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Landtag, 32. Sitzung vom 30.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 66

 

Diskussionen mit den Juristen und Juristinnen dieses Hauses. Unter diesen gibt es noch immer einige, die meinen, dass das verfassungsrechtlich – ich wähle jetzt meine Worte sorgfältig – sehr genau zu beachten ist. – Jetzt wird die Praxis zeigen, wie das gelebt wird! Ich glaube, dass das ganz wesentlich ist, weil es eben nicht nur Aufgabe der Stadt ist, die Finanzierung von Qualitäten sicherzustellen, sondern weil auch jene Verantwortung tragen, die hier errichten. – So weit zum dritten Bereich.

 

Der vierte Bereich – ich weiß, dass das vor allem von Seiten der Opposition kritisch gesehen wird – ist die Reduktion der Stellplatzverpflichtung. Ich meine, vielleicht könnten wir uns mit Kollegen Dworak fiktiv einigen. Das ist jetzt kein Angebot für einen sofortigen Antrag, aber wenn Sie anbieten, die Solarpflicht freiwillig zu ermöglichen, dann sage ich darauf: Machen wir auch die Stellplatzpflicht freiwillig! – Vielleicht könnten wir uns da finden!

 

Interessanterweise wird das bei der Stellplatzpflicht ganz anders gesehen. Dabei geht es einerseits um eine Flexibilisierung, aber auch um eine Reduzierung. Ich weiß nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist, meine Damen und Herren! Vor einigen Monaten oder einem halben Jahr sind die Gemeinnützigen an die Öffentlichkeit getreten, jene Gemeinnützigen, die bisher jahrzehntelang – bis heute noch, ab morgen nicht mehr – eine Stellplatzverpflichtung hatten und pro Wohnung einen Stellplatz bauen mussten.

 

Ich sage jetzt, damit wir ein Gefühl dafür haben: Ein Stellplatz kostet heute zwischen 10 000 und 15 000 EUR, also ungefähr so viel wie ein Neuwagen. Vom ökologischen Standpunkt füge ich hinzu: Für den Aushub eines Stellplatzes werden etwa 15 LKW-Ladungen quer durch die Stadt geführt. (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) Ja, für längere Zeit.

 

Was haben diese Bauträger getan? – Sind sie mit dem Ruf an die Öffentlichkeit getreten: Liebe Stadt! Wir müssen mehr bauen! Wir quellen aus allen Nähten! Die Leute parken unsere Stellplätze voll! – Haben sie das gesagt? – Nein! Sie haben etwas anderes gesagt. Sie haben gesagt: Stadt Wien! Wir mussten mehr als 10 000 Stellplätze errichten, die jetzt leerstehen, die aber teuer auf die Wohnungskosten übertragen werden.

 

Es werden jetzt der Stadt Parkplätze angeboten. Es gibt eigene Webseiten, auf welchen diese freistehenden Parkplätze angeboten werden. Diese sind aber noch immer nicht voll. Daher haben die Bauträger gesagt: Bitte, liebe Stadt, wirf doch einen Blick auf die veränderten Verkehrsbedingungen und auf die veränderten Prioritäten von Menschen, die in der Stadt leben, die sich aber nicht mehr ganz am Anfang ein Auto kaufen, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, mit dem Fahrrad fahren oder auch auf Carsharing zurückgreifen! Liebe Stadt! Bitte reduziere daher die Verpflichtung zum Bau von Stellplätzen!

 

Ich verhehle auch nicht – und Sie werden auch darauf eingehen –, dass das durchaus einer der Punkte war, die wir in der Koalition heftig diskutiert haben, und was wir heute hier haben, ist einmal mehr, wie in vielen Punkten, ein Kompromiss. Es ist kein Geheimnis, dass wir diesbezüglich weitergegangen wären, aber ein Kompromiss ist eben das, was eine Demokratie ausmacht.

 

Nicht zuletzt ist der Berechnungsmodus dieser Herabsetzung wichtig. Bisher haben wir gesagt, eine Wohnung, ein Stellplatz. Jetzt ist es richtigerweise eine Politik des Herrn Stadtrats, die wir sehr unterstützen, dass auch der Bedarf an kleineren Wohnungen – sie werden Smart-Wohnungen genannt – berücksichtigt wird. Wir gehen nämlich auf einen Anteil von 50 Prozent Singlehaushalten in Wien zu! Es haben sich einfach ganz viele Dinge geändert! Ich darf in diesem Zusammenhang Herrn Czernohorszky zitieren: „ Wir sind nicht die, die den Menschen erklären, welche Familienverhältnisse sie haben sollen und wie sie leben sollen.“

 

Wir nehmen also zur Kenntnis, dass der Anteil der Singlehaushalte zunimmt und es daher auch ein vermehrtes Ausmaß an kleineren Wohnungen geben wird. Das hieße dann aber, dass wir überproportional viele Stellplätze haben müssten. Gerade die Inhaber von Singlehaushalten streben aber nicht in hohem Ausmaß die individuelle Automobilität und den Autobesitz an, wofür wir früher besonders viel leerstehenden Raum mit Beton unter der Erde schaffen wollten.

 

Deswegen erfolgt jetzt der Umstieg von Stellplätzen pro Wohnung auf Stellplätze auf Fläche. Für 100 m² soll es einen Stellplatz geben. Das ist ein entsprechender Schritt und eine maßvolle Reduktion, und wir werden dann sehen, wie sich das entwickelt. Wir haben aber auch vereinbart, dass es sowohl möglich ist, wie bisher in der Widmung diese Zahl hinunterzusetzen, aber auch diese Zahl hinaufzusetzen, wenn es möglich ist und es in gewissen Bereichen der Stadt ein eklatantes Stellplatzdefizit gibt.

 

So weit der vierte Punkt, und ich glaube wirklich, dass somit Geld gespart wird und ökologisch die richtigen Anreize gesetzt werden, und zwar gar nicht nur verkehrstechnisch. Ich möchte da auf noch etwas hinweisen: Es geht ja nicht nur darum, wie viel Energie ein Haus zur Beheizung braucht, sondern es geht auch darum, zu hinterfragen, wie viel Energie im Bau dieses Hauses steckt, die sogenannte „graue Energie“, also der energetische Aufwand für Zement, Stahl, Ziegel und was auch immer verwendet wird. Und nichts braucht mehr Energie als das, was unter der Erde vergraben wird, also Aushub und Betonierungen, die besonders energieintensiv sind. Daher ist das auch ein Grund, wenn auch nicht der Hauptgrund, warum wir diese Stellplatzveränderung sehr positiv bewerten.

 

Mein letzter Punkt – wenn auch nicht der letzte Punkt der Bauordnung, denn sonst würde ich sehr lange reden –, auf den ich jetzt eingehen möchte, ist die Möglichkeit – und ich war überrascht, dass die Stadt das bisher gar nicht konnte –, Mindesthöhen bei Erdgeschoßen festzusetzen. Einmal mehr: Das Erdgeschoß ist das Gesicht zu Stadt. Und wenn ich etwas an dem einen oder anderen auch architektonisch gelungenen Projekt der letzten Jahrzehnte kritisieren möchte, dann ist es der Punkt, dass auf die Neugestaltung von Erdgeschoßzonen – lassen Sie es mich einmal so sagen – nicht aus

 

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