«  1  »

 

Landtag, 14. Sitzung vom 22.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 55

 

anzuschauen, und von allen diesen Wahlrechten hat nur Israel damals – ich weiß nicht, ob es heute immer noch so ist – ein absolut proportionales Wahlrecht gehabt in dem Sinn, die haben 120 Mandate, und wenn man ein Einhundertzwanzigstel der Stimmen hat, hat man dann ein Mandat.

 

Keine andere Demokratie auf dieser Welt hat keine Hürde, das muss einmal ganz deutlich gesagt werden. Das sind also demnach alles unkorrekte Wahlsysteme, um mit Frau Kollegin Vassilakou zu sprechen. Ich habe auch einen guten Zeugen im ehemaligen Nationalratspräsidenten Khol, der bei einer Enquete des Innenministers vor Kurzem gesagt und erklärt hat, alle österreichischen Wahlrechte sind verfassungskonform und daher durchaus dem Verhältniswahlrecht entsprechend. Also, das muss auch gesagt werden.

 

Und weil Präsident Hatzl heute mehrmals angesprochen worden ist, so sei daran erinnert, dass er einmal bei den Verhandlungen zu einem Wahlrecht angeregt hat, dass für jedes Mandat die gleichen Prozentsätze gelten sollen, und 20 oder 25 Wahlkreise vorgeschlagen hat. Aber das haben damals am vehementesten die GRÜNEN abgelehnt, und das muss man auch dazu sagen. (Abg Christian Oxonitsch zu den GRÜNEN: Wir werden einen Antrag stellen!)

 

 Wenn immer wieder gesagt wird, „unkorrektes Wahlrecht“: Das ist ein Umgang mit Worten, den wir nicht einreißen lassen sollen, denn das kann nämlich die Demokratieverdrossenheit bei Leuten, die sich vielleicht nicht so gut auskennen, stärken. Deshalb erwähne ich noch einmal: Wir haben ein proportionales Wahlrecht mit leicht mehrheitsförderndem Charakter, dass heißt, die jeweils stärkste Partei - das kann bei jeder Wahl jemand anderer sein und es hat jeder die gleiche Chance - ist sehr geringfügig bevorteilt, wie es aber auch in Landes-Wahlordnungen in Tirol oder in Niederösterreich der Fall ist.

 

Wenn man alles international ansieht: Die Wiege der Demokratie – wenn man jetzt vom alten Griechenland absieht – ist Großbritannien, und die haben überhaupt ein Mehrheitswahlrecht, wo man mit 40 Prozent der Stimmen 65 Prozent der Mandate hat und niemand wird hergehen und sagen, das britische demokratische System sei unkorrekt oder undemokratisch.

 

In Frankreich hat man mit zwei Wahlgängen aber auch ein eindeutiges Mehrheitswahlrecht, wo man im ersten  Wahlgang nur gewählt wird, wenn man mehr als 50 Prozent der Stimmen im Wahlkreis hat und im zweiten, wenn man die relative Mehrheit hat, wobei nur die in die zweite Wahl kommen, die mindestens 12,5 Prozent haben. Aber es ist eindeutig ein Mehrheitswahlrecht. Frankreich, das Land der großen bürgerlichen Revolution, auf deren Basis wir ja hier Politik machen, hat eben auch dieses Mehrheitswahlrecht.

 

Ich gehe jetzt nicht alle 40, 50 europäischen Länder durch, aber in Griechenland, liebe Klubobfrau, ist es so, dass dort die Mehrheitspartei bei allen letzten Wahlen, wurscht ob das die Konservativen oder die Sozialisten waren, immer mit 38 bis 43 Prozent die absolute Mehrheit erlangte, und es ist trotzdem eine Demokratie.

 

Oder in Spanien, auch dort gibt es deutlich mehrheitsbildende Elemente. Ich rede von höchst entwickelten europäischen Demokratien wie Großbritannien, Frankreich, Griechenland, Spanien und anderen und dort gibt es das. Das mit Kongo zu vergleichen, ist nicht sehr intelligent, dass muss ich schon einmal ganz deutlich sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Also, noch einmal zusammenfassend: Unser Wahlrecht, wie wir es in Wien haben, ist auch in dieser Hinsicht absolut demokratisch und wirklich ein sehr gutes mit höchstem Niveau. Soviel dazu. (Abg Mag Maria Vassilakou: Das bleibt es doch!)

 

Was eigentlich heute zur Debatte steht, ist die Briefwahl. Ich möchte da ganz offen sein: Ich könnte natürlich jetzt auch sagen, der Bundes-Verfassungsgesetzgeber gibt es uns vor, wir haben das umzusetzen, haben da keinen besonderen Spielraum und wir könnten es nicht enger gestalten als es der Bundes-Verfassungsgesetzgeber vorgibt.

 

Das mache ich aber nicht, sondern ich möchte auf die Debatte, die durchaus bisher in dieser Hinsicht mit Niveau geführt worden ist, auch inhaltlich eingehen. Ich kann mich auch schon an ärgere Wortmeldungen von Seiten der FPÖ erinnern, als es heute - durchaus sachlich - StR Herzog gemacht hat. Wir nehmen diese Bedenken auch sehr ernst, weil das geheime Wahlrecht wirklich etwas außerordentlich Wichtiges ist.

 

Ich verrate wahrscheinlich auch kein Geheimnis, dass auf Bundesebene das Wahlrechtspaket, das in Summe ein großer Fortschritt ist, eben ein Paket war, und dass die Sozialdemokratie ganz großen Wert darauf gelegt hat, dass endlich bundesweit auch ab 16 Jahren gewählt wird - das war unser absoluter Schwerpunkt in dieser Auseinandersetzung -, und dass das nicht nur in Wien bei den Gemeinderatswahlen und Landtagswahlen gilt, sondern dass das endlich bundesweit geregelt ist. Diesen Grundsatz im Interesse unserer Jugend bundesweit zu verankern, den haben wir in diesem Paket durchgesetzt, in welchem die ÖVP das Briefwahlrecht als ihren besonderen Schwerpunkt gesetzt hat.

 

Ich muss aber schon auch dazu sagen, dass wir, was das geheime Wahlrecht betrifft, auch auf Bundesebene einen für die Sozialdemokraten vertretbaren Kompromiss erzielt haben. Es ist nicht so, dass man hingeht und sagt, entweder geht man in die Wahlzelle oder man haut dort irgendwo einen Brief hinein, sondern es ist sehr darauf gedrungen worden, dass es weiterhin das System mit den Wahlkarten gibt, und dass generell überhaupt die Zugangsvoraussetzungen zu Wahlkarten, oder dass man zu Briefwahlkarten kommt, strenger geworden sind, und dass weiterhin die fliegenden Wahlkommissionen existieren.

 

Da hat es Vorschläge gegeben, wenn es einmal eine Briefwahl gibt, brauchen wir das alles nicht mehr, weil es kann jeder einen Brief abschicken durch irgendwen. Das ist nicht der Fall, sondern diese Briefwahl ist eingebettet in die anderen Elemente, die wir auch für sehr wichtig halten. Und, wie Kollege Ulm sehr fair ausgeführt hat, ist

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular