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Landtag, 11. Sitzung vom 27.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 68

 

Krise der europäischen Währung ist nicht entstanden, weil es zu wenig Europa gibt, sondern weil man zu vorschnell gleichgeschaltet hat, weil man zu rasch vereinheitlicht und Wirtschaftsräume zusammengeschlossen hat, die nicht zusammengehen, nicht zusammengehören! (Beifall bei der FPÖ.) Wenn jetzt in Brüssel - und da gehören die GRÜNEN und die Sozialdemokraten leider dazu - versucht wird, aus dieser Krise die Lehre zu ziehen, dass es nicht zu viel Europa gibt, sondern zu wenig, dass man nun sehr rasch eine Wirtschaftsregierung installieren muss, dass man hin zu den Vereinigten Staaten von Europa, zu zentralistischen Vereinigten Staaten von Europa gehen muss, dann heißt das: Teufel mit Beelzebub austreiben! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Meine Damen und Herren! Dann wird genau das bis zum Exzess betrieben, was uns in die Sackgasse hineingeführt hat, nämlich Zentralisierung, Gleichschaltung und das Biegen über einen Bogen von Dingen, die nicht zusammengehören. Glauben Sie mir, gerade die Währungsunion macht das eine deutlich: Ein partieller Rückbau, beispielsweise das zeitliche oder zwischenzeitliche Ausscheiden von Staaten aus der gemeinsamen Währung, die nicht in der Lage sind, volkswirtschaftlich eine solche zu tragen, ist kein Schritt gegen Europa. Das ist ein Schritt für Europa, damit können wir das vielleicht retten! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Präsidentin! Auch die Frage der Demokratie wird im Zusammenhang mit der Bewältigung der Krise sehr oft angesprochen. Ist es wirklich so, dass die Krise Europa zum Auseinanderbrechen bringen wird und dass damit die Demokratie gefährdet wird? Oder ist es nicht vielmehr so, dass die Eurokraten, dass maßgebliche Kräfte im Zentrum der Europäischen Union die Krise nutzen wollen, um Demokratie möglichst auszuschalten, zu relativieren?

 

Ist es nicht so, dass in Staaten, die unter dieser Krise leiden - wie etwa Griechenland und Italien -, plötzlich Regierungen installiert sind, die keine demokratische Legitimation haben? Ist es nicht so, dass demokratisch hoch legitimierte Regierungen, die etwa eine Zweidrittelmehrheit erlangen - und das würde jede Partei gerne haben -, die demokratisch eine Zweidrittelmehrheit erlangen wie etwa in unserem Nachbarland Ungarn, auf einmal als Antidemokraten bekämpft werden?

 

Ich weise nur darauf hin: Man kann beispielsweise über das ungarische Mediengesetz, das vor einem Jahr Thema war, wirklich vieles sagen; man kann der Meinung sein, dass es bedenkliche Tendenzen hat. Klar ist, dass eine Partei mit einer Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament auch die parlamentarische Kontrolle in den staatlichen Medieninstanzen ausübt. Bei uns, bitte, macht das eine Partei, die kaum ein Drittel der Wähler hinter sich hat! Wo ist der Unterschied? (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Aber es geht doch darum, dass Demokratie auf der europäischen Ebene bislang noch nicht wirklich funktioniert hat. Auch wenn Kollegin Lunacek sagt, dass alles so toll ist und dass das Europäische Parlament jetzt so unglaubliche Rechte hat, muss ich eines sagen, ich als fraktionsloser Abgeordneter. Schauen Sie, da sagen die Zeitungsberichte, die können emsig sein, die können plaudern, die können hunderte Reden halten, aber zu reden haben sie nichts. Da frage ich Sie aber eines, Frau Lunacek: Was haben denn Sie zu reden? Was hat denn das Europäische Parlament insgesamt zu reden? Das ist eine demokratiepolitische Fassade, ein Potemkinsches Dorf, in dem Demokratie gemimt wird! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Des Weiteren, meine Damen und Herren: Wo ist denn die Gewaltenteilung auf der europäischen Ebene? Die Trennung von Legislative, Exekutive und Justiz? Bitte schön, der Schöpfer der Gesetze ist im Wesentlichen der Rat - das ist die Summe der Regierungen, also Exekutive! Da gibt es also keine wirkliche Gewaltenteilung.

 

Wenn jetzt, im Zuge der Krise, weitere Zentralisierung betrieben wird, Zentralisierung, die im Grunde zunehmend darauf ausgeht, die europäischen Völker zu entmündigen, dann muss man da Widerstand leisten! Deswegen, meine Damen und Herren, sind wir für ein anderes Europa, aber nicht für ein in die alten nationalstaatlichen Antagonismen, in den alten Hass zurückkehrendes Europa.

 

Bitte, das, was heute auch in Wien passiert, ist meines Erachtens ein Schlag gegen die europäischen Werte, ins Gesicht der europäischen Werte. (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.) Schauen Sie, Gespräch und Dialog unter politischen Gegnern - Friedrich Heer -: Es muss auch möglich sein, dass man Andersdenkende toleriert. Es muss möglich sein, dass es Meinungsfreiheit gibt, dass es Versammlungsfreiheit gibt. Das sind europäische Werte. Die Grundrechte muss es für alle geben, auch für Herrschaften und für Leute, die man nicht so gern hat! Das muss möglich sein.

 

Schauen Sie, ich persönlich habe etwas gegen den Life Ball. Ich werde aber nicht aufstehen und sagen: Wir verbieten den Life Ball, oder wir machen Demonstrationen, die diesen Life Ball unmöglich machen. Ich appelliere an Andersdenkende, auch zu tolerieren, dass wir unsere eigene Folklore haben, niemandem etwas tun, aber ein schönes Fest feiern wollen. Das muss möglich sein. (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Meine Damen und Herren! Europäische Werte bestehen im Kern aus Toleranz. Toleranz ergibt sich nur dort, wo es um Andersdenkende geht, niemals um die Gleichdenkenden. Wo diese Toleranz gefährdet ist, gefährden wir Europa. Nicht die gemeinsame Währung ist das, was den Geist Europas ausmacht, sondern diese Toleranz, diese Humanität und diese Größe, Andersdenkende zu tolerieren, mit ihnen zu diskutieren.

 

Deswegen möchte ich auch in diesem Sinn aufhören. Meine Damen und Herren, indem ich die Möglichkeit gehabt habe, als EU-Abgeordneter heute hier eine Viertelstunde meine Gedanken zu dieser Richtlinie, aber auch allgemein zu europapolitischen Dingen auszubreiten, muss ich sagen, habe ich ein Maß an Toleranz in

 

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