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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 251

 

wir müssen es an die Menschen bringen und wir dürfen es nicht in den Müll werfen, wie täglich Tonnen von Brot oder Lebensmittel, die wir kaufen, weil es Aktionen gibt. Wir schmeißen sie einfach weg, und woanders verhungern jedes Jahr sechs Millionen Kinder.

 

Aber mit dieser Gentechnikverordnung ist das Match mit der Gentechniklobby leider noch nicht gewonnen, weil die natürlich sehr viel Geld und tolle Forschungslabors haben und jetzt eine neue Technologie entwickelt haben, die „New plant breeding technologies“. Es war vor Kurzem auch eine Dokumentarsendung auf einem deutschen Sender darüber, wo sie gezeigt haben, dass sie jetzt in die Gensequenz von Pflanzen nicht mehr fremde DNA einbringen, sondern dass sie Pflanzen hernehmen und einfach Gensequenzen ausschneiden, woanders wieder einfügen oder Gensequenzen sozusagen stilllegen. Es gibt ja auf den Gensequenzen Cool Regions und Hot Spots, wo mehr Aktivität ist oder wo weniger Aktivität ist. Und diese Pflanzen, die so mit diesen „New plant breeding technologies“ verändert wurden, sind als gentechnisch verändert nicht mehr erkennbar, weil es genauso eine Mutation aus der Natur sein könnte. Das ist der nächste Trick, wie sie versuchen, auf den europäischen Markt zu kommen. Europa ist ja an sich sehr kritisch gegenüber der Gentechnik jetzt im Vergleich zu Amerika oder auch im Vergleich zu armen Ländern, die ja faktisch oft gezwungen werden, diese Dinge anzubauen. Wenn sie mit diesen Dingen auf den Markt kommen, dann haben wir eigentlich gentechnisch veränderte Organismen auf unseren Feldern, ohne dass wir es gescheit kontrollieren können.

 

Deswegen wird sich unsere Landesrätin Ulli Sima diesbezüglich auch an die EU-Kommission wenden, dass man hier eine Richtlinie erarbeitet, dass diese Organismen auch gekennzeichnet werden müssen, auch zum Schutz der Bevölkerung. Wir werden auch für die nächste Landtagssitzung einen diesbezüglichen Antrag an unseren Umwelt-, Landwirtschafts-, Forstwirtschafts- und Wasserwirtschaftsminister einbringen, um hier die nächsten notwendigen Schritte zum Schutz der Menschen, der Natur und der Biodiversität in unserem Land und in unserem Europa zu gewährleisten.

 

Wir sagen also Nein, weil wir Politik für Menschen und Natur machen und nicht für die Multis. Wir sagen Nein zu dieser neuen Technologie, weil die Folgen derartiger Organismen für Menschen und Umwelt völlig unabsehbar sind. Und wir sagen auch Nein, weil wir Menschen keine Versuchskaninchen für die Labors der Gentechnikmultis sind (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.), und weil Wiens Landwirtschaft eine urbane Landwirtschaft mit großem Bioanteil ist. Wiens Landwirtschaft und die Wiener Natur sollen von Gentechnik frei bleiben und deswegen ersuchen wir um Zustimmung zu diesem Gesetzesentwurf.

 

Ich darf noch auf den Antrag Euratom-Ausrichtung eingehen. Auch hier werden wir unsere Zustimmung geben, klar, wir haben es gemeinsam eingebracht. Auch hier ist es unabdingbar notwendig, die europäische Atomstrategie auch neu auszurichten. Die Atomwirtschaft versucht uns immer einzureden: Das ist sicher, wir haben das im Griff. Wenn wir zurückdenken, wir sind fast alle in dieser Zeit aufgewachsen, wo wir eine starke Antiatombewegung in Österreich hatten. Ich war, glaube ich, zwölf Jahre, wie die Zwentendorf-Abstimmung gelaufen ist. Wir sind eigentlich in der Friedens- und Antiatombewegung sozialisiert worden, Antiatombewegung auch in Bezug auf die Waffen, die hier stationiert waren.

 

Und dann später, vor 30 Jahren, der riesige Reaktorunfall in Tschernobyl mit einem SuperGAU für die Ukraine, für Österreich mit einem Fallout und einer Verstrahlung. Ich glaube, dieses Uran, das dort ausgetreten ist, hat eine Halbwertszeit von 110 Jahren. Damals hat man noch mit einem großen Zynismus gescherzt. Die Graffitiszene hat das gesprüht, kann ich mich erinnern: „Atom hin, Atom her, die Zukunft wird sicher strahlend.“ Dieser Zynismus ist zum Teil leider, und ich muss das wirklich betonen, leider wahr geworden. Wir haben ja unzählige Atomunfälle: 1952 in Kanada im Reaktor bei Ottawa, Russland 57, Großbritannien 57, Großbritannien 73, Deutschland 77, USA 79, 86 Tschernobyl, Japan 99, Tschechien Temelin seit Oktober 2000 mit an die 100 Störfälle, dann Deutschland 2001, Schweden 2006, Deutschland 2009. Und das letzte traurige Ereignis vor fünf Jahren Fukushima, wo abertausende Tonnen verseuchtes Wasser ins Meer geronnen sind, wo sie jetzt die verstrahlte Erde abgraben und in irgendwelchen Säcken am Straßenrand lagern, weil die Atomindustrie überhaupt nicht weiß, was sie mit diesem radioaktiven Müll anfangen soll. Den Leuten reden sie ein, sie können jetzt schon wieder zurücksiedeln, es ist schon alles vorbei, fünf Jahre sind erst vergangen, es wird alles wieder gut. Natürlich stimmt das nicht und deswegen ist es auch ganz, ganz wichtig, in Europa unsere Euratom-Gelder so einzusetzen, dass wir damit den Ausstieg aus der Atomenergie fördern und damit die Forschung für alles, was uns hilft, aus der Atomenergie auszusteigen, fördern. Die Europäische Union sollte damit auch die erneuerbaren Energien fördern und eine Strategie erarbeiten, um auszusteigen.

 

Deswegen werden wir diesem Resolutionsantrag zustimmen, der von SPÖ, ÖVP, FPÖ und GRÜNEN mit dem Wortlaut gestellt wurde:

 

„Der Landtag wolle beschließen: Der Wiener Landtag fordert die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung auf, Österreich soll sich dafür einsetzen, dass Euratom-Gelder nur noch für konkrete frühzeitige AKW-Stilllegungen deutlich vor dem geplanten Laufzeitende der jeweiligen Anlage verwendet werden oder in erneuerbare Energien und Energieeffizienzmaßnahmen investiert werden, dass überhaupt keine EU-Gelder in Laufzeitverlängerungen von Atomanlagen fließen oder zur sonstigen Unterstützung der Kernenergie eingesetzt werden, und sollte keine Richtungsänderung von Euratom verhandelbar sein, dass ein Ausstieg überprüft werden soll.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung dieses Antrags beantragt.“

 

Ich ersuche Sie dann selbstverständlich um Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

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