweck, meine Damen und Herren von Rot und Grün, war, eine Fluchtmöglichkeit zu schaffen. Aber für wen? Für verfolgte Einzelpersonen damals in den 50er Jahren unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs vor allem eine Fluchtmöglichkeit zu schaffen, vor allem für Europäer, die damals dem kommunistischen Regime entflohen sind. Das war der Zweck der Europäischen Menschenrechtskonvention, damals im Kalten Krieg geschaffen, um eine Flucht in das Nachbarland zu ermöglichen, eine Flucht in den Westen zu ermöglichen, eine Flucht für Regimekritiker, für Regimegegner, für Dissidenten, die damals dem mörderischen Regime des realen Sozialismus entkommen sind. Das ist der Zweck der Europäischen Menschenrechtskonvention gewesen, meine Damen und Herren! Aber diese EMRK kann doch kein Instrument für Masseneinwanderung sein und ist auch kein Instrument für Masseneinwanderung aus Asien, aus

 

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