Landtag, 34. Sitzung vom 21.09.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 24
Abg Veronika Matiasek
(Klub der Wiener Freiheitlichen) :
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Herr Präsident hat eingangs gesagt, dass es nicht gut ist heute, oder nicht richtig ist, heute hier ein Wahlkampfspektakel aus dieser Sondersitzung zu machen. Nun, der Einzige, der jetzt in seiner Wortmeldung wirklich in Richtung Wahlkampf gegangen ist und auch den Termin wiederholt hat, das war der Herr Kollege Stürzenbecher! (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Im inhaltlichen Zusammenhang!) Sie haben sich da ganz besonders jetzt in diese Richtung bewegt und ich glaube auch wohl wissend, dass selbstverständlich das Thema, das ja mehr umfasst als das, was im Titel steht, heute im Rahmen eines Sonderlandtages ein Thema ist. Ein Thema ist, das wir nicht nur in Wien in den Bezirken vorfinden, sondern ein Thema ist, das wir mittlerweile europaweit vorfinden. Und es zeigt ja auch die aktuelle internationale Diskussion, dass gerade die Auswirkungen des vor allem fundamentalistischen Islams, des Islamismus, mit der Anspruchstellung auf Macht, mit einer Anspruchstellung über die Religion hinaus in das Gesellschaftliche und in das Rechtssystem unserer westlichen Demokratie hineinzuwirken, ein Thema ist, über das gesprochen werden muss und ein Thema ist, das den Menschen ganz zu Recht Angst macht. So viel steht einfach eindeutig fest. Und Herr Kollege Stürzenbecher, wenn Sie es negativ sehen, dass sich der Abg Gudenus erlaubt hat, und ich setze jetzt erlaubt unter Anführungszeichen, Helmut Schmidt zu zitieren, dann sage ich, es wird doch jedem in diesem Haus hier frei stehen zu zitieren, sofern es sich bei der Zitierten oder dem Zitierten um eine anständige Person handelt und sofern das Zitat richtig verwendet worden ist. Ich glaube, das wäre ja wirklich ein Maulkorberlass, den Sie da aussprechen, den wir uns hier wirklich nicht gefallen lassen dürfen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie sprechen davon, dass es wesentlich wichtigere Themen gibt, Sie zitieren da die Wirtschaft und die Bildung, und unter anderem sprechen Sie auch von seriöser Integrationspolitik. Ja, Herr Kollege Stürzenbecher, aber das geht an alle Verantwortlichen der SPÖ: Die Integrationspolitik verschlafen haben schon Sie! Neben einer verfehlten Zuwanderungspolitik haben Sie nämlich nahezu über 30 Jahre keine Integrationspolitik betrieben (Aufregung bei der SPÖ. – Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Unter Schwarz-Blau nicht!) und deswegen sind wir ja ganz genau heute dort, wo wir stehen und wo es eine ganze Reihe von Problemen im Zusammenleben der neu zugezogenen und der ansässigen Bevölkerung gibt. Unter anderem ist natürlich auch die Auswirkung eines Islam, der über die Religion hinausgeht, Thema bei den Menschen. Und da komme ich zu meinem Hauptpunkt. Da geht es natürlich um die Beziehung zu den Geschlechtern, zur Geschlechterstellung, zur nicht nur Gleichstellung, sondern zur Gleichberechtigung von Frauen und da haben wir im Lebensalltag eine ganze Reihe von Problemen zu verzeichnen. Das müssen die Menschen auch erfahren. Es sind nicht nur wir, die hier Kritik üben, sondern, und ich sage viel berufener als wir, die schon vom Kollegen Gudenus zitierte Soziologin, die sagt, das Kopftuch ist Flagge für die Geschlechtertrennung. Aber auch Abdel-Samad, ein muslimischer Islamkritiker, sagt ganz deutlich, es kann nur funktionieren, wenn das westliche, das europäische, das demokratische freie Gesellschaftssystem von islamischen Zuwanderern aufgenommen wird und dagegen stehen Sie. Das können Sie ja Ihren Wählern ruhig sagen. Sie werden ja auch ab und zu einmal irgendwo auf einem Platz stehen oder auf der Straße zu den Leuten gehen und die werden sich das nicht mit Freuden von Ihnen anhören!
Und ganz am Anfang der Debatte, er ist jetzt leider, glaube ich, nicht mehr im Raum, hat der Herr Präsident Hufnagl beim Wort Werte, das der Kollege Gudenus angesprochen hat, ziemlich laut - er hat ja eine sehr tragende Stimme – gefragt: „Was für Werte. Die in die Weltkriege geführt haben?“ Ich bin wirklich entsetzt, dass die Worte Werte oder unsere Werte gerade von einem Sozialdemokraten so in Frage gestellt werden oder zynisch beleuchtet werden. (Aufregung bei den Abgen Inge Zankl und Mag (FH) Tanja Wehsely.) Es waren doch gerade Sie und es waren doch Ihre Altvorderen, die für die Werte gekämpft haben, um die wir heute teilweise wieder bangen müssen, etwa die Gleichberechtigung von Frauen, aber auch und damit sind wir auch konfrontiert, mit einem überspitzten, politischen Islam mit einer weit über die Religion hinausgehenden Ideologie, dass hier, und das ist definitiv so, ein unverkrampfter Zugang zu den Geschlechtern, zu den Geschlechtsrollen und zum menschlichen Körper in Frage gestellt wird. (Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Woher haben Sie das?) Und ich erinnere nur daran, dass es stattfindet, dass man kleinen Mädchen verbietet, in einem Badeanzug gemeinsam mit Jungs schwimmen zu lernen. Wo sind wir? Das sind aber all diese Werte, wenn ich an die Sozialdemokraten der ersten Stunde erinnere, und Sie belobigen sich ja des Roten Wien immer so und teilweise ja wirklich zu Recht und haben ja eine Erinnerungsausstellung nach der anderen! Ihre Altvorderen haben genau für diese Freiheiten, für diesen lockeren und unverkrampften Zugang der Geschlechter miteinander, für die Koedukation, für die wir stehen, gegen einen Konservatismus, der das hintangehalten hat, gekämpft. Das waren in erster Linie Ihre Altvorderen! (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das gilt ja nach wie vor!) Das waren auch die Frauen aus der Reihe der Sozialdemokraten, die nicht nur für eine Gleichstellung, sondern für eine Gleichberechtigung gekämpft haben! (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das gilt nach wie vor zu 100 Prozent!) Und das stellen Sie ja heute, indem Sie nämlich negieren, dass im Bereich des Islam die Religion eben weit über die rein religiöse Betätigung hinausgeht, in Frage.
Und wenn wir über Moscheen und Minarette sprechen, aber auch wenn wir beispielsweise über das Kopftuch sprechen, wenn wir auch darüber sprechen müssen, dass in der Rechtssprechung, in unserer Rechtssprechung bereits teilweise mit zweierlei Maß Recht gesprochen wird, dann ist das bedenklich und dann wissen wir, warum das so ist: Weil eben hier ein stärkerer Anspruch als nur die Religionsausübung besteht. Und
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