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Landtag, 10. Sitzung vom 15.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 24

 

Opfer gibt, die entschädigt werden? Wo sind die Täter?

 

Hier muss die Staatsanwaltschaft tätig werden, aber auch hier im Gemeinderat und Landtag muss die politische Verantwortung geklärt werden. Das darf nicht länger unter den Tisch gekehrt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich nütze die Gelegenheit, einige Täter vor den Vorhang zu stellen, und da ist mir ziemlich egal, ob sie schon verstorben sind oder alt sind oder nicht mehr berufstätig sind. Die Täter gehören vor den Vorhang, und das bestätigen mehrere Opfer unabhängig voneinander, nämlich aus verschiedenen Heimen.

 

Da war der Herr Manfred Jochum, der Manfred Jochum, der vielleicht von einigen als „Jochen" bezeichnet wurde, eine rote Lichtgestalt später, ein Mann, der sich sowohl im Heim Wilhelminenberg als auch im Heim Hohe Warte durch besondere Brutalität hervorgetan hat. Er hat die Buben mit den Bartwischstiel missbraucht – ich gehe nicht näher ins Detail, ich habe die letzten Wochen schon genug davon gehört, das brauche ich nicht im Detail weiter hier auszubreiten –, er hat einem Mädchen, das seinem Heimmartyrium entfliehen wollte, zur Strafe einen Tannenzapfen in den Unterleib eingeführt. Das Mädchen wurde schwer verletzt, vom Heim weggebracht, es kam nie wieder zurück. Wo es geblieben ist, weiß kein Mensch. – Das sind nur zwei kleine Beispiele.

 

Wir sagen, Täter vor den Vorhang, und der Herr Manfred Jochum soll laut Aussagen verschiedener Opfer so ein Täter gewesen sein. Und er war Mitglied des BSA, nämlich führendes Mitglied. Das heißt – um es noch einmal zu sagen –, das ist kein politisches Kleingeld, das ist die Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sprechen wir sie aus, die Realität. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Im Jahre 1998 wurde der Herr Jochum zum ORF-Hörfunkintendanten gemacht. Er wurde mehrfach ausgezeichnet: Preis der Stadt für Wiener Volksbildung, Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, Staatspreise. Und das alles für einen Mann, der in jedem zivilisierten Rechtsstaat im Gefängnis gelandet wäre.

 

Andere Täter haben sich ja selbst vor den Vorhang gestellt. Die waren zwar nicht so schlimm tätig wie der Herr Jochum, aber die Frau Ute Bock hat ja selbst zugegeben, die eine oder andere Tätschn ausgeteilt zu haben. Sie war auf jeden Fall eine ehrliche Haut, aber das Motto war damals wie heute: „Wer hat Bock auf Ute Bock?" Denn das ist genau der Grund, warum sie damals in Kinderheimen tätig war und jetzt in Asylantenheimen. Wir wissen genau die Motivation der Frau Ute Bock, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es handelt sich ja nicht nur um Fälle, die Jahrzehnte zurückliegen, die vielleicht doch ein fortgeführtes Nazi-Regime waren in den 70er oder 80er Jahren, es handelt sich ja auch um junge Fälle in den 90er Jahren. Im August-Aichhorn-Haus etwa wurden Zöglinge zu Kinderarbeit gezwungen, da gab es anscheinend Sexorgien mit Prominenten. Die Kinder wurden in umliegende Penthäuser verschafft, sie wurden als Drogenkuriere missbraucht. Das sind alles Fälle, die einige Jahre her sind, und da frage ich mich schon: Wo war die Magistratsabteilung 11? Wo war der Stadtschulrat, wenn Kinder vom Unterricht freigestellt wurden für einen „erlebnispädagogischen Urlaub" und dann wochenlang unterwegs waren? Wir wissen nicht, wo, wahrscheinlich wurden sie da und dort prostituiert.

 

Das ist ein Versagen der Behörden, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dazu braucht es eine Gemeinderätliche Untersuchungskommission, die Sie verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es hat ja schon im Jahre 1974 Ihre Parteifreundin Karlsson darauf hingewiesen, dass 14 von den 34 Kinderheimen Kindergefängnisse sind – sie hat es als Kindergefängnisse bezeichnet –, und 2 Jahre nach Erstellung des Berichtes wurde dieser veröffentlicht, aber massiv geschwärzt und zensuriert. Aber auch damals wurde keiner der Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Niemand wurde zur Rechenschaft gezogen, aber für die Frau Karlsson war die Karriere bei der Stadt plötzlich beendet.

 

Wie gut sie das brutale System des roten Wiens kennt, zeigt sich daran, dass sie in der „Krone" erklärte, dass sie das Gefühl habe, dass man heute erneut eine Gegenwelle veranstalte, um die Anschuldigungen in Frage zustellen. Und damit liegt sie leider richtig, die Frau Karlsson, Ihre SPÖ-Karlsson, die für die SPÖ auch im Nationalrat gesessen ist. Das Vertuschen geht seit 1974 ungeniert weiter, meine sehr geehrten Damen und Herren. Doch wir wollen Licht ins Dunkel bringen, denn das Einzige, was Schutz für die Opfer bedeutet, auch Schutz für eventuelle Opfer in der Zukunft, ist, dass die Täter endlich gefasst werden und das Netzwerk endlich offengelegt wird. Das müssen wir garantieren, das ist ehrlicher Opferschutz, nicht so, wie Sie das meinen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir wissen ganz genau, es wurde vor einem Jahr ein Fonds beim Weissen Ring eingerichtet, es wurde Entschädigungen ausgezahlt. Der Fonds wird laufend aufgestockt. Das begrüßen wir auch, das ist alles sehr schön und gut, dass es zumindest eine finanzielle Entschädigung gibt. Das ist ja wohl das mindeste, was man tun kann, Es haben sich bis zum 30. November 2011 790 Opfer gemeldet. Aber was wir von vielen Opfern hören, ist, dass ihnen das Geld, das ausgezahlt wird, so vorkommt wie Schweigegeld. Nach dem Motto: Jetzt nimm das Geld, aber schau, dass du nicht mehr darüber sprichst! Das Geld ist nichts anderes als Schweigegeld, meine sehr geehrten Damen und Herren, und es kann nicht sein, dass die Fälle durch die Auszahlungen der Entschädigungen abgehakt sind. Hier muss weiter nachgeforscht werden, und dafür treten wir ein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das Wichtigste für die Opfer ist nämlich nicht eine finanzielle Entschädigung, das Wichtigste für die Aufarbeitung der psychischen Traumata ist, dass die Täter endlich gefunden und gestellt werden. Das ist das Wichtigste für die Opfer, und das wollen wir garantieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist echter Opferschutz. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es gilt aber auch, die politische Verantwortung zu

 

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