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Landtag, 15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 67

 

besitzt. In der Praxis können jedoch zahlreiche Betroffene die Förderung nicht in Anspruch nehmen, da sie entweder über der Vermögensgrenze liegen oder nur Pflegegeld der Pflegestufen 1 und 2 beziehen.

 

Das ist nicht einfach so dahergeredet, weil ja die Einteilung bis 7 geht. Bei 1 und 2 ist es eigentlich so, dass man noch keine 24-Stunden-Pflege braucht. Ich kann das durchaus persönlich sagen: Nach dem Tod meines Vaters war meine Mutter geistig verwirrt, hat sich angemacht, ist hingefallen, und dann ist irgendwann einmal jemand von der Pensionsversicherungsanstalt gekommen und hat gesagt, das ist Pflegestufe 2.

 

Faktum ist allerdings, dass sie in diesem Zeitraum nicht allein leben konnte, und Faktum ist auch, dass diejenige Person, die von der Pensionsversicherungsanstalt gekommen ist, Monate nach Beantragung gekommen ist, konkret einen Tag vor Weihnachten; aber das ist ein anderes Problem. Faktum ist auch, dass meine Mutter dann ein paar Monate in ein Pflegeheim gekommen ist, weil es einfach nicht gegangen ist und weil der Fonds Soziales Wien festgestellt hat, sie muss sofort in ein Pflegeheim, weil sie damals nicht allein leben konnte. Also das mit der Pflegestufe 2 ist offensichtlich auch etwas, was man massiv diskutieren kann.

 

In Wien gibt es ungefähr 90 000 Pflegegeldbezieher, und die Zahl steigt. Geht man jetzt davon aus, dass die 24-Stunden-Pflege 1 500 EUR im Monat kosten würde - wobei eine illegale Pflege auch nicht massiv billiger sein wird - und dass man sie erst ab Pflegestufe 3 erhält, dass aber die durchschnittliche Pension, wenn man die Broschüre der Pensionsversicherungsanstalt „Veränderliche Werte und statistische Daten 2007" anschaut, 1 131 EUR beträgt, dann bedeutet das, dass sich nur 5 Prozent der Pfleglinge/Pflegebedürftigen so etwas überhaupt leisten können. Das heißt, 15 Prozent der Betroffenen sind derzeit in Heimen, und ein dringender Handlungsbedarf besteht auch bei den verbleibenden 80 Prozent an Pflegebedürftigen, die sich eben nichts anderes leisten können, als dass die Angehörigen sie pflegen und dafür natürlich nichts bekommen.

 

Hier wäre auch ein Wunsch von uns eine finanzielle Absicherung der Angehörigen, eine rechtliche Gleichstellung der pflegenden Angehörigen mit dem legalisierten Personal: soziale Gleichstellung mit der 24-Stunden-Pflege; die Sozialversicherungsbeiträge, fordern Experten, sollten vom Staat übernommen werden; wer ein Familienmitglied rund um die Uhr pflegt, sollte sich außerdem karenzieren lassen können und diese Zeiten für die Pension anrechnen können.

 

All das gibt es bis jetzt nicht, all das sind völlig ungelöste Probleme. Das Einzige, was existiert, ist diese Broschüre zur 24-Stunden-Pflege; darauf werde ich noch eingehen. Was ich aber damit sagen möchte, ist: Das umfassende Pflegeproblem ist bis jetzt in keiner Weise zufriedenstellend gelöst worden.

 

Wenn sich also jemand diese 24-Stunden-Pflege nicht leisten kann und keine Angehörigen hat, die auch ihren Beruf aufgeben können, die es sich leisten können, ihren Beruf aufzugeben, um selbst noch leben zu können, dann kommt er ins Heim. Das ist eine Alternative. Wenn man aber ins Heim kommt - ich möchte gar nicht sagen, dass die Heime schlecht sind, das sind sie sicher nicht -, dann soll das Heim ja auch nicht die Endstation sein.

 

Aber das alles ist in der Praxis nicht wirklich durchführbar. Denn wenn man zum Beispiel in Wien in ein Heim kommt, wird zwar nicht auf das ganze Vermögen zurückgegriffen, aber von der Pension bleiben einem 20 Prozent, die restlichen 80 Prozent werden für die Aufwendungen im Heim verwendet. Das ist schön und gut, aber mit 20 Prozent können Sie zum Beispiel eine Wohnung nicht mehr erhalten. Sie können sozusagen einen Haushalt - dass Sie als Pflegling das Gefühl haben, das ist jetzt nicht meine Endstation, das ist nicht unbedingt der letzte Ausweg - nur dann erhalten, wenn es noch jemanden gibt, der die ganzen Fixkosten zu Hause zahlt. Denn sonst Sie gezwungen, die Wohnung aufzulassen. Wenn es eine Eigentumswohnung ist, sind Sie sowieso dazu gezwungen, weil das ja dann herangezogen wird.

 

Wie gesagt, für alle Pfleglinge, die sich diese 24-Stunden-Pflege nicht leisten können, kommen Angehörige oder ein Heim in Frage. Es gibt aber noch viele andere ungelöste Fragen zu diesem Thema; wir werden das morgen noch einmal behandeln. Eine Frage ist, wie man garantieren wird, dass sich alle Pflegebedürftigen das Modell auch tatsächlich leisten können. Jetzt sagen sie, sie können es nicht. Ich habe, weil mir das so ins Auge gestochen ist, die Broschüre „Das Sozialministerium informiert / 24-Stunden-Betreuung zu Hause / Neues und Wissenswertes" angesehen. Das ist eine umfangreiche Broschüre, ich möchte nur ein paar Dinge erwähnen.

 

Wenn Sie zum Beispiel Pflegestufe 2 haben - ich habe das schon erwähnt -, dann steht Ihnen diese Förderung nicht zu, dann können Sie eine so genannte Betreuungskraft haben. Aber da gibt es schon wieder bürokratische Vorschriften: tägliche Ruhezeiten von zehn Stunden, tägliche Ruhepausen. Zwischen 21 Uhr und 6 Uhr gilt ein Nachtarbeitsverbot. Gnade Ihnen Gott, Sie müssen nach 21 Uhr aufs Klo - dann sind Sie hilflos, weil sie da nicht arbeiten dürfen! Freier Nachmittag - es wird also alles bürokratisiert, statt dass man individuell den Bedürfnissen der Pfleglinge nachkommt.

 

Aber irgendwie gipfelt das Ganze darin, wie man das alles betragt. Das geht zwar noch relativ einfach beim Bundessozialamt; da steht drin: Die Formulare können Sie auf der Internetseite des Bundessozialamts unter www.bundessozialamt.gv.at downloaden - das schaue ich mir einmal an, wie ein 80-, 90-Jähriger sich das locker downloaded - oder sich zuschicken lassen. Okay, er kann es sich auch zuschicken lassen, das wird nicht das Problem sein.

 

Aber jetzt hat er eine legalisierte Pflegekraft - Ausnahme: die ist selbstständig, damit ich nicht alles vorlesen muss -, und dann steht da, welche Verpflichtungen ich als Dienstgeber gegenüber dem Finanzamt zu erfüllen habe. Er ist ja sozusagen ein Jungunternehmer; so traurig das ist, so perfid ist diese Broschüre in

 

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