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Landtag, 11. Sitzung vom 27.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 68

 

dass Merkel und Sarkozy, nämlich nur diese beiden, etwas vorbereiten, wo die Parlamente außen vor sind, der Wiener Landtag sowieso. Aber auch der Nationalrat darf im Nachhinein darüber abstimmen und das Europaparlament ist sowieso außen vor. Gerade drei plus eins unserer Abgeordneten dürfen zuhören in einem Prozess, wo wir eigentlich ignoriert werden. Das ist demokratiepolitischer Ausnahmezustand. Das ist nicht etwas, was das sowieso schon verloren gegangene Vertrauen der Bevölkerung auch nur irgendwie wiederherstellen könnte. Das heißt, für uns ist dieser Fiskalpakt eine unnütze Provokation. Das meiste davon wäre auch innerhalb der Verträge und im Gemeinschaftsrecht machbar. Das sollte auch so geschehen, und nicht mit einem solchen Pakt, völlig außerhalb der Verträge, wo es sich nur die Regierungen miteinander ausmachen. Ich hoffe, dass es auch von Ihnen öffentlichen Widerstand dagegen gibt.

 

Was wir jetzt in diesem Europa brauchen, ist ein großer Wurf, ein demokratiepolitischer, aber auch ein sozialpolitischer, der tatsächlich neue Maßstäbe setzt. Dafür würden wir zum Beispiel so etwas wie einen neuen Konvent brauchen, wo wir dieses demokratische Vakuum endlich beenden. Ein bisschen etwas in diese Richtung wird es ab 1. April geben, die Europäische Bürgerinitiative, die notwendig geworden ist. Aber Wahlen zum Europäischen Parlament, wo sich der künftige Kommissionspräsident oder die künftige Kommissionspräsidentin direkt diesen Wahlen stellen sollen, gibt es noch nicht. Den Vorschlag gibt es im Verfassungsausschuss des Europaparlaments. Leider wehren sich die größeren Fraktionen in ihren Heimatländern - die CDU in Deutschland, die Sozialdemokraten in anderen - dagegen, das umzusetzen. Dann müssten sich nämlich diejenigen, die so etwas wie eine europäische Regierung darstellen, der Wahl stellen. Sie müssten 2014 durch die verschiedenen EU-Staaten fahren und klarmachen, was sie wollen, ein soziales Europa, ein ökologisches Europa, ein demokratischeres. Und sie würden dann nicht mehr einfach von den Regierungen geschickt werden, weil man sie dort vielleicht nicht mehr braucht.

 

Was wir auch brauchen, ist ein sozialeres Europa und ein auch wirtschaftlich klares, eine Sozialunion, wo es steuerliche Mindeststandards gibt, nicht nach unten zu liberalisieren und nach unten zu degradieren, sondern dass so etwas wie ein Flat Tax - wie im Nachbarland Slowakei - einfach nicht für alle gelten kann. Wir brauchen Mindeststandards, um auch öffentliche Ausgaben zu sichern. Was jetzt passiert, ist, zu sparen, zu sparen, zu sparen. Wir Grüne sind schon auch dafür, dass man Schulden abbaut, aber nur das zu tun und gleichzeitig die öffentlichen Budgets völlig zuzumachen, nichts mehr investieren zu können in Investitionen, im Sozialbereich, im Umweltbereich, in ökologischer Infrastruktur - die brauchen wir in Wien und Umgebung genauso -, ist der falsche Weg. Ein guter Weg dafür wäre die Finanztransaktionssteuer. Sie ist wirklich eines meiner Lieblingsthemen.

 

Ich komme, wie manche von Ihnen wissen, aus der Entwicklungspolitik. Dort haben wir schon vor 20 Jahren von der Tobin-Steuer gesprochen, die für entwicklungspolitische Maßnahmen Geld lukrieren könnte und gleichzeitig den Spekulanten das Handwerk legen könnte. Wir haben dann im Nationalrat - das war Ende 2008, bevor ich ins Europaparlament gewechselt bin - einen Erfolg erlebt, nämlich einen Fünfparteienantrag, der gesagt hat, wir brauchen eine solche Finanztransaktionssteuer und sie soll zuerst auf europäischer Ebene gemacht werden. Weil bis dahin hat es vor allem von der ÖVP-Seite die Haltung gegeben, machen wir das nur global, weil sonst geht das nicht.

 

Es ist mittlerweile klar, eine Finanztransaktionssteuer kann, darf und muss es auch auf europäischer Ebene geben. Wenn Herr Cameron, der gestern wieder gesagt hat, das ist verrückt, nicht mitmachen will, dann soll er draußen bleiben auf seiner Insel und wir machen es innerhalb der Eurozone. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ sowie von den Abgen Ingrid Korosec und Ing Isabella Leeb.)

 

Wir fangen dort an. Schließlich ist es möglich, dafür, so wie die Kommission das jetzt vorschlägt, an die 55 Milliarden EUR zu lukrieren. Das ist in Zeiten wie diesen kein Pappenstiel.

 

Etwas, wofür ich klar stehe, und ich weiß, es gibt heute auch einen Antrag hier im Landtag dazu - ich und die GRÜNEN stehen dazu -, ist, dass das zwischen dem europäischen Budget und dem nationalen Budget aufgeteilt wird und für Investitionen in das rennt, wo die Bürger sagen, die EU soll zahlen. Die EU soll auch für vieles zahlen, zum Beispiel den Globalisierungsfonds, zu dem ich dann noch komme, wo es heute, glaube ich, auch einen Antrag dazu gibt, aber die EU braucht auch ein Geld dafür. Die Europäische Union hat derzeit gerade einmal ein bisschen mehr als 1 Prozent des BIP aller Mitgliedsstaaten. Meine Damen und Herren, damit kann die EU nicht alles zahlen, was die Bürgerinnen und Bürger wollen. Das heißt, ein Teil der Finanztransaktionssteuer ins EU-Budget und ein Teil ins nationale Budget. Das ist der Weg, den wir hier vorsehen und nicht jener, die sagen, nur ins nationale Budget. Man muss in Europa auch so etwas wie Solidarität üben. Wir sagen im Europaparlament, wir brauchen Solidität, also ein solides Budget, aber wir brauchen gleichzeitig auch Solidarität. Beides gemeinsam muss es geben. In diese Richtung muss es gehen.

 

Natürlich muss es zur Regulierung der Finanzmärkte auch eine europäische Rating-Agentur geben. So sehr Standard & Poor's nicht so unrecht damit hatte, wenn sie gesagt hat, dass es Europa vor allem an politischem Defizit mangelt, nämlich an der Handlungsunfähigkeit, an der Unfähigkeit, rasche Entscheidungen zu treffen - das stimmt ja -, müssen wir aber alles andere, denke ich, in europäische Hände nehmen. Dafür brauchen wir auch eine europäische Rating-Agentur. Dafür brauchen wir aber auch eine Regulierung der Finanzmärkte. Die Steueroasen gehören eingedämmt, gehören abgeschafft. Den Spekulanten gehört das Handwerk gelegt. Nur dann kann dieses Europa wieder auf neue und auch auf sozialere Beine gestellt werden.

 

Vielleicht noch kurz einige Worte zum Globalisierungsfonds, der an und für sich ein gutes und richtiges

 

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