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Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 85

 

in der europäischen Gemeinschaft nicht die Staatsbürgerschaft sein. Vor allem deshalb, weil es in Österreich noch immer so schwierig ist, eine Staatsbürgerschaft zu bekommen. Deshalb sollte es auch nicht an der Staatsbürgerschaft hängen. Aber auch, wenn es nicht so schwierig ist. Es gibt Personen, die wollen ihre Staatsbürgerschaft behalten. Ich bin zum Beispiel Sohn einer französischen Mutter und eines ungarischen Vaters. Meine Mutter hat noch immer die französische Staatsbürgerschaft, weil ihr die französische Idee einfach noch wichtig ist. (Abg. Armin Blind: Dann sollte sie hier nicht mitbestimmen!)

 

Aber ich fände es wichtig, dass sie nach 20 Jahren auch hier wählen kann, weil das auch ihr Lebensmittelpunkt ist. Das heißt, Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt hier haben, vor allem europäische Bürger, sollten auch hier wählen können. Das fände ich enorm wichtig. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Armin Blind: Dann ist sie noch nicht angekommen!) – Ich stelle Ihnen meine Mutter gerne einmal vor. Ich glaube, sie ist gut angekommen in der österreichischen Gesellschaft, hat auch schon sehr viel beigetragen in dieser Gesellschaft, und dementsprechend kann ich Ihr Argument nicht nachvollziehen.

 

In dieser Hinsicht unterstützen wir den Antrag, der von der Koalition gestellt wird, dass Wien entscheiden kann, wer wahlberechtigt ist und wer nicht. Wir gehen mit diesem Antrag mit.

 

Meine Wünsche habe ich deponiert, ich würde es wirklich schön finden, wenn es eine Arbeitsgruppe zum Wahlrecht und ein Weiterdenken und eine Weiterentwicklung des Wahlrechts gibt und deponiere das als Wunsch ans Christkind. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Dr. Ulm.

 

14.31.05

Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr verehrte Damen und Herren! (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Nimmst du wieder die Statistik mit?) – Herr Kollege Stürzenbecher, was ist das Anliegen? (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Ob du wieder diese Auflistung bringst vom letzten Mal!) – Das kann ich nicht versprechen. Ich habe es dabei, aber ich weiß nicht, ob alle davon so begeistert wären wie wir beide.

 

Es geht heute natürlich nicht nur um den mehrheitsfördernden Faktor oder mehrheitsfördernden Summanden, wie mein Vorredner richtig gesagt hat. – Es sind offenbar Mathematikspezialisten im Saal, die wissen, dass man bei einer Addition von Summanden spricht und nur bei der Multiplikation von Faktoren. Und nachdem hier die Zahl 1 oder 0,5 zu addieren ist, müsste man eigentlich tatsächlich, so wie es mein Vorredner auch gesagt hat, von mehrheitsfördernden Summanden reden. Aber worum es mir geht, das ist, dass heute die Gemeindewahlordnung ganz umfassend reformiert wird und dass ich von Seiten der Regierungsfraktionen höre: Wir bilden eine Arbeitsgruppe zum Thema Wahlrecht.

 

Das ist wirklich absurd, und ich kann dem Kollegen Kowarik natürlich nur recht geben. Wir bekamen diesen Initiativantrag, über den wir heute abstimmen müssen, überfallsartig vor wenigen Tagen, und in der Fragestunde habe ich noch von Frau Kollegin Kickert gehört, dass geplant ist, dass man eine ganz breite Diskussion abhalten möchte über Veränderungen im Wahlrecht, über Veränderungen der Wiener Stadtverfassung; auch die Frau StRin Frauenberger hat gesagt, sie ist sehr aufgeschlossen gegenüber der Idee über Runde Tische. Ich habe gefragt, ob sie sich die Einführung der Direktwahl der Bezirksvorsteher vorstellen kann. – Kann man sich alles vorstellen, man will das interfraktionell besprechen.

 

Die Nachricht höre ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube, wenn wir heute diese grundlegende, diese breite Reform der Wahlordnung beschließen, und Sie die gute Idee haben, dass man eine interfraktionelle Arbeitsgruppe dazu einsetzt, nachdem wir es heute beschließen. (Beifall bei der ÖVP und von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.)

 

Aber natürlich geht es heute in allererster Linie um dieses mehrheitsfördernde Element. Und es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass wir heute einen Freudentag für die Demokratie haben. Vielmehr ist die Geschichte dieser Wahlrechtsdebatte eine Gruselgeschichte. Eine Gruselgeschichte, wie wir sie wirklich nur ganz selten bei politischen Themen haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir bei einem politischen Thema von dieser Bedeutung durch Jahre hindurch derart unterschiedliche, Herr Kollege Stürzenbecher, unterschiedliche Aussagen gehört hätten, die ja alle dokumentiert sind und die auch schon gesagt worden sind an diesem Rednerpult, wo es derart Hü und Hot gegangen ist, wo es derartige Wortbrüche gegeben hat, wo es das Kapern von Abgeordneten gegeben hat, wo man völlig absurde Vorschläge gemacht hat. Und diese 0,5, die man jetzt nimmt, das ist ja auch eine peinliche, weil willkürliche Zahl. (Abg. Georg Niedermühlbichler: Dann schauen Sie, Niederösterreich hat 0,5!) Allein, wenn ich in einen Gesetzestext eine Zahl hineinschreiben muss, die ich gar nicht leicht in Worten in einem Gesetzestext formulieren kann, da sollte man als Jurist schon ein bisschen skeptisch und vorsichtig sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Da bin ich schon dafür, dass man in einer nachvollziehbaren Art und Weise unser Wahlrecht organisiert. Es ist wirklich eine Gruselgeschichte für die Grünen, für die SPÖ. Es ist eine Gruselgeschichte für die Bürger, die sich falsche Versprechungen anhören mussten durch viele Jahre hindurch, und letztendlich auch für den Rechtsstaat und für die Demokratie. Mit unglaublich vielen Verlierern, diese Gruselgeschichte hat natürlich als Verlierer die Grünen, die SPÖ, nicht zu vergessen den Herrn Akkilic, den man nicht so eindeutig einordnen kann, und letztendlich die gesamte Rechtsordnung und Demokratie in dieser Stadt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, Sie sind mit dieser Novelle, die Sie heute beschließen, wortbrüchig geworden. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Ich darf Sie noch einmal auf diese Verpflichtungserklärung aufmerksam machen. Sie ist Ihnen sehr oft vorgehalten worden seit dem 4. Mai

 

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