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Landtag, 11. Sitzung vom 27.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 68

 

Ich gehe daher auch davon aus, dass dort die Straßenprostitution nicht kommen wird. Meine Frage in diesem Zusammenhang: Wenn wir diese Rückgänge im Wohngebiet haben, warum zeigen Sie nach wie vor Bestrebungen, Erlaubniszonen in Wohngebieten zu implementieren?

 

Präsident Johann Herzog: Frau Stadträtin, ich ersuche um Beantwortung.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Eine grundsätzliche Antwort und eine praktische Antwort – fangen wir mit der praktischen Antwort an: Ja, das Gesetz wirkt. Ja, die Straßenprostitution ist massiv zurückgegangen. So wie Sie es jetzt beschrieben haben, könnte man den Eindruck haben, okay, es stehen eben ein paar weniger Frauen, aber so ist es nicht. In einigen Gebieten, die vor dem 1. November noch schwer belastet waren, nämlich Felberstraße, Linzer Straße, äußere Mariahilfer Straße, ist Straßenprostitution de facto nicht mehr vorhanden; das heißt, da hat das Gesetz gewirkt. Wo wir jetzt Straßenprostitution haben – beziehungsweise immer schon gehabt haben, wie Sie jetzt sagen werden, und das stimmt –, ist der Prater. Was wir sehen müssen – deswegen setzt sich die Steuerungsgruppe sehr intensiv damit auseinander –, ist, dass wir jetzt die kühlere Zeit des Jahres haben. Wir müssen sehr genau beobachten, wie sich die Straßenprostitution entwickelt und ob es für diejenigen, die Straßenprostitution ausüben möchten, ausreichend Platz gibt. Das war die praktische Antwort. Das heißt, das werden wir in der Steuerungsgruppe genau beobachten.

 

Die inhaltliche oder grundsätzliche Antwort, die ich dazu geben möchte, ist: Die rot-grüne Koalition hat sich ganz klar gegen ein Verbot der Straßenprostitution entschieden. Das bedeutet: Es wird in dieser Stadt nach diesem Gesetz Straßenprostitution geben, und zwar an Orten, wo das getrennt ist vom Wohngebiet. Aber es wird auch Straßenprostitution geben in Zonen beziehungsweise in Bereichen, nach Kriterien, die wir in der Steuerungsgruppe gemeinsam ausgearbeitet haben. Wir haben nämlich definiert, was alles notwendig ist, damit ein Gebiet überhaupt eine Erlaubniszone sein kann. Unser Ziel ist es dabei zugegebenermaßen gewesen, wenigen Frauen einen entsprechenden Platz zu geben; aber jenen Frauen, die auf der Straße stehen und arbeiten wollen, wollten wir auch einen entsprechenden Platz geben – um eben wieder Konflikte zu verhindern und dafür zu sorgen, dass diese Frauen selbstbestimmt arbeiten können.

 

Was die Verdrängung der Frauen von der Straßenprostitution nach indoor betrifft, möchte ich sagen, unsere Devise ist zwar „Indoor arbeiten heißt sicher arbeiten“, aber wir bemerken in dieser Steuerungsgruppe trotzdem sehr konkret, dass es eine Form der Indoor-Arbeit gibt, die uns die Frauen aus der Sichtbarkeit wegholt, sodass wir nicht mehr die Möglichkeit haben, für die Frauen und mit den Frauen zu arbeiten, weil sie einfach verschwinden. Das heißt, es gibt einen Teil der Frauen, die vorher auf der Straße gestanden sind, die jetzt indoor und selbstbestimmt arbeiten, wunderbar; aber wir dürfen auch nicht die Augen davor verschließen, dass es auch Frauen gibt, die sozusagen in der Anonymität verschwinden.

 

Grundsätzlich möchte ich gerne sagen – das habe ich hier ja immer wieder gesagt –: Ich glaube nicht, dass irgendwann einmal ein kleines Mädchen hergegangen ist und gesagt hat, wenn ich groß bin, werde ich Straßenprostituierte. Tun wir also nicht so, als wäre das ein Traumberuf. Aber es gibt natürlich einen Unterschied zwischen jenen Frauen, die selbstbestimmt arbeiten, wobei wir über den Wegfall der Sittenwidrigkeit et cetera diskutieren, und es gibt auch eine Menge gehandelter Frauen, die wirklich ohne Rechte am sozialen Rand unserer Gesellschaft sind und oft von uns gar nicht wahrgenommen werden können, weil sie eben in der Anonymität verschwinden. Das ist eine große Bedrohung für diese Frauen. Deswegen möchte ich diese Entwicklung, wie dieses Gesetz wirkt, welche Form der Erlaubniszonen wir definieren, welche Erlaubniszonen wir definieren, unbedingt in diesem Kontext sehen, dass unser Kampf gegen den Frauenhandel ein eminent wichtiger ist.

 

Was ich vorhin, bei der Bilanz der ersten Erfahrungen anzuführen vergessen habe: Das Gute daran ist, dass wir von der Bundespolizeidirektion Wien übermittelt bekommen, dass Wien durch dieses neue Prostitutionsgesetz für den Frauenhandel unattraktiver wird – das ist natürlich grundsätzlich sehr gut so. Aber wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass es nach wie vor Frauenhandel in dieser Stadt gibt. Wir müssen vielmehr dafür sorgen, dass dieses Gesetz nicht dazu führt, dass wir das nicht mehr sehen. Denn wenn wir es nicht mehr sehen, können wir es auch nicht bekämpfen beziehungsweise etwas dagegen tun.

 

Präsident Johann Herzog: Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg Hebein. Ich ersuche darum.

 

10.26.14

Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Ich danke Ihnen vor allem für die Beantwortung dieser letzten Frage. Ich kann nur bestätigen: Dass wir jetzt die Frauen auf der Straße nicht mehr sehen, heißt nicht, dass es sie nicht mehr gibt. Wir können einfach beobachten, dass die Zahl der Inserate steigt, das heißt, es sind auch Frauen in der Wohnungsprostitution gelandet. Wir wissen auch durch Streetwork, dass die Frauen jetzt auch in zwielichtigen Lokalen anbahnen beziehungsweise anbahnen müssen. Daher, finde ich, sind wir jetzt an einem heiklen Punkt angelangt. Einerseits haben wir den Wohnungsbereich entlastet, andererseits brauchen wir dringend sichere Bereiche für die Erlaubniszonen. Der nächste Frühling kommt bestimmt, und jedes Jahr sind im Winter um ein Viertel weniger Frauen auf der Straße. Daher meine konkrete Frage an Sie: Was sind die nächsten Schritte, damit wir da einerseits sichere Bereiche schaffen, andererseits aber auch die Menschen vermehrt davon überzeugen, dass wir Straßenprostitution nicht abschaffen können und wollen, zur Sicherheit der Frauen?

 

Präsident Johann Herzog: Frau Stadträtin, ich ersuche um Beantwortung.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Die Frauen

 

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